Rede · Flemming Meyer · 13.02.2019 Der Küstenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Flemming Meyer zu TOP 1A - Regierungserklärung zu den Küstenschutzmaßnahmen des Landes und einer Strategie für die Ostseeküste (Drs. 19/1246)

„Der Küstenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht nur von wenigen ausgewählten zu tragen. Daher erteilen wir auch jeder politischen Forderung, von diesem solidarischen Prinzip abzuweichen, eine deutliche Abfuhr.“

(Nr. 039-2019) Als Land zwischen den Meeren, ist die Kultur und Geschichte unseres Landes maßgeblich geprägt vom Leben am Meer. Seit Jahrhunderten hat der Küstenschutz eine Tradition das für unser Land von immenser Bedeutung ist. Aus diesem Grund haben wir dem Küstenschutz auch immer wieder den notwendigen Vorrang eingeräumt im Bezug auf andere Nutzungen und Ansprüche. Schleswig-Holstein hat sich dieser Tradition verpflichtet und bekennt sich seiner Verantwortung. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, das Leben und das Hab und Gut der Menschen hinter den Deichen uneingeschränkt zu schützen. Für uns als SSW steht daher auch klipp und klar fest: Der Küstenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht nur von wenigen ausgewählten zu tragen. Daher erteilen wir auch jeder politischen Forderung, von diesem solidarischen Prinzip abzuweichen, eine deutliche Abfuhr. Das war mit uns nicht zu machen und wird auch in Zukunft nicht mit uns zu machen sein. 
Das sage ich so deutlich, vor dem Hintergrund, dass wir uns, angesichts des Klimawandels und seiner Auswirkungen, darauf einstellen müssen, dass der Küstenschutz in den nächsten Jahrzehnten noch bedeutsamer für uns wird und wir ihn entsprechend finanzieren müssen.

Die Tragweite dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Der Klimawandel wird große Veränderungen mit sich führen und uns damit immer wieder vor große Herausforderungen stellen – das betrifft dann auch den Küsten- und Hochwasserschutz. 
Die ersten Veränderungen sind bereits zu verzeichnen. Bei Hochwasserereignissen ist immer öfter die Rede von Jahrhunderthochwassern wobei sich die zeitlichen Abstände solcher Ereignisse immer weiter verkürzen. 
Vergleichbare Ereignisse verzeichnen wir bei den Sturmfluten an den Küsten. Diese werden immer häufiger und heftiger und mit zunehmendem Anstieg des Meeresspiegels vergrößert sich die damit einhergehende Gefahr. Das heißt, wir müssen den Küstenschutz fit machen für die Herausforderungen der Zukunft. Das wissen wir in Schleswig-Holstein nur zu gut und das machen wir bereits. So sind wir beispielsweise in der Zeit der Küstenkoalition damit angefangen sogenannte Klimadeiche zu errichten. Was unterm Strich nichts anderes bedeutet, als Deiche zu errichten, die den heutigen Sicherheitsstandards entsprechen. Der Klimadeich ist eindeutig höher als die bisherigen Deiche und er hat zum Meer hin ein flacheres Profil und eine breitere Krone. Zudem kann so ein Klimadeich auch noch relativ einfach erhöht werden. 
Diese Sicherheit ist aber nicht zum Null-Tarif zu bekommen. Das wissen wir, aber um die Klimadeiche kommen wir nicht umhin. Daher sagen wir als SSW, wir dürfen unsere finanziellen Bemühungen für den Küstenschutz nicht schwächen. Soll heißen, wenn wir künftig über neue EU-Förderprogramme sprechen, dann dürfen wir beim Küstenschutz nicht nachlassen. Aber auch gegenüber dem Bund gilt es deutlich zu machen, dass die Küstenregionen mit dem Küstenschutz nicht allein gelassen werden dürfen. Darüber hinaus hat Schleswig-Holstein sich dieser Verantwortung gestellt und wir als SSW haben es ausdrücklich begrüßt, dass auch über das IMPULS-Programm zusätzliche Millionen für den Küsten- und Hochwasserschutz eingeplant wurden. 
Die Verstärkung der Deiche und Sperrwerke sind mit enormen Kosten verbunden. Das stellt uns auch in den nächsten Jahrzehnten immer wieder vor große finanzielle Herausforderungen. Um die Kosten dafür abzuschwächen haben wir als SSW den politischen Vorschlag hier im Landtag eingebracht, davon abzusehen Küstenschutzmaßnahmen mit Ausgleichszahlungen zu belasten. Dass dies politisch nicht so einfach ist, haben wir bereits erfahren. Gleichwohl halten wir weiterhin daran fest, denn aus unserer Sicht ist das richtig und sachgerecht. Die gesamte Westküste sieht es genauso.

