Rede · Sybilla Nitsch · 25.01.2024 Der Atomausstieg ist richtig

„Ich würde der Bundes-CDU von Herzen wünschen, dass sie endlich erkennt, dass man auf toten Pferden nicht gut reiten kann. Das Einzige, was diese wieder hervorgeholte Atom-Debatte erreicht, ist von den wirklich wichtigen Themen der Energiewende abzulenken.“

Sybilla Nitsch zu TOP 21 - Neue Investitionen in die Atomkraft sind gegen die Interessen Schleswig-Holsteins (Drs. 20/1767)

Ein Experte des Ifo-Instituts in München bezeichnete den Vorstoß der CDU zum Wiedereinstieg in die Atomkraft kürzlich als populistischen Unsinn. Ich glaube, man wird lange suchen müssen, um eine widersprechende Expertenmeinung zu finden. Der Atomausstieg ist richtig. Ich würde der Bundes-CDU von Herzen wünschen, dass sie endlich erkennt, dass man auf toten Pferden nicht gut reiten kann. 
Das Einzige, was diese wieder hervorgeholte Atom-Debatte erreicht, ist von den wirklich wichtigen Themen der Energiewende abzulenken. Würde man heute beginnen, ein neues Atomkraftwerk zu planen, würde dieses, wenn alles rund läuft, in etwa 20 Jahren den Betrieb aufnehmen und hätte bis dahin mindestens 30 Milliarden Euro verschlungen. Mein Gefühl sagt mir, dass die Investoren da nicht Schlange stehen werden. Nun kann man einwenden: dann bauen wir innovative kleine Kraftwerke. Die sind günstiger. Das stimmt. Aber von solchen Kleinkraftwerken bräuchte man viele, um wirklich relevante Strommengen zu erzeugen. Eine Debatte um neue Atomkraftwerke vor den Haustüren der Menschen zu führen, kann ich keinem Politiker empfehlen. Der Gegenwind, den der Bau einer Windkraftanlage schon erzeugt, wird dagegen ein Spaziergang. 
Auch wenn ich mich wiederhole: wir brauchen in Deutschland keine Atomkraft mehr. Was wir brauchen, sind flexible Erzeugungsmöglichkeiten, die bei der berühmten Dunkelflaute schnell hochfahren können. Das ist nicht der Atommeiler. Was wir auch brauchen, sind endlich ernsthafte und skalierbare Fortschritte im Bereich der Speichertechnologien. Also Power-to-X und große Batteriespeicher. Es kann nicht sein, dass die Power-to-X Technologien noch immer dadurch ausgebremst werden, dass man für den Strom, der in diese Prozesse fließt, dieselbe Abgabenlast zu schultern hat, wie ein Endverbraucher. Die Nutzung von Überschussproduktion ist ein wichtiger Teil des Weges in die energiepolitische Zukunft, hierfür müssen wir endlich die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Es kann doch nicht sein, dass wir seit Jahren nur von Power-to-X reden, aber nicht gewillt sind, einen Regulierungsrahmen zu schaffen, der die Unternehmen dann auch wirklich aus den Startlöchern kommen lässt. 
Darüber hinaus brauchen wir Batteriespeicher, um große Strommengen aus Wind und Sonne zwischenzuspeichern, aber auch, um die Netzstabilität sicherstellen zu können. Dafür brauchen wir keine Atomkraftwerke, auch wenn CDU und FDP uns das immer wieder glaubhaft machen wollen. Dafür eignen sich im Übrigen die alten AKW-Standorte ganz wunderbar, weil es dort schon jetzt die notwendige Netzinfrastruktur gibt. 

Am Standort Brokdorf gibt es dafür erste Planungen. Das sollten wir als Politik unterstützen, wo wir nur können. Das ist ein unabdingbarer Baustein, wenn wir im nächsten Jahrzehnt 100 Prozent erneuerbar werden wollen in der Energieproduktion. Und wenn die CDU ruft, dass wir uns nicht vom technischen Fortschritt abhängen lassen dürfen, was die Atomkraft angeht, dann kann ich zur Beruhigung sagen: wir sind in guter Gesellschaft. Nur 36 Staaten weltweit setzen auf Atomkraft, mehrere davon, weil sie auch ein militärisches Interesse an dieser Technologie haben. 
Die übrigen 168 Länder dieser Welt setzen auf andere Technologien zur Stromerzeugung. Zumal es Augenwischerei ist zu behaupten, dass die Kernenergie besonders günstig wäre. Die Erneuerbaren Energien sind günstig, weil Wind und Sonne keine Rechnung stellen. Der Hersteller der Uranbrennstäbe schon. Und derjenige, der das Kraftwerk baut und derjenige, der es betreibt auch. Und am Ende, wie wir jetzt sehen, kommt die höchste Rechnung, wenn wir die Kraftwerke wieder zurückbauen. Das alles kostet den Staat viel Geld. Geld, das wir dringend in echte Zukunftstechnologien investieren müssen! Darum mein Appell an die Bundespolitik: wir müssen den regulatorischen Rahmen für Power-to-X endlich anpassen, damit diese Technologien wirtschaftlich werden können. Da werden wir sonst von unseren Nachbarstaaten überholt, weil sie sich nicht selbst umzingeln mit Bürokratie und unnötigen Kosten. Und das können wir uns wirklich nicht erlauben, wenn wir die Energiewende ernst nehmen!

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