Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 15.07.2009 Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft in Schleswig-Holstein

Hintergrund des vorliegenden Gesetzentwurfs ist der Beschluss der Föderalismuskommission, die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder zu übertragen. Zwölf Bundesländer haben sich daraufhin zusammengeschlossen und versucht, die Ländergesetze über den Vollzug der Untersuchungshaft in Abstimmung miteinander zu gestalten.
Der SSW begrüßt daher ganz ausdrücklich, dass mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf eine möglichst einheitliche Regelung geschaffen und die Zersplitterung vermieden wurde.

Obwohl nach der Föderalismuskommission Justiz Ländersache ist, sind beim Bund aber immer noch Restzuständigkeiten vorhanden, die auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf zu ein paar Abstimmungsproblemen führen. Beispielhaft möchte ich die Regelung der Besuchszeiten für Jugendliche und Erwachsene in Untersuchungshaft nennen. Der Bund schreibt vor, dass Besuche grundsätzlich verboten sind, aber erlaubt werden können. In Schleswig-Holstein sind dagegen zwei Stunden Besuch pro Monat erlaubt, können aber verboten werden. An diesem Beispiel wird deutlich, dass es noch ein paar Abstimmungsprobleme gibt, die aus dem Weg zu räumen sind.

Darüber hinaus gibt es nach meiner Meinung weitere Punkte im Gesetzentwurf, die in den Ausschussberatungen noch einmal überdacht beziehungsweise konkretisiert werden sollten.

Aus Sicht des SSW sind die Besuchszeiten von zwei Stunden pro Monat in Schleswig-Holstein positiv hervorzuheben. Festgestellt werden muss aber, dass diese Zeit nicht ausreicht, um familiäre Beziehung aufrecht zu erhalten. Ebenso ist zu diskutieren, ob nicht Besuche gerade an den Wochenenden zugelassen werden sollten, da viele Personen nur dann Zeit dafür haben. Auch sollte in dem Gesetzestext verankert werden, dass die Besuche der Verteidigerinnen und Verteidiger nicht auf die reguläre Besuchszeit anzurechnen sind. Es wäre fatal für die Gefangenen in Untersuchungshaft, wenn es hier in der Praxis zu Missverständnissen kommen würde, da die Besuche von Familie und Freunden für viele Gefangene von existenzieller Bedeutung sind.

Ein weiterer Punkt, der in den Ausschussberatungen diskutiert werden muss, ist die Einbeziehung der Eltern in die erzieherischen Maßnahmen von Untersuchungshaftgefangenen unter 18 Jahren. Derzeit regelt der Paragraph 69 nur, dass der ermittelte Förder- und Erziehungsbedarf den Personenvorsorgeberechtigten auf Verlangen mitgeteilt werden muss. Bei der Bewältigung von persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten sollten die Eltern aber ebenfalls die Möglichkeit bekommen, sich aktiv einbringen und beteiligen zu können.

Aus Sicht des SSW ist der vorliegende Gesetzentwurf positiv zu bewerten, da er zum einen allen Personen in Untersuchungshaft die Möglichkeiten zur Ausübung von Arbeit oder anderen Beschäftigungsmaßnahmen bietet. Die Gefangenen sind nicht zur Arbeit verpflichtet, aber besonders die Wahrnehmung schulischer oder beruflicher Fortbildungsmöglichkeiten bietet den Personen die Möglichkeit, sich für ein Leben außerhalb der Gefangenschaft Qualifikationen anzueignen.
Zum anderen ist der Gesetzentwurf aufgrund der erzieherischen Ausrichtung für minderjährige Untersuchungsgefangene zu begrüßen. Paragraph 67 sichert die Förderung der Fähigkeiten der jungen Untersuchungsgefangenen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer. Neben altersgemäßen Bildungs-, Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten sollen außerdem weitere entwicklungsfördernde Hilfestellungen angeboten werden.

Obwohl dies alles Maßnahmen sind, die das Land nicht kostenlos zur Verfügung stellt, wurde nicht davor zurückgeschreckt, die Menschen nur in Untersuchungshaft festzuhalten, sondern ihnen auch die Möglichkeit zur Weiterentwicklung und zur Bewältigung ihrer Probleme zu geben. Für den SSW sage ich, dass diese Zielsetzung für ein modernes Untersuchungshaftvollzugsgesetz spricht und nach der Ausräumung letzter Ungereimtheiten zu begrüßen ist.

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