Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 14.06.2018 Die Welt ist divers und die Menschen sind es eben auch

Flemming Meyer zu TOP 26 - Bundesrats-Initiative für ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von Transsexuellen und Intersexuellen Menschen

„Diese Forderungen sind nicht radikal, sind nicht fernes Zukunftsdenken. Sie sind einfach nur vollkommen angemessen.“

Solange die Kategorie „Geschlecht“ staatlich erhoben wird, reicht es nicht aus, nur „Mann“ oder „Frau“ anzubieten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt explizit auch die geschlechtliche Identität der Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen. 

Das hat das Bundesverfassungsgericht im Oktober 2017 bestätigt und sogar Handlungsempfehlungen formuliert, welcher Eintrag sich für einen dritten positiven Geschlechtseintrag anbieten könnte. „Inter“ beispielsweise, oder „divers“. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung lässt aber explizit auch zu, generell auf den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag zu verzichten.

Das kümmert das derzeitige Bundesinnenministerium wenig, wie ja jetzt schon bekannt ist. Der neue Gesetzesentwurfentwurf über den Eintrag im Geburtenregister, der öffentlich wurde, sieht neben "männlich" und "weiblich" künftig nur die neue Kategorie "weiteres" im Personenstand vor. Und da haben unsere Familien- und unsere Justizministerin im Bund schon erkämpft, dass der Vorschlag „anderes“ vom Tisch ist. 

Die neue Kategorie im Geburtenregister ist für Neugeborene bestimmt, für Jugendliche ab 14 Jahren mit dem Einverständnis der Eltern und für Erwachsene, die selber einen Antrag stellen, den bisherigen Eintrag zu ändern. Es ist aber nach wie vor vorgesehen, dass intersexuelle Menschen, die den dritten Geschlechtseintrag für sich in Anspruch nehmen möchte, dies nicht ohne medizinisches Gutachten bewilligt bekommen werden. 

Unter anderem deswegen ist es so wichtig, dass wir uns der Bundesratsinitiative aus Rheinland-Pfalz anschließen. Denn sie wählt einen anderen Umgang. 

Sie erinnert an die Entschließung des Bundesrates zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und die Erarbeitung eines modernes Gesetzes zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung. 

Sie weist auf mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz hin, auf unzureichende gesundheitliche Versorgung und auf medizinisch unnotwendige Operationen an intersexuellen Kindern. Die Bundesratsinitiative bekräftigt die Forderung nach einem vereinfachten Verwaltungsverfahren zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und lehnt die Begutachtungspflicht ab, die bei Vornamens- und Personenstandsänderungen noch anfällt. Verfahrenswege müssen vereinfacht werden. 

Beim SSW finden wir, dass es einfach unnötig ist, Menschen die trans oder inter sind, Steine in den Weg zu legen. Das gesellschaftliche Umdenken, das stattfindet und das auch durch politische Anträge wie diese verdeutlicht wird, ist nicht radikal, ist nicht fernes Zukunftsdenken. Es ist einfach nur vollkommen angemessen. 

Die Welt ist divers und die Menschen sind es eben auch. Viel zu lange wurde versucht, Menschen in Kategorien zu zwängen. Zu nichts außer Leid hat das geführt. 

Aber wir sind jetzt endlich auf dem Weg der Veränderung. 

Manchmal stellt uns das noch vor Herausforderungen. Im Denken wie im Sprechen. Und das fordert von Menschen, die trans oder inter sind immer noch viel zu viel an Geduld. 

Ich möchte deswegen auch noch kurz einmal darauf zurückkommen, was ich hier zu Beginn des Jahres schon sagte, als wir den Antidiskriminierungsbericht des Landes debattierten.

Bei gewissen Sachen müssen wir nicht auf den Bund warten. Da kann meines Wissens nach beispielsweise das Bildungsministerium schon für direkte Verbesserungen sorgen. 

Zum Beispiel da wo transidente Kinder und Jugendliche noch mit dem auf ihren Geburtsurkunden eingetragenen Vornamen in den Schulakten und Zeugnissen geführt werden, wenn sie doch aber im Alltag schon längst mit dem neu gewählten Vornamen angesprochen werden. 

Gleiches gilt für Hochschulen und die Instanzen, die die öffentliche Verwaltung des Landes betreffen. Wir würden uns freuen, wenn sich hier schon bald etwas tut.

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