Pressemitteilung · 02.03.2022 Kiels Partnerstädte und der Ukraine-Krieg: Bevölkerungskontakte nach Russland nicht abreißen lassen

In einem offenen Brief der Ratsfraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP, Linken, Politiker*innen und Klima, Verkehr und Meer fordern diese den Stadtpräsidenten auf, seine Amtskollegen in Kiels russischen Partnerstädten zu bitten, ihre Bevölkerung über die Hintergründe von Putins Angriffskrieg aufzuklären. Die SSW-Ratsfraktion bedauert, dass sie sich mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen konnte, zunächst die Expertise des Stadtpräsidenten einzuholen. Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Ratsherr Marcel Schmidt:

„Der offene Brief der Kieler Ratsfraktionen an den Stadtpräsidenten Hans-Werner Tovar ist sicherlich mit viel gutem Willen entstanden, blendet nach unserem Dafürhalten aber einige Problemstellungen aus, zu denen wir gerne vorher die Meinung des Stadtpräsidenten eingeholt hätten. Nun wird der Stadtpräsident im Brief aufgefordert, die Offiziellen in unseren Partnerstädten Sovetsk und Kaliningrad zu bitten, ihren Bevölkerungen die wahren Hintergründe von Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine offenzulegen. Damit würden sie der Staatspropaganda eindeutig widersprechen müssen und sich selbst und ihre Familien in Gefahr bringen. Abgesehen davon entsteht dadurch eine zusätzliche Belastung der Beziehung zwischen Kiel und seinen Partnerstädten. Dies ist nicht im Sinne der SSW-Ratsfraktion.

Wir hatten eben deshalb einen Vorschlag gemacht, auf den leider keine der anderen Fraktionen eingegangen ist; auch nicht die SPD-Ratsfraktion, deren Mitglied der Stadtpräsident ist. Aus unserer Sicht wäre es sinnvoller, den Stadtpräsidenten zunächst um einen Sachvortrag zu bitten und die Möglichkeiten, die den Vertreter*innen unserer Partnerstädte überhaupt offenstehen, mit ihm zu erörtern. Unser Stadtpräsident Hans Werner Tovar begleitet die Beziehungen zu den Partnerstädten sehr intensiv. Sein Name ist fest mit der ‚kommunalen Außenpolitik‘ verbunden. Seine Expertise wird uns helfen zu beurteilen, ob ein Appell an unsere russischen Partnerstädte zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll ist und wenn ja, wie der Appell formuliert werden sollte. Auf unseren Vorschlag haben wir von der Kooperation keine Antwort erhalten. Ich habe gestern noch versucht, den Stadtpräsidenten zu sprechen, er war nicht erreichbar. Danach erschien dann auch schon die Pressemitteilung der Kooperation mit dem Text des offenen Briefes. Eine gute und verantwortungsvolle Zusammenarbeit der Kommunalpolitik bei so einem wichtigen Thema sieht anders aus.

Was wir in dieser Situation als nicht sinnvoll erachten, ist, durch politische Schnellschüsse zu riskieren, dass Städtepartnerschaften und damit wichtige Bevölkerungskontakte in die Brüche gehen. Direkte Kontakte zwischen der deutschen und der russischen Bevölkerung sind ein wichtiges Mittel der Völkerverständigung und zur Deeskalation, das wir befördern und nicht gefährden sollten.“

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