Rääde · Flemming Meyer · 11.07.2001 Neuordnung Länderfinanzausgleich

Natürlich bewertet auch der SSW die beschlossene Neuordnung des Länderfinanzausgleiches erst einmal positiv. Wichtig ist, was hinten raus kommt, sagte mal ein bekannter Politiker, und für Schleswig-Holstein bedeutet die gefundene Lösung, dass das Land ab 2005 mit ca. 50 Mio. DM und die Kommunen mit ca. 20 Mio. DM entlastet werden.

So weit so gut. – Erst recht, wenn man bedenkt, dass Schleswig-Holstein bis zu 200 Mio. DM pro Jahr hätte verlieren können, wenn die bayrischen oder hessischen Vorschläge umgesetzt worden wären. Wir wissen alle, was solche Summen angesichts der schlechten Haushaltslage bedeutet hätten. Im diesem Sinne ist die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches ein akzeptabler Kompromiss für Schleswig-Holstein.

Dennoch muss man in der Bewertung des Kompromisses auch klar sagen: Die grundlegende Reform des deutschen Förderalismus - nämlich eine Finanzreform und Neuordnung der Aufgabenverteilung - ist wieder nicht geschafft worden und erst einmal wieder bis 2004 auf die lange Bank geschoben worden.
Das hat natürlich viel mit der Interessenlage der Beteiligten zu tun und noch mehr mit der kommenden Bundestagswahl. - Das meine ich jetzt garicht abwertend, so funktioniert das bundesrepublikanische Modell nun mal. Der Grundsatz dieses Modells ist relativ simpel: Ziel des föderalistischen Systems ist die Schaffung möglichst einheitliche Lebensbedingungen im ganzen Bundesgebiet. - Ein Ziel, das der SSW immer unterstützt und beispielsweise für den Landesteil Schleswig ganz konkret auch immer wieder eingefordert hat. - Ein Ziel, dass in Artikel 104a des Grundgesetzes durch die Väter und Mütter der Verfassung festgeschrieben worden ist.

Der Länderfinanzausgleich soll die einheitlichen Lebensbedingungen durch Umverteilung so sichern, dass alle Bundesländer zumindest 95% der Finanzkraft des Bundesdurchschnittes bekommen. Allerdings ist der Länderfinanzausgleich im Detail schon seit Jahren scharf kritisiert worden – weil er schwer durchschaubar, viel zu komplex und ineffizient wirkt.

1999 hat dann sogar das Bundesverfassungsgericht die Ausgestaltung des Finanzausgleiches für verfassungswidrig erklärt, weil er die Rangfolge der Länder hinsichtlich ihrer Finanzkraft durcheinander wirbelt. Nach Ansicht der Verfassungsrichter muss das Steueraufkommen so verteilt werden, dass am Ende das ökonomisch stärkste Land im Prinzip weiterhin vorne liegt - ein nachvollziehbares Argument. Um Druck auszuüben, hatten die Verfassungsrichter gefordert, dass eine Neuordnung bis zum 1.1.2002 vorliegen sollte.

Nach Ansicht der meisten Experten erfüllt die gefundene Lösung die Anforderungen der Verfassungsrichter. Aber der große Wurf ist die Neuordnung wirklich nicht, und einfacher oder verständlicher ist der Finanzausgleich dabei auch nicht geworden. Die Grundprinzipien des bisherigen Länderfinanzausgleiches bleiben bestehen. Dazu gehören die Einwohnerwertung für Stadtstaaten und die Berücksichtigung der Hafenlasten sowie die Bundesergänzungszuschüsse für Berlin.

Die Solidarität unter den Bundesländern bleibt also erhalten, und dennoch gibt es mit dem sogenannten Prämien-Modell – das in seinen Details wirklich kaum noch für normale Menschen zu verstehen ist - erstmals Anreize dazu, dass leistungsstarke Länder mehr von ihren eigenen Steuereinnahmen behalten können. Dies war ja bekanntlich eine der Hauptforderungen der Geberländer Hessen und Bayern sowie Nordrhein-Westfalen.

Der gleichzeitig beschlossene Solidarpakt II sichert den neuen Ländern bis 2019 weiterhin jährliche Milliarden-Zuschüsse von Bund und Ländern für den Ausbau ihrer Infrastruktur und die Verbesserung ihrer Finanzausstattung zu. Er ist somit ein ganz wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der Deutschen Einheit und zur Herstellung von gleichen Lebensbedingungen in Ost und West.

Wenn alle Bundesländer und der Bund erfreut über das Ergebnis der Verhandlungen sind, liegt es natürlich auch daran, dass die Verlängerung der Tilgung des Fonds Deutsche Einheit die Finanzierung sichert. Ehrlicherweise muss man sagen, dass dadurch die kommenden Generationen die Neuordnung des Finanzausgleiches bezahlen.

Wir hatten gehofft, dass man die durch das Verfassungsurteil notwendige Änderung des Finanzausgleiches auch gleich dazu benutzt hätte, um endlich auch die Finanzbeziehungen und Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu zu ordnen. Der Landtag hat sich bereits mehrfach mit diesem Thema auseinander gesetzt.
Weiterhin hat der Landtagspräsident eine Arbeitsgruppe einberufen, um eben diese Debatte über die Zukunft des Föderalismus voranzubringen. Was bisher in der Arbeitsgruppe zur Zukunft des Föderalismus formuliert worden ist, kann der SSW unterstützen. Denn der Kernpunkt ist, dass der Bund - und auch die EU - in den letzten Jahrzehnten immer mehr Macht an sich gerissen haben. Wenn man es ernst meint mit dem föderalen System in Deutschland, dann brauchen wir eine Reform des Föderalismus - mit dem Ziel, die Länder zu stärken.

Die Vorschläge, die Ministerpräsident Clement für eine Neuordnung der Beziehungen zwischen Bund und Ländern gemacht hat, sind eine gute Ausgangsposition, um diese Stärkung der Länder zu erreichen. Es ist der richtige Weg, mehr Kompetenzen im Bereich der Finanzen und auch beim Gesetzgebungsverfahren für die Länder einzufordern.

Eine Entflechtung der Mischfinanzierung - beispielsweise der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ist genauso überlegenswert wie die von Clement vorgeschlagene Gesetzgebungskompetenz der Länder für solche Steuer, deren Ertrag ihnen ohnehin zusteht - wie die Grund- und Grunderwerbssteuer, die Erbschaftssteuer, die Schenkungssteuer oder die Kfz-Steuer.

Man darf natürlich nicht vergessen, dass die Kehrseite von mehr Kompetenz und Entflechtung der Aufgaben darin besteht, dass dieses zu einem stärkeren Wettbewerb zwischen den Ländern führen wird. Allerdings stehen diesen Risiken mehr Chancen gegenüber. Natürlich wird es schwer sein, so eine radikale Neuordnung gegenüber dem Bund durchzusetzen. Wichtig ist aber, dass wir dieses Thema endlich anpacken. Die Zeit drängt; von Jahr zu Jahr wird der Handlungsspielraum der Länder geringer.

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