Tale · Flemming Meyer · 12.07.2001 Abbau öffentlicher Arbeitsplätze

Bekanntlich hatte der SSW im Februar dieses Jahres in Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Bundeswehr und dem damit verbundenen Arbeitsplatzabbau einen Antrag gestellt, in dem wir

- 1. wissen wollten, welche Bundes- und Landesbehörden sowie Bundeswehrstandorte seit 1990 in Schleswig-Holstein geschlossen, verlegt, zusammengelegt, reduziert oder anderweitig umstrukturiert worden und wie viele Arbeitsplätze dabei im einzelnen seit 1990 verloren gegangen sind,

- 2. danach fragten, welche aktuellen Schließungen, Reduzierungen oder Zusammenlegungen von Bundes- und Landesbehörden einschließlich der Bundeswehrstandorte in Planung sind,

- 3. im Bericht auch dargelegt haben wollten, welche Ausgleichsmaßnahmen Bund und Land ergriffen haben, um diesen Arbeitsplatzverlust auszugleichen.

Hintergrund des Berichtsantrages ist unsere Befürchtung, dass der Landesteil Schleswig beim Abbau öffentlicher Arbeitsplätze schon seit langem überproportional betroffen ist. Auch der SSW tritt für eine Modernisierung der Bundes- und Landesbehörden ein, aber gerade in strukturschwachen Regionen fällt der damit verbundene Arbeitsplatz- und Kaufkraftverlust besonders ins Gewicht. Deshalb vertritt der SSW die Auffassung, dass Bund und Land bei der Durchführung ihrer Verwaltungsreformen eine besondere Verantwortung diesen Regionen gegenüber haben. Vor dem Hintergrund des erneuten Abbaus der Bundeswehr wollten wir endlich mal Zahlen über die Entwicklung der letzten 10 Jahre sehen.
Der Bericht liegt nun vor, und ich möchte mich im Namen des SSW herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für einen guten und informativen Bericht bedanken. Die Zahlen sprechen aus unserer Sicht eine deutliche Sprache; sie bestätigen uns in unserer Kritik an Bund und Land.

Von 1990 bis 2000 wurden in Schleswig-Holstein insgesamt 30.704 öffentliche Arbeitsplätze abgebaut. Davon allein 11.276 im Planungsraum V (Stadt Flensburg, Kreis Nordfriesland u. Kreis Schleswig-Flensburg). Dies entspricht einem Anteil von ca. 37% bei einem Bevölkerungsanteil von ca. 18%. Bei dem Bundeswehrabbau, der für fast 95% des gesamten Abbaus von Arbeitsplätzen verantwortlich ist, beträgt der Anteil des Planungsraumes V - bei einem Verlust von 10.851 von insgesamt 27.840 Arbeitsplätzen - ca. 39%. Das Land hat im Planungsraum V 324 von insgesamt 1.075 Arbeitsplätzen abgebaut; das entspricht einem Anteil von ca. 30% .
Fazit: Der Landesteil Schleswig hat zwischen 1990 und 2000 einen überproportionalen Abbau von öffentlichen Arbeitsplätzen hinnehmen müssen.

Geht man die Liste der einzelnen Maßnahmen von Bund, Land und Bundeswehr zwischen 1990 und 2000 durch, so fällt aus unserer Sicht auf, dass die Stadt Flensburg besonders hart vom Abbau öffentlicher Arbeitsplätze betroffen ist. Zwar hat Flensburg durch den Ausbau der Universität und der Fachhochschule einige Arbeitsplätze - ca. 130 Arbeitsplätze mehr - hinzubekommen, aber durch den Abzug der Bundeswehr und durch Reduzierung, Zusammenlegung oder Schließung von sowohl Bundes- als Landesbehörden hat die Stadt mit dem Verlust von insgesamt 5.350 öffentlichen Arbeitsplätzen einen Anteil von ca. 17% an dem gesamten Arbeitsplatzabbau in Schleswig-Holstein hinnehmen müssen.

Auch bei den geplanten Maßnahmen zum Abbau öffentlicher Arbeitsplätze wird der Planungsraum V 3.945 von insgesamt 11.227 Arbeitsplätzen verlieren - ca. 35%.
Auch hier schlägt wieder der Abbau der Bundeswehrarbeitsplätze besonders stark zu Buche – wobei man wissen muss, dass es sich dabei auch um noch nicht umgesetzte Planungen der Bundeswehrreformen von 1995 und 2001 handelt. Mit einem geplanten Abbau von 3.882 von insgesamt 11.321 Arbeitsplätzen entfällt ein Anteil von ca. 35% auf den Planungsraum V.

Fazit: Bei den geplanten Maßnahmen von Bundeswehr, Bund und Land wird der Norden Schleswig-Holsteins härter getroffen als die übrigen Regionen des Landes.

