Rede · Flemming Meyer · 16.12.2011 Bericht über die Eckpunkte des mit dem Stabilitätsrat vereinbarten Sanierungsprogramms

Der Stabilitätsrat hat zu Beginn des Monats verkündet, dass das Sanierungsprogramm Schleswig-Holsteins geeignet ist, um einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2020 zu erreichen. Nicht zuletzt weil die Konsolidierung Voraussetzung für den Erhalt der Finanzhilfe von Bund und Ländern ist, sieht der SSW diese Entwicklung grundsätzlich positiv. Der Stabilitätsrat hat sich allerdings nur zu den Zahlen geäußert und nicht politisch Stellung zu den einzelnen Maßnahmen genommen. Das ist auch nicht seine Aufgabe, aber deshalb kann die Tatsache, dass der Stabilitätsrat hier ein „rechnerisch richtig“ bescheinigt, nicht als Rechtfertigung für eine völlig verfehlte Politik herhalten. Wenn wir uns nämlich die Liste der Konsolidierungsmaßnahmen anschauen, trübt sich das Bild. Denn hier sehen wir, dass die Landesregierung die Einschnitte in den Sozialhaushalt oder bei der Kultur und den Minderheiten unverändert als nahezu unumgängliche Bedingung für eine gelungene Konsolidierung darstellt. Und das sind natürlich politische Prioritäten, die sie setzen, die wir nicht teilen. Die Haushaltskonsolidierung ist nicht der Grund für ihre unsoziale und kulturlose Politik. Es sind ihre politischen Prioritäten, die sie unter dem Deckmantel der Haushaltskonsolidierung ausleben.
Sie, die schwarz-gelbe Koalition wollen die starken Einschnitte im Sozialbereich, sie wollen die Einschnitte im Kulturbereich und sie wollen Rückschritte in der Minderheitenpolitik. Eine solche Sicht können wir ganz und gar nicht teilen. Der SSW ist nach wie vor der Auffassung, dass ein erfolgreicher Konsolidierungskurs nicht zwangsläufig zu Lasten der Ärmsten und Schwächsten im Land gehen muss. Die vorgesehenen Maßnahmen und Kürzungen im aktuellen Doppelhaushalt sind nicht alternativlos. Wir sehen heute wie auch für die Zukunft durchaus Spielräume, um auch in einer angespannten Haushaltslage eine andere, sozial gerechtere und zukunftsweisendere Politik zu machen. Die Voraussetzung hierfür ist schlicht und einfach der politische Wille. Doch leider habe ich für den SSW immer wieder deutlich machen müssen, dass wir bei dieser Landesregierung keine Ideen, keine Visionen und kein Konzept dafür erkennen können, wie Schleswig-Holstein weiterentwickelt werden soll.

Ich will damit sagen, dass wir unser Land nicht einfach gesund sparen können. Bewährte und unentbehrliche Strukturen, beispielsweise im sozialen, kulturellen oder minderheitenpolitischen Bereich, müssen nachhaltig gesichert und ausgebaut werden. Es ist und bleibt eine wesentliche Aufgabe der Landespolitik, Schleswig-Holstein zukunftsfähig zu erhalten. Wir sind fest davon überzeugt, dass dies auch vor dem Hintergrund der Sparvorgaben möglich ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Landesregierung im Bundesrat keinen unsäglichen Steuergeschenken zu Lasten der Länder zustimmt und die Einnahmeseite des Landeshaushalts genau in den Blick nimmt.

Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch der Ansatz, in Zukunft verstärkt kostendeckende Gebühren für Verwaltungsleistungen zu erheben und eine permanente Aufgabenkritik zu üben, wird von uns begrüßt. Daneben wird es aber kaum reichen, auf zweifelhafte Mehreinnahmen aus der Liberalisierung des Glücksspiels zu bauen. Aus Sicht des SSW ist es viel sinnvoller, die gegenwärtige positive Entwicklung der Steuereinnahmen zum Anlass für eine grundlegende Revision des Steuerrechts zu nehmen. Hierauf muss die Landesregierung auf Bundesebene drängen. Allein die Reduzierung der ermäßigten Mehrwertsteuer auf den ursprünglichen Zweck würde für Schleswig-Holstein zusätzliche Einnahmen in einer Größenordnung von bis zu 600 Millionen Euro bedeuten.

Auch die Pläne, zu gemeinsamen Anleihen von Bund und Ländern zu kommen, müssen endlich in die Tat umgesetzt werden. Im Gegensatz zu gemeinsamen Anleihen der EU-Mitgliedstaaten bestehen hier durch die gemeinsame Finanzverfassung keinerlei rechtliche und inhaltliche Einwände. Durch dieses Instrument würde für Schleswig-Holstein bekanntlich zwischen 20 und 40 Millionen Euro jährlich an Zinsersparnissen wirksam werden. Die aktuellen Signale aus Berlin stimmen uns hoffnungsvoll und wir drücken unserem Finanzminister natürlich weiterhin die Daumen für die Verhandlungen in dieser wichtigen Sache.

Aber auch das Land selbst hat vieles in der Hand, um an sich selbst zu sparen. Die Verwaltungsstruktur, die wir in Schleswig-Holstein haben, ist die unübersichtlichste, die man sich denken kann. Nur aus der Opposition kommen Vorschläge, wie man sich hier besser aufstellen kann. Dass die Koalition diese ausgestreckte Hand ausschlägt, ist nicht nur unklug, sondern diese Politik kostet das Land auch Geld, das es nicht hat.

Ich fasse zusammen: Trotz der schwierigen finanziellen Situation dürfen wir die Weichen für unser Land nicht so stellen, dass ihm Zukunftschancen genommen werden. Mit Augenmaß, mit sozial ausgewogenen Reformen des Steuersystems und dem nötigen Verhandlungsgeschick auf Bundesebene kann der nötige Freiraum erhalten werden, um dieses Land trotz Konsolidierungskurs aktiv weiterzuentwickeln. Für den SSW steht fest, dass nicht nur der Erhalt der sozialen und kulturellen Infrastruktur Aufgabe der heutigen und der kommenden Landesregierung ist. Schleswig-Holstein muss vor allem auch durch Bildungsinvestitionen für die Zukunft vernünftig aufgestellt werden. Deshalb ist Bildungsabbau und Kulturlosigkeit für uns nicht die Antwort auf unser Finanzproblem.

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