Rede · Jette Waldinger-Thiering · 22.09.2017 Der Bund muss Bildungsgroßprojekte endlich mitfinanzieren

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 33 - Bildung muss gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen sein

Es ist schon einigermaßen absurd: Alle betonen, wie wichtig Bildung für unser aller Zukunft ist. Und allen ist klar, dass wir deutlich mehr in Bildung investieren müssen. Trotzdem sind dem Bund im Schulbereich noch immer die Hände gebunden. Dabei ist doch auch mit Blick auf unsere Schulen eins völlig klar: Sie stehen vor vielfältigen Aufgaben und immer größeren Herausforderungen, die nicht zuletzt auch durch bundespolitische Entscheidungen entstehen. Spätestens wenn wir an die Integration Geflüchteter oder die Bekämpfung des Fachkräftemangels denken, sollte der Bund seiner Verantwortung auch durch die entsprechende Mitfinanzierung gerecht werden. Alles andere macht aus Sicht des SSW wenig Sinn.

Vor diesem Hintergrund wird es sicher auch keinen wundern, dass wir der übergeordneten Forderung des SPD-Antrags zustimmen können. Natürlich müssen wir an unserem Beschluss aus dem Jahr 2014 festhalten und uns weiter für die Aufhebung des Kooperationsverbots einsetzen. Mich freut deshalb ausdrücklich, dass sich auch die Jamaika-Koalition zum Ziel bekennt, die verfassungsrechtlichen Hindernisse für die Beteiligung des Bundes im vorschulischen und schulischen Bereich zu beseitigen. Der Bitte an die Landesregierung, sich im Bundesrat in diesem Sinne einzusetzen, können wir uns nur anschließen.

Wir sollten uns hier nichts vormachen: Neben dem Thema digitales Lernen und dem Ausbau des Glasfasernetzes liegen auch in den Bereichen Schulbau und Schulsanierung enorme Aufgaben vor uns. Noch dazu spricht die SPD in ihrem Antrag aus gutem Grund die Ausweitung der Ganztagsangebote an. Denn das ist auch so ein Thema, wo wir wirklich dringend Tempo aufnehmen und deutlich mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Auch hier haben wir immer betont, dass wir viel größer denken müssen, um im internationalen Vergleich nicht abgehängt zu werden. Die Tatsache, dass die Bundesländer bei der Finanzierung dieser zentralen Zukunftsthemen mehr oder weniger auf sich allein gestellt sind, ist alles andere als logisch.

Natürlich ist es auch beim Thema Kooperationsverbot und bei der Frage der Verantwortung für Bildung wichtig, die Dinge differenziert zu betrachten. Klar: Der SSW ist für eine Aufhebung des Kooperationsverbots für den gesamten Bildungsbereich. Aber der SSW ist nicht für die Aufhebung des Bildungsföderalismus. Das wird von manch einem oder manch einer in diesem Zusammenhang ja gerne gefordert. Doch die Länderzuständigkeit bei Bildung und Kultur macht nicht nur vor dem Hintergrund der gewaltsamen Zentralisierung durch die Nationalsozialisten Sinn. Der Bildungsföderalismus sichert auch den nötigen Spielraum, um auf regionale Bedürfnisse und Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können. Und er ermöglicht eigene Schwerpunkte im Schulwesen. Das ist für den SSW ein wirklich wichtiger Punkt. 

Natürlich brauchen wir noch mehr Mobilität und die Systeme der Länder müssen kompatibler werden. Es kann nicht sein, dass angehende Lehrkräfte Abschlussprüfungen ein zweites Mal ablegen müssen, wenn sie in einem anderen Bundesland in den Beruf starten wollen. Auch die immer wieder ins Feld geführten Probleme für Schülerinnen und Schüler, die länderübergreifend die Schule wechseln müssen, sind bis heute ein Problem. Aber aus unserer Sicht ist und bleibt es Aufgabe der Kultusministerkonferenz, diese Hürden abzubauen und auf gemeinsame Standards hinzuarbeiten. 

Bildung muss grundsätzliche gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen sein. Heute sind wir noch immer weit von wirklich gleichen Bildungschancen entfernt. Machen wir uns nichts vor: Uns gelingt es längst nicht immer, das soziale Erbe auszugleichen. Die wesentliche Voraussetzung für gleiche Chancen ist nun mal die Kostenfreiheit. Und zwar von der Krippe bis zum Hochschulabschluss oder zum Abschluss einer Ausbildung. Noch dazu liegen hier enorme Modernisierungsaufgaben vor uns. Wenn aber alle Ebenen zusammenarbeiten und sich eben auch entsprechend finanziell beteiligen, wird uns das sicher gelingen. 

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