Rede · Flemming Meyer · 31.01.2008 Aktionsbündnis gegen Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen


Die Gründe, warum Jugendliche trinken, sind vielfältig. Eine leichte Verfügbarkeit von Schnaps, Bier und Wein ist das eine, dazu kommen Gruppendruck und falsche Vorbilder. Die Verfügbarkeit ist vergleichsweise einfach zu regeln. Das zeigten die so genannten Alcopops, die nach Initiativen des Landtages inzwischen in der Szene kaum noch eine Rolle spielen. Auch ein engmaschiges Kontrollnetz im Jugendschutz ist ein wichtiger Baustein einer effektiven Suchtprävention. Wenn Jugendliche weder an Tankstellen noch in Discos an Hochprozentiges kommen, können sie es logischerweise auch nicht trinken.

Wir hatten vor einigen Monaten eine Gespensterdebatte, als die Bundesjugendministerin Testkäufe von Jugendlichen vorschlug. Gespensterdebatte deshalb, weil einige Jugendämter schon lange mit dieser Art der Kontrolle gute Erfahrungen gemacht haben. Die Jugendämter setzen hohe Strafen fest und sorgen so für eine effektive Abschreckung. SSW-Kommunalpolitiker unterstützen diesen Kurs!

Ich bin aber davon überzeugt, dass nicht nur Jugendamt und Polizei für die Einhaltung des Jugendschutzes zuständig sind. Wenn wir sehen, dass Alkohol an Jugendliche verkauft wird, müssen wir uns einmischen. Dass die Gastwirte sich freiwillig verpflichtet haben, keine Flatrate-Parties mehr zu veranstalten, rechne ich ihnen hoch an. Auch darum hatten wir noch keine Todesopfer nach dem Komasaufen zu beklagen. Ich vermute, dass einige Jugendliche aus purer Neugier an diesen Veranstaltungen teilnahmen. Wenn es sie nicht mehr gibt, werden sie sich auch nicht mehr sinnlos betrinken.

Ich habe anfänglich von drei Faktoren gesprochen. Dazu gehört auch der Gruppendruck. Vor allem die jungen Frauen, die sich frühzeitig an älteren Jugendlichen orientieren, geraten in eine Alkoholfalle. Sie wollen natürlich mithalten und ihren älteren Freunden beweisen, dass sie auch mit 13 oder 14 Jahren schon fast reife Erwachsene sind. Wie kann man das in ihren Augen besser beweisen als durch Trinkfestigkeit? Lehrer und Eltern sind aufgefordert, kreativ auf diese Situation zu reagieren. Übrigens wollen die Klassenkameraden der Mädchen, die mit Älteren ausgehen, diesen dann ausgerechnet mit exzessivem Alkoholkonsum imponieren. Das ist ein Teufelskreis, der nur aufzubrechen ist, wenn wir ein anderes Verhältnis zum Alkohol entwickeln.
Alkohol ist nicht cool, sondern ein Genussmittel, das sehr viel Verantwortung voraussetzt. Dass die auch bei vielen Erwachsenen fehlt, belegt allein die hohe Zahl Alkohol bedingter Unfälle im Straßenverkehr.

Die schleswig-holsteinischen Initiativen sind löblich und vorbildlich. Ich hoffe, dass andere Bundesländer diese erfolgreiche Politik nachmachen. Dennoch kommen wir meines Erachtens nicht um eine generelle gesellschaftliche Neubewertung des Alkohols herum.
Wir brauchen ein Werbeverbot für Alkohol, damit er aus der öffentlichen Wahrnehmung zumindest teilweise verschwindet. Also: kein Rennfahrer mit Bacardi-Cap; Keine Jägermeister-Bandenwerbung in der Bundesliga und keine von einer Brauerei gesponserte Sportveranstaltung! Im Lauf von zwanzig Jahren haben sich die Werbeausgaben für alkoholhaltige Getränke von 256 Mio. Euro in 1987 auf 511 Mio. in 2006 annähernd verdoppelt. Auf diese Weise ist Alkohol in der Öffentlichkeit überall präsent. Verleger und Fernsehsender profitieren davon und nicht zuletzt der Steuerzahler. Für Jugendliche ist diese Omnipräsens ein verheerendes Signal.

Die Alkoholmenge pro Kopf sinkt zwar bereits seit einiger Zeit, dafür ist eine Konzentration auf die Jüngeren zu beobachten. Die Älteren trinken weniger, aber die Jugendlichen immer mehr und immer früher. Inzwischen liegt das Durchschnittsalter für den ersten Vollrausch bei 13 Jahren. Wann reden wir über ein Werbeverbot? Wenn der Suchtbericht den ersten Vollrausch im Grundschulalter vermeldet. Dann, fürchte ich, ist es zu spät.

Ich möchte kein Wasser in den Wein gießen: die Präventionspolitik der Landesregierung ist richten und sie ist wichtig. Doch ich fürchte, dass wir der Verwahrlosungstendenz des  Alkohols noch zu wenig entgegen zu setzen haben. Bereits im letzten Jahr zeigte die Statistik, dass Straftaten unter Alkoholeinfluss erheblich zunahmen, besonders bei den Heranwachsenden, also den 18 bis 21Jährigen und bei den Jugendlichen. Setzen wir kein nachhaltiges Stopp-Zeichen, wird diese Entwicklung weitergehen. Darum kommen wir um eine grundlegende Politik gegen den Alkohol nicht herum.


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