Die planerische Grundlage für den Küstenschutz ist der „Generalplan Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein“, der 1963 erstmals erstellt wurde. Dieser Fachplan wird seitdem rund alle 10 Jahre fortgeschrieben. Damit haben wir ein Planungsinstrument für den Küstenschutz, das stets auf den jeweils aktuellen technischen Stand angepasst wird, unter Beachtung der sich ändernden Herausforderungen. Zusätzlich haben wir in Schleswig-Holstein weitere detaillierte untergeordnete Planungsgrundlagen für den Küstenschutz an Nord- und Ostsee. So gibt es beispielsweise den Fachplan Küstenschutz Ostseeküste, Sylt, Föhr oder Amrum. Damit dienen sie als fachliche Planungsgrundlage für Küstenschutzmaßnahmen und für weitere Planungen für den jeweiligen Küstenbereich.

Der Küstenschutz entwickelt sich immer weiter. Daher muss es darum gehen, die Forschung, Erprobung und wissenschaftliche Begleitung von alternativen Küstenschutzmaßnahmen zu fördern. Nur so können wir Alternativen für die Zukunft entwickeln, zwischen denen wir abwägen können. Aber dafür muss vor Ort weiter geprobt und untersucht werden, was in der Praxis auch bestehen kann. 

Das Bild des Küstenschutzes in Schleswig-Holstein gestaltet sich vielfältig. Hauptsächlich ist dieses Bild von der Westküste geprägt. Wir haben die vorgelagerten Inseln und Halligen, dann das Vorland mit seinen landgewinnenden Küstenschutzanlagen sowie die kilometerlangen Deiche, die sich durch die flache Marsch ziehen. Dahinter die Kööge und die älteren Deichlinien. Das sind die prägenden Elemente, die sich entlang der Westküste ziehen. 
Ganz anders sieht es an der Ostküste aus. Aufgrund der morphologischen und hydrologischen Gegebenheiten hat sich der Küstenschutz dort in weiten Teilen anders entwickelt als an der Westküste. Soll heißen, wir haben dort ein strukturreiches Relief und ein höheres Gelände, das einen natürlichen Küstenschutz darstellt. In den Bereichen der Küste, die ungeschützt sind, haben wir ein System bestehend aus Landesschutz- und Regionaldeichen. Zusätzlich zum Hochwasserschutz haben wir aber auch an der Ostküste entsprechende Längs- und Querwerke in unterschiedlichsten Bau- und Unterhaltungszuständen. Der Fachplan Ostseeküste gibt darüber entsprechend Aufschluss. 

Wenn wir heute über eine Strategie für die schleswig-holsteinische Ostküste sprechen, dann kann dies unserer Ansicht nur auf der Grundlage des bestehenden Fachplanes geschehen. Wir wissen welche Schäden die Sturmflut zu Beginn des Jahres an den Küstenregionen angerichtet hat. Damit stellen wir fest, dass der Fachplan für diese Bereiche eindeutig Lücken aufweist. Was wiederum bedeutet, dass der Fachplan eine Überarbeitung benötigt. Auch er muss dem technischen Stand angepasst werden, unter Beachtung der sich ändernden Herausforderungen. Das gilt es unverzüglich anzugehen wenn wir über eine Strategie reden. 
Jede Fachplanung ist aber nur so gut wie seine Umsetzung. Das heißt, dann müssen die im Fachplan vorgeschlagenen Maßnahmen auch entsprechend umgesetzt werden. Hier darf es dann keine Verzögerungen oder Ausreden geben. Wie gesagt, der Küstenschutz hat bei uns in Schleswig-Holstein Vorrang vor anderen Nutzungen und Interessen und das müssen wir uns dann auch immer wieder bewusst machen. In der Konsequenz heißt das dann, das touristische oder naturschutzfachliche Interessen dem Küstenschutz nachzuordnen sind. Nur so können wir langfristig einen Küstenschutz gewährleisten, der uns – und speziell die betroffenen Kommunen an der Ostküste – nicht alle naselang vor das Problem so heftiger Strumflutschäden stellt. Mir ist durchaus bewusst, dass dies Konfliktpotential beinhaltet, denn die Nutzungsansprüche an die gesamte Küsten- und Meeresregion wird weiter zunehmen – Küstenschutz, Offshore-Windparks, Fischerei, Naturschutz oder Tourismus – all dies beinhaltet Konfliktpotentiale, wenn sich die verschiedenen Interessen zeitlich und räumlich überschneiden. 
Klar ist, dass wir nicht jedes Jahr einen Sonderfonds auf die Beine stellen können, um Sturmschäden zu beheben. Wir als SSW stehen aber zu unserer Forderung, dass den betroffenen Kommunen wieder schnell geholfen werden muss. Dafür muss das Land Gelder zur Verfügung stellen, die dann nach einem entsprechenden Modus – vergleichbar mit dem von 2017 – an die betroffenen Kommunen verteilt werden. Daher begrüßen wir, dass das Land den betroffenen Kommunen jetzt eine Million Euro zugesichert hat, damit zumindest die gröbsten Schäden schnell beseitigt werden können. Ob das Geld reicht, bleibt abzuwarten.
Das ist die kurzfristige Lösung. Langfristig müssen wir neu denken und nachhaltige Maßnahmen auf den Weg bringen. Der Fachplan Ostküste muss daher angepasst werden und vor allem muss er dann auch umgesetzt werden. Das ist die einzige Strategie die wirklich etwas bringt und nachhaltig ist.

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