Rede · Flemming Meyer · 19.05.2010 8. Mai: Tag der Befreiung

Der 8. Mai 1945 ist nicht nur ein geschichtsträchtiger Tag – er trägt wie wenige Tage in der deutschen Geschichte auch das Zeichen eines historischen Einschnitts: Wer ihn erlebte, weiß heute noch, wo und wie ihn die Nachricht erreichte, dass nach 6 Jahren Krieg und 12 Jahren Nazidiktatur endlich wieder Frieden war. Und kein Tag hat uns in den Jahren nach 1945 mit solcher Doppelgesichtigkeit bedrängt wie der 8. Mai. Letztlich steht fest: Der 8. Mai steht für Ende und Anfang.

Dass der 8. Mai in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik – vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und des in der DDR von oben verordneten Antifaschismus – lange nur als „Stunde Null“ gesehen wurde, gehört auch zur Geschichte dazu. Das geänderte Verständnis setzte nur langsam ein, wobei die oft zitierte – und ganz großartige – Rede von Richard von Weizsäcker ohne Zweifel entscheidend dazu beitrug, die Sichtweise zu ändern. Das war 1985.

Erst 1970 – nach 25 Jahren also – fand im Deutschen Bundestag zum ersten Mal eine offizielle Gedenkveranstaltung zum 8. Mai statt. Die erste Rede hielt der damalige Bundeskanzler Willy Brand, der der millionenfachen Opfern des „von Hitler begonnenen Krieges“ im In-und Ausland gedachte. Er fuhr dann fort: „Was in jenen Tagen vor 25 Jahren von unzähligen Deutschen neben der persönlichen als nationale Not empfunden wurde, war für andere Völker die Befreiung von Fremdherrschaft, von Terror und Angst. Auch für die Mehrheit des deutschen Volkes erwuchs die Chance zum Neubeginn, zur Schaffung rechtsstaatlicher und demokratischer Verhältnisse.“

Der zweite Redner dieses Tages im Deutschen Bundestag war übrigens der CDU-Abgeordnete Richard von Weizsäcker, der die Ereignisse des Jahres 1945 und deren Auswirkungen auf die Gegenwart als „zwiespältig“ bezeichnete und die Erinnerung an die Schrecken des Krieges und der NS-Herrschaft mit einer scharfen Kritik an den politischen Verhältnissen im anderen Teil Deutschlands verband. „Der 8. Mai lehrt uns“, so heißt es in seiner Rede, „den Frieden zu suchen mit dem Respekt vor dem unverbrüchlichen Wert der Freiheit. Wir kennen die Unfreiheit und werden uns ihrer erwehren.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe aus diesen beiden Reden zitiert, um noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass – obwohl schon 1970 ein erster Schritt zu einer grundsätzlichen Diskussion über den 8. Mai getan wurde – die Fortsetzung noch lange auf sich warten ließ.
Daher ist es fast nachvollziehbar, dass weitere Jahre ins Land ziehen mussten, bis es einen breiten Konsens darüber geben kann, dass der 8. Mai – ich hätte fast gesagt – natürlich ein Tag der Befreiung ist. Es ist auch folgerichtig, dass wir ihn unter dieser Überschrift in einen offiziellen Gedenktag umwidmen. – Das schulden wir nicht nur den Opfern der Nazidiktatur, sondern auch denjenigen, die sich nach 1945 für einen demokratischen Neuanfang unseres Gemeinwesens engagiert haben. Daher als letzte Bemerkung: Am 8. Mai 1949 verabschiedete der Parlamentarische Rat der neuen Bundesrepublik das neue Grundgesetz als Antwort auf die Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft. In diesem Sinne dürfen wir den 8. Mai nicht zuletzt auch als Ausdruck für Verfassungspatriotismus feiern.

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