Rede · Flemming Meyer · 14.12.2011 Betreuungsgeld verhindern – Kinder und Familien in Schleswig-Holstein besser unterstützen

Ich habe für den SSW mehrfach deutlich gesagt, dass wir das Betreuungsgeld für den völlig falschen Ansatz halten. Die Grünen weisen in ihrem Antrag auf eine Tatsache hin, die doch im Grunde allen hier Anwesenden klar ist: Deutschland hat großen Nachholbedarf in Sachen Familienförderung und damit insbesondere auch im Bereich der Kinderbetreuungsangebote. Die so genannte Herdprämie hat - wenn überhaupt - den zweifelhaften Nutzen, dass die Politik beim Ausbau der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur Zeit gewinnt. Die Nachteile einer solchen Strategie überwiegen aus unserer Sicht bei weitem. Egal ob es um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder eine höhere Qualität der frühkindlicher Bildung geht: Das Erreichen dieser Ziele würde durch die Einführung des Betreuungsgeldes deutlich erschwert.

In der aktuellen Stunde zum Koalitionsrettungsschirm im November wurde deutlich, dass die Regierungsfraktionen mit dem Betreuungsgeld eine Stärkung der Wahlfreiheit für die Familien verbinden. Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass wir hier beim besten Willen keine echte Wahlfreiheit für alle Familien sehen können. Besonders die Eltern, die nur über wenig Geld verfügen, stehen durch das Betreuungsgeld unter großem Druck: Sie werden nicht selten dazu verleitet, ihre finanzielle Situation auf Kosten der Bildungschancen ihrer Kinder zu verbessern. Die Herdprämie gibt für viele Familien einen konkreten Anreiz dafür, ihre Kinder von der Kita fernzuhalten und deshalb ist sie sozial ungerecht und kontraproduktiv.

Auch die finanzielle Dimension dieser unsinnigen Maßnahme wurde ausgiebig diskutiert: Vorsichtig geschätzt handelt es sich allein für Schleswig-Holstein um 40 Millionen Euro jährlich. Für den SSW gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass dieses Geld beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur besser angelegt ist. Wir alle wissen, dass hier allein schon wegen dem garantierten Rechtsanspruch im Jahr 2013 die Prioritäten liegen müssen. Klar ist, dass in diesem Bereich noch große Anstrengungen notwendig sind, um 35 Prozent der Unter-Dreijährigen einen Betreuungsplatz bieten zu können. Und daran, dass wir diesem Ziel hinterherhinken kann heute kaum einer ernsthaft zweifeln.
Die Herdprämie ist in der Tat Ausdruck einer Politik von gestern. Mit dem Ausbau der frühkindlichen Bildung investieren wir dagegen in die Zukunft Schleswig-Holsteins. Besonders für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es notwendig, die Betreuungsmöglichkeiten gerade für die Kleinsten zu erweitern. Doch mit einem größeren Angebot für Null- bis Dreijährige steigt nicht nur die Zahl der Erwerbstätigen. Die Schaffung weiterer frühkindlicher Betreuungsplätze kommt auch unmittelbar den Kindern zu Gute: Sie können wichtige soziale Kontakte knüpfen und ihnen werden Fähigkeiten vermittelt, die zur Chancengleichheit auf ihrem weiteren Weg beitragen.
Dabei muss aus Sicht des SSW klar sein, dass es in diesem Ausbau-Prozess nicht nur um eine größere Zahl von Betreuungsplätzen geht. Entscheidend für eine gute und moderne Familienförderung ist vor allem die Qualität der frühkindlichen Bildung. Die Neigungen und Talente der Kinder müssen endlich gezielt gefördert werden - und zwar in professionellen Institutionen und so niedrigschwellig wie überhaupt möglich. Damit alle in unserer Gesellschaft die gleiche Chance auf Bildung bekommen brauchen wir verbindliche Qualitätsstandards und eine angemessene Finanzierungsgrundlage für die frühkindliche Bildung. Und wir sind hier optimistisch: Wenn offensichtlich rund 2 Milliarden Euro für das unsinnige Betreuungsgeld zur Verfügung stehen, werden sich sicher auch Mittel für diese sinnvolle Zukunftsinvestition finden. Aus Sicht des SSW stünde es Union und FDP wirklich gut zu Gesicht, wenn sie endlich umdenken und ein modernes Gesamtkonzept der Familienförderung mittragen. Die aktuellen Pläne sind leider ein Schritt zurück.

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