Rede · Christian Dirschauer · 27.02.2025 Die Hospize arbeiten an der Grenze der Selbstausbeutung

„Der Hospiz- und Palliativverband Schleswig-Holstein sucht aktuell auf seiner Internetseite 14 Fachleute, darunter Pflegedienstleitungen und Koordinierungsfachkräfte. Beratungs- und Unterstützungsleistungen können sehr oft nicht angeboten werden, weil schlichtweg das Personal fehlt. Die Unterstützung der Ehrenamtlichen leidet. Dieser Bedarf ist bekannt, aber die Fachkräfte fehlen.“

Christian Dirschauer zu TOP 26 - Kinderhospizarbeit in Schleswig-Holstein (Drs. 20/2945)

Die Hospize leisten gute Arbeit; vielfach auf einer breiten ehrenamtlichen Grundlage. Wegen ihrer zentralen Aufgabe und der ehrenamtlichen Grundlage ist es besonders wichtig, dass die Mittel optimal eingesetzt werden. Was brauchen die Familien, die Patientinnen und Patienten und die Ehrenämtler? Das ist abhängig vom Einzelfall. Manche Eltern wünschen eine verlässliche Entlastung, um sich um die anderen Kinder kümmern zu können, andere wollen konkrete Teilhabemöglichkeiten im Alltag durch Beistand und finanzielle Sicherheit. Wieder andere suchen vor allem nach Tipps für eine gute Pflege, weil sie wissen, dass sie sonst die schwere Zeit, die sich über Jahre erstrecken kann, nicht durchhalten können.

Kein Fall gleicht also dem anderen und das gilt auch für die Bedürfnisse. In einem System, in dem nach Diagnosepunkten und Fallpauschalen abgerechnet wird, erscheint das als eine Unmöglichkeit. Das darf aber nicht sein. Darum ist es gut, dass wir heute darüber reden, wie man eine möglichst weitreichende und bedürfnisorientierte Unterstützung organisieren könnte. Eines ist nämlich klar: wir dürfen uns nicht mit der Bedarfsanalyse aufhalten, sondern müssen umgehend ins Tun kommen. Das bedeutet. Klare Regelungen und ein verlässliches Finanzkonzept.

Eine Studie der Berliner Humboldt-Universität hat nämlich bereits 2023 eine Studie zur Bedarfsermittlung vorgestellt, in der über fast drei Jahre die Bedürfnisse von Familien mit schwerst- und lebensverkürzt erkrankten Kindern und Jugendlichen beleuchtet wurden. Wir haben also kein Wissensdefizit. Wir haben ein Handlungsdefizit und ein Vollzugsdefizit. Die Hospize in Flensburg, Niebüll und Gettorf, um nur drei der zwölf Hospize im Land zu nennen, arbeiten bereits bedürfnisgerecht; das aber teilweise hart an der Grenze der Selbstausbeutung. Entsprechende Pflegekräfte sind nämlich rar. Der Hospiz- und Palliativverband Schleswig-Holstein sucht aktuell auf seiner Internetseite 14 Fachleute, darunter Pflegedienstleitungen und Koordinierungsfachkräfte. Beratungs- und Unterstützungsleistungen können sehr oft nicht angeboten werden, weil schlichtweg das Personal fehlt. Die Unterstützung der Ehrenamtlichen leidet. Dieser Bedarf ist bekannt, aber die Fachkräfte fehlen.

Darüber hinaus ist seit Jahren bekannt, das wohnortnahe Betreuungsangebote fehlen, um betroffenen Familien lange Anfahrtswege zu ersparen. Entlastung und Teilhabe können sonst nicht funktionieren. Wünschenswert wären dezentrale Angebote bis in die Stadtteile hinein. Das wird aber wohl Zukunftsmusik bleiben; wie auch die flächendeckende Verzahnung der ambulanten Angebote mit der stationären Arbeit. Die Förderung von teilstationären Hospizangeboten ist Teil des Koalitionsvertrags. Wann kommen aber die ersten teilstationären Konzepte für Kinder und Jugendliche?

Derzeit müssen viele Eltern nach der niederschmetternden Diagnose erst einmal das passende Hospiz finden, das dann noch einen Platz frei hat. Ein zentral gelegenes, stationären Hospiz für Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein mit mindestens acht Betten würde diesen Suchprozess verkürzen, die bisherigen Hospize entlasten und die Planungen vereinfachen. Was wir haben, ist eine Übergangslösung: seit rund fünf Jahren werden zur punktuellen und zeitweisen Entlastung für Schleswig-Holstein zwei stationäre Kinderhospizplätze in einem gesondert ausgewiesenen Bereich des stationären Erwachsenen-Hospiz im Wohld/Gettorf zur mehrwöchigen entlastenden Versorgung angeboten. Dieses Angebot ist aber nicht für alle Familien geeignet. Nur in einem Kinderhospiz können die betroffenen Kinder angemessen betreut werden.

Ich habe hier drei Bedarfe genannt: ein zentrales zusätzliches Haus, die Förderung der Fachkräfte und eine verlässliche Finanzierung. Das ist unbedingt nötig, um die qualitativ gute Kinder- und Jugendlichen-Hospizarbeit im Land fortführen zu können.

 

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