Rede · Flemming Meyer · 06.06.2007 Angebote für Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten

 
Egal wie man es dreht und wendet, so muss man Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen dazu gratulieren, dass sie das wichtige Thema Kinderkrippen auf die öffentliche Agenda in Deutschland gebracht hat. Wir wissen alle, dass dies aber auch höchste Zeit war, denn im europäischen Vergleich steht die Bundesrepublik mit gerade mal 14% Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren weit hinten. Dies gilt ja bekannter weise insbesondere für die alten Bundesländer und hier in Schleswig-Holstein ist das Angebot mit gerade mal 8% Betreuungsangeboten besonders schlecht.

Dabei geht es bei der aktuellen Diskussion um mehr Angebote für Kinder unter drei Jahren nicht darum, den Familien vorzuschreiben, wie sie ihr Leben gestalten oder wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Sondern es geht unter anderem darum, dass die Eltern in Zukunft die Möglichkeit haben sollen, wenn sich Nachwuchs einstellt, ihrer Arbeit weiter nachgehen zu können. Dies ist heute offensichtlich nicht der Fall und meistens leiden die Frauen unter dieser Tatsache.  Weiter muss man aber auch an die Entwicklung der Kinder denken und hier können gerade Krippenplätze ein wichtigen positiven Beitrag zur Entwicklung der Kinder leisten. Für eine moderne Gesellschaft ist der derzeitige Zustand bei uns ein Armutszeugnis und hier muss etwas geändert werden.

Deshalb  hat die Bundesregierung dieses Thema aufgegriffen und sich dazu entschlossen bis 2013 die Anzahl der Kinderkrippen auf das europäische Durchschnittsniveau von 35% auszubauen. Dieses Ziel ist keine familienpolitische Revolution, sondern eine längst überfällige Entwicklungshilfe. Denn nur so finden wir den Anschluss an den Standard, der heute schon in anderen westeuropäischen Ländern und in Ostdeutschland gilt. Dies ist das absolute Minimum, wenn man sich die Zahlen unserer skandinavischen Nachbarn ansieht, wo praktisch alle Kinder in Kinderkrippen unterkommen können, wenn die Eltern es dann wollen.

Die Ergebnisse der Großen Koalition in Berlin zu Finanzierung dieses Krippenausbaus sind allerdings wieder einmal sehr bescheiden. Der Rechtsanspruch soll erst ab 2013 gelten und die Bundeszuschüsse sowohl für die Investitionen als auch für den Betrieb sind nach Angaben des Deutschen Städteverbandes viel zu niedrig und würden dazu führen, dass das Ziel die Zahl der Kinderbetreuungsplätze  bis 2013 auf 750.000 zu verdreifachen, nicht erreicht wird. 

Deshalb besteht die Gefahr, dass man sich zwischen Bund, Ländern und Kommunen über die Kostenverteilung des Krippenausbaus streiten wird.  Auch das Thema der heutigen Debatte zeigt, dass wir auch in Schleswig-Holstein aufpassen müssen, damit Worte und Taten beim Thema Kinderbetreuung übereinstimmen. Denn obwohl wir natürlich alle wollen, dass der Ausbau von Krippenplätzen vorangebracht werden soll, so darf dies auf keinen Fall auf Kosten der  Qualität von Bildung und Betreuung in den Kindertagesstätten geschehen. Denn dann hätten wir überhaupt nichts gewonnen.

Von daher war auch der SSW etwas überrascht über den Entwurf für eine neue KiTa-Verordnung, den die Landesregierung Ende März in die Anhörung gegeben hat. Denn man kann es drehen und wenden wie man will: in der ursprünglichen Form führte die Verordnung dazu, dass der Personalstandard in bestimmten Konstellationen gesenkt werden sollte. Man muss weder Pädagogik noch Jura studiert haben, um zu kapieren, dass es nicht das Kindeswohl fördert, wenn die Kleinsten von noch weniger Fachpersonal als bisher begleitet werden.

Der SSW war sehr erfreut darüber, dass die FDP dies auch so sah und eine Standardsenkung in diesem wichtigen kommunalen Bereich genau wie die Grünen ablehnt. Auch die GEW und die Wohlfahrtsverbände sowie die Elternvertretungen haben die Verordnung massiv kritisiert und sind zum Beispiel der Auffassung, dass sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durch die neue Verordnung noch weiter verschlechtert, was natürlich auch negative Folgen für die betreuten Kinder haben wird.

Denn wir wissen ja alle, dass schon jetzt die finanziellen Ressourcen im KiTa-Bereich nicht ausreichend sind. Nur dieses darf man auf keinen Fall lösen, indem man die Standards senkt. Natürlich waren im Entwurf zur KiTa-Verordnung auch vernünftige Vorschläge zur Flexibilisierung  und auch über die Änderungen  im Bereich der Mitbestimmung von Eltern kann man sicherlich diskutieren. Aber wenn es darum geht, die Qualitätsstandards in den Kindertagesstätten zu erhalten, gibt es keinen Kompromiss.

Von daher begrüßt der SSW, dass die Bildungsministerin dies auch so sieht und nun doch den Personalschlüssel für die Unter-3Jährigen nicht verändert. Dies ist vor allem ein Erfolg der Elternvertreter und Wohlfahrtsverbände, die zu Recht gegen die vom Bildungsministerium geplante Verschlechterung Sturm gelaufen sind. Sie ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die Opposition im Landtag funktioniert, denn die Ausschussinitiative des SSW und die nachfolgenden Anträge der FDP und der Grünen, haben dafür gesorgt, dass die Große Koalition Farbe bekennen musste. Dadurch konnte in letzter Minute verhindert werden, dass es eine schlechtere Betreuung gibt und die Verordnung zu Rückschritten im Bildungsanspruch in den Kindertagesstätten führt.

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