Bis Ende 2000 hat die Landesregierung für Konversionsmaßnahmen 125 Mio. DM bereitgestellt. Diese Mittel wurden in ganz Schleswig-Holstein zur Finanzierung von Projekten in Höhe von ca. 284 Mio. DM eingesetzt. Davon wurden im Landesteil Schleswig Investitionen in Höhe von ca. 73 Mio. DM getätigt. Dies entspricht einem Anteil von ca. 26%. Leider ist im Bericht nicht aufgeführt – wie wir es eigentlich gefordert hatten – wie viele neuen Arbeitsplätze durch diese Maßnahmen geschaffen wurden.

Sieht man sich im Einzelnen die geförderten Maßnahmen an, muss man feststellen, dass Flensburg mit einem Konversionsprojekt von 23,6 Mio. DM nur einen Anteil von ca. 8% aller Investitionen bekommen hat. Die Investitionen, die durch die Regionalprogramme und durch andere EU-Fördermittel dem Landesteil Schleswig zugute gekommen sind, können aus Sicht des SSW hier nicht mitgerechnet werden, da es sich um gezielte Förderung zum Aufbau einer regionalen wirtschaftsnahen Infrastruktur handelt und nicht um Konversionsprojekte.

Fazit: Während der Bund so gut wie keine Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stellte, hat das Land zwar auf die Reduzierung der Bundeswehr mit gezielten Konversionsprogrammen reagiert. Der nördliche Landesteil hat aber – gemessen an seinem Anteil am Arbeitsplatzabbau - eher weniger von diesen Projekten profitiert.

Die Bundesregierung bleibt zwar in der Pflicht, ein Bundeskonversionsprogramm aufzulegen, dennoch trägt die Landesregierung weiter die Verantwortung für die Entwicklung im Landesteil Schleswig. Für den SSW ergeben sich aus den Daten und Fakten im „Bericht der Landesregierung über den Abbau öffentlicher Arbeitsplätze“ u.a. folgende Forderungen –

1. Bei der Weiterführung der Verwaltungsreform des Landes muss künftig mehr als bisher von dem Prinzip der regionalen Ausgewogenheit ausgegangen werden: Der SSW fordert, dass bei künftigen Zusammenlegungen, Verlegungen oder Schließungen von Behörden und Ämtern besonders auf die schon sehr stark vom Abbau öffentlicher Arbeitsplätze betroffenen Städte und Gemeinden, wie beispielsweise die Stadt Flensburg, Rücksicht genommen wird.

In Anlage 2 des Berichtes wird insbesondere auf die künftigen Umstrukturierungen bei den Katasterämtern, den Landesbezirkskassen oder bei den Straßenbauämtern und Straßenmeistereien hingewiesen. Für den SSW ist es ebenfalls wichtig, dass diejenigen Bereiche, in denen vor einigen Jahren Umstrukturierungen oder Änderungen vorgenommen wurden – wie beispielsweise bei den Ämtern für ländliche Räume - erst einmal Planungssicherheit bekommen und dass nicht schon wieder kurzfristige Änderungen - unter dem Stichwort Personalabbau - durchgeführt werden.

2. Das „Regionalprogramm 2000“ darf nicht allein als Landeskonversionsprogramm herhalten: Der SSW fordert, dass die Landesregierung auch andere Mittel aus dem Landeshaushalt für Konversionsprojekte freisetzt. Die Mittel aus dem Regionalprogramm stehen ursprünglich nur für gezielte Investitionen zum Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur zur Verfügung. Dazu darf bei den kommenden Haushaltsberatungen keine weiteren Kürzungen bei den Investitionsprogrammen wie ZIEL und „Regionalprogramm 2000“ vorgenommen werden.

3. Der Landesteil Schleswig muss einen größeren Anteil als bisher aus dem Wirtschaftsförderprogramm ZIEL und dem Regionalprogramm 2000 erhalten:
Der SSW fordert, dass die regionalen Wirtschaftsfördergesellschaften personell gestärkt werden, damit sich die Chancen des nördlichen Landesteils verbessern, Projekte im Wettbewerb der strukturschwachen Regionen durchzusetzen Wenn es gar nicht anders geht, dann muss überlegt werden, ob nicht jede strukturschwache Region einen prozentualen Anteil an den Förderprogrammen gemäß ihres Bevölkerungsanteils zugeteilt bekommen sollte.

4. Der Bildungsstandort Flensburg muss gezielt weiterentwickelt werden:
Die Universität Flensburg und die Fachhochschule Flensburg müssen personell und organisatorisch gestärkt werden. Der SSW fordert die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit „Syddansk Universitet“ - finanziert durch Interreg- und Landesmittel – und den Ausbau Flensburgs als Zentrum für Erwachsenenbildung und berufliche Weiterbildung.

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