Rede · Flemming Meyer · 22.03.2007 Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr


Mit dem Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr wird das Ziel verfolgt, der Bevölkerung im Land eine ausreichende Bedienung mit Leistungen des öffentlichen Verkehrs zu gewährleisten. Damit ist der ÖPNV ein Teil der Daseinsvorsorge und gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ist dies eine wichtige Aufgabe.

Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, der Diskussion um den Klimawandel und dem daraus resultierenden Ziel, den Individualverkehr stärker auf den ÖPNV zu verlagern, gewinnt der ÖPNV auch künftig weiter an Bedeutung. Dieses Ziel lässt sich jedoch nur erreichen, wenn der ÖPNV entsprechend gestärkt wird.
Um die Aufgaben zu erfüllen, stehen dem Land, den Kreisen und kreisfreien Städten Mittel aus verschiedenen Finanzierungsquellen zur Verfügung: Regionalisierungs- und GVFG-Mittel, Mittel nach dem FAG sowie Landesmittel für Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr.
Doch wie wir wissen, hat es bei den Mittelzuweisungen in den letzten Jahren erhebliche Kürzungen und Neuausrichtungen gegeben. Insbesondere die Kürzung der Regionalisierungsmittel hat die Länder schwer getroffen. Demnach muss Schleswig-Holstein bis 2011 auf rund 109 Mio. € für den ÖPNV verzichten. Auch die Neuausrichtung der GVFG-Mittel hat zur Folge, dass der ÖPNV schlechter gestellt wird. Dies haben wir bereits kritisiert und darauf hingewiesen, dass alle die, die auf den ÖPNV angewiesen sind, und unsere Busunternehmen hiervon betroffen sind. Gerade im ländlichen Bereich werden diese Einschnitte erhebliche Spuren hinterlassen.

Angesichts der finanziellen Situation fehlen dem Land die entsprechenden Spielräume. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt die Landesregierung gleich mehrere Ziele. Durch die Kommunalisierung und Pauschalierung der Finanzmittel soll eine Bündelung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für den ÖPNV-Busverkehr auf kommunaler Ebene angestrebt werden. Durch dieses Verfahren wird Planungssicherheit für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen sowie ein effizienter Einsatz der ÖPNV-Mittel angestrebt. Ebenso sollen die Aufgabenträger künftig aus der Verpflichtung entlassen werden, Nahverkehrspläne aufzustellen. Insbesondere verfolgt die Landesregierung mit der Übertragung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung eine Verwaltungsvereinfachung einhergehend mit einer Standardabsenkung.

Wir wissen, dass die Landesregierung bereits im letzten Jahr die Beteiligten über die Änderung informiert hat. Dass die Landesregierung das Gespräch im Vorfeld mit der kommunalen Ebene und den betroffenen Verkehrsunternehmen gesucht hat, begrüßen wir. Dadurch wurden die, die es betrifft bereits, früh ins Boot geholt.

Grundsätzlich begrüßt die kommunale Ebene den Ansatz die ÖPNV-Mittel zu kommunalisieren. Jedoch – und so geht es aus einem Schreiben aus dem Kreis Nordfriesland hervor – herrscht Unklarheit über die Höhe der Mittel, die den Kreisen zur Verfügung gestellt werden. Die Befürchtung ist dort groß, dass die zu verteilende Finanzmasse bei weitem nicht ausreichend sein wird, um den heutigen ÖPNV-Standard im Busbereich zu halten. Es wird davon ausgegangen, dass dem Kreis Nordfriesland durch die Kommunalisierung jährlich über 900.000 € fehlen werden. Das würde eine Kürzung von fast 20% bedeuten. Und dies allein durch die Einführung von Elternbeteiligung in der Schülerbeförderung oder Tarifsteigerungen auszugleichen, wird für unrealistisch gehalten. Im Gegenteil: Durch die Elternbeteiligung wird die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die Busse nutzen, fallen. Das heißt, die Busunternehmen werden weniger Einnahmen haben und möglicherweise die Preise erhöhen.

Was die regierungstragenden Fraktionen zur Schülerbeförderung beschlossen haben, schadet den Schülern im ländlichen Raum, schadet den hiesigen Busunternehmen und schadet dem ÖPNV im allgemeinem.
Es bleibt festzustellen, der Kreis Nordfriesland befürchtet, dass es durch die Kommunalisierung der ÖPNV-Mittel zu einer erheblichen Verschlechterung des ÖPNV und zu einer Angebotsreduzierung kommen wird. Damit wäre die ÖPNV-Grundversorgung in der Fläche des Kreises Nordfriesland nicht mehr gegeben. Eine solche Entwicklung kann und darf nicht gewollt sein.

Das Bestreben der Landesregierung, die Entscheidungsprozesse über die weitere Entwicklung und Gestaltung des ÖPNV auf die kommunale Ebene zu verlagern, hat durchaus seinen Reiz. Dies darf aber nicht zu einer Verschlechterung des ÖPNV in den Kreisen führen. Und die Gefahr ist groß, dass maßgeblich die struktur- und einwohnerschwachen Kreise davon betroffen sind.
Ein weiterer negativer Effekt, der mit der möglichen Kürzung der Mittel einhergeht, ist unsere Befürchtung, dass sich der Wettbewerb im ÖPNV verstärken wird. Dem steht grundsätzlich nichts im Wege. Wettbewerb muss sein. Wenn aber von Neustrukturierungen die Rede ist, sehe ich die Gefahr, dass die Kreise und kreisfreien Städte durch die kalte Küche gezwungen werden, bei künftigen Ausschreibungen auf Sicherheits- und Umweltstandards zu verzichten. Eine solche Entwicklung werden wir nicht akzeptieren. Im Gegensatz hierzu muss z.B. die Tariftreue im Bereich des ÖPNV schnellstens eingeführt werden, damit hier Verwerfungen ausgeschlossen werden. Hier sehen wir Klärungsbedarf. Die flächendeckende Daseinsvorsorge ÖPNV darf nicht auf Kosten von bestehenden Standards geopfert werden.

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