Rede · Lars Harms · 15.05.2019 Upload-Filter als Mittel der Urheberrechtssicherung sind der völlig falsche Weg

Nach dem aktuellen Stand tritt das für uns wichtigste Ziel in den Hintergrund: Nicht das geistige Eigentum von Künstlerinnen und Künstlern wird geschützt - sondern die Interessen der Verwerter und Großkonzerne.

Lars Harms

Lars Harms zu TOP 16 - Uploadfilter verbieten – Verträge mit Verwertungsgesellschaften schließen (Drs. 19/1403)

Schon unsere letzte Debatte zum Thema Urheberrechtsreform Anfang März hat gezeigt, dass wir uns vom Grundsatz her einig sind: Wir müssen die Urheberrechte im Netz besser schützen als bisher. Urheber haben das Recht auf eine angemessene Vergütung. Nicht zuletzt im Internet. Deshalb müssen auch die großen Plattformen in die Pflicht genommen werden. Es ist ihre Aufgabe, geteilte und geschützte Inhalte zu lizensieren. Dies durchzusetzen, ist auf Basis der geltenden Richtlinie aus dem Jahr 2001 aber kaum möglich. Es ist also völlig richtig, die gesetzlichen Grundlagen an die heutige Zeit anzupassen. Aber für den besseren Schutz von Urheberrechten brauchen wir keine Upload-Filter. Im Gegenteil: Wir müssen sie verhindern, weil sie völlig unverhältnismäßig sind und erhebliche Risiken für die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet mit sich bringen.

Noch einmal: Wenn Plattformen alle Inhalte, die Nutzer ins Netz stellen wollen, vorab durchleuchten müssen, schafft das gravierende Probleme. Das Internet, das wir heute kennen und schätzen, würde sich dadurch stark verändern. Natürlich ist es nicht das Ziel der Reform, Meinungen zu unterdrücken. Deshalb halte ich den Verweis mancher Kritiker auf drohende chinesische oder russische Verhältnisse auch für unangemessen. Aber es steht trotzdem enorm viel auf dem Spiel: Nicht nur die Kreativität und das Publikationsrecht der Nutzer, sondern auch satirische und kritische Inhalte sind durch automatisierte, anonyme Filter akut bedroht. Und sie würden noch dazu zur Selbstzensur führen, weil Nutzer schon im Vorfeld darauf achten würden, Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Für uns ist deshalb klar, dass auch in Zukunft Menschen über Urheberrechte, künstlerische Freiheit, Satire und Meinungsfreiheit befinden sollen, und keine künstliche Intelligenz. 

Doch ganz offensichtlich überzeugen diese Argumente längst nicht jeden. Bekanntlich hat die Europäische Ebene die entsprechende Richtlinie so beschlossen, wie von uns befürchtet.  Damit sind Upload-Filter und die damit verbundenen Gefahren noch konkreter geworden. Leider wurden die massiven Proteste nicht zum Anlass genommen, um inhaltlich noch etwas zu verändern. Auch wenn der umstrittene Artikel 17 keine explizite Filterpflicht vorsieht, wird der Weg für ihre Anwendung zumindest klar geebnet. Nach dem aktuellen Stand tritt damit auch das für uns wichtigste Ziel in den Hintergrund: Nicht das geistige Eigentum von Künstlerinnen und Künstlern wird geschützt - sondern die Interessen der Verwerter und Großkonzerne.

Deshalb bleiben wir dabei: Upload-Filter als Mittel der Urheberrechtssicherung sind der völlig falsche Weg. Und trotz beschlossener Richtlinie ist es nach unserer Auffassung noch möglich, sie zu verhindern. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben jetzt zwei Jahre Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen. Hier gibt es durchaus Spielräume, die dringend genutzt werden müssen. Natürlich können wir auf existierende Filtersysteme zur Bekämpfung illegaler Inhalte wie etwa Kinderpornographie nicht verzichten. Aber die Anwendung von Upload-Filtern zur Ahndung urheberrechtlicher Verstöße muss klipp und klar untersagt werden. Ohne irgendwelche Ausnahmen. Stattdessen müssen Betreiber von Internetplattformen dazu verpflichtet werden, vertragliche Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften zu schließen. 

Nach der letzten Debatte gehe ich davon aus, dass auch die Jamaika-Koalition nicht plötzlich ihre Haltung ändert und unsere Forderung teilt. Vor zwei Monaten haben hier ja alle Koalitionäre betont, wie unsinnig Uploadfilter sind und wie wichtig ein entsprechendes Signal in Richtung Berlin ist. Dieses Signal ist heute, nach dem Beschluss auf Europäischer Ebene, umso wichtiger. Aus Sicht des SSW sollten sich auch CDU, FDP und Grüne weiterhin konsequent für ein freies, unzensiertes Internet einsetzen. Deshalb fordern wir eine Bundesratsinitiative, die die Nutzung von Uploadfiltern zur Ahndung urheberrechtlicher Verstöße untersagt und die Plattformbetreiber verpflichtet, vertragliche Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften zu schließen. Niemand sagt, dass dieser Weg einfach ist. Aber er ist deutlich besser als die Nutzung pauschaler, fehleranfälliger Filter. 

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