Rede · Jette Waldinger-Thiering · 23.09.2021 Digitaler Bürgerservice ist kein Luxus

„Digitalisierung der Verwaltung, heißt für uns als SSW in erster Linie, das Serviceangebot für Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen, ja zu verbessern – Stichwort: Digitaler Bürgerservice.“

Jette Waldinger-Thiering  zu TOP 12 - Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Digitalisierung und Bereitstellung von offenen Daten und zur Ermöglichung des Einsatzes von datengetriebenen Informationstechnologien in der Verwaltung (Digitalisierungsgesetz) (Drs. 19/3267)

Es war schon recht ernüchternd zu lesen, dass Deutschland bei der Nutzung von E-Government-Diensten auf Platz 26 im EU-weiten Vergleich steht. Dass Deutschland hierbei nicht die führenden Plätze belegt, war uns durchaus bewusst, aber dass es so schlecht steht, auch wiederum nicht. Im Hinblick auf die Digitalisierung hat die Corona-Pandemie vieles bei uns im Land aufgedeckt. Großes Erstaunen hat bei mir seinerzeit hervorgerufen, dass gerade unsere Gesundheitsämter den Kampf gegen die Pandemie noch analog und per Fax aufnehmen mussten. 
Auch der Lockdown hat die Verwaltung vor große Herausforderungen gestellt, weil von heute auf morgen Homeofficeplätze eingerichtet werden mussten und entsprechende Anschaffungen und Vorkehrungen getroffen werden mussten. Wir waren in Teilen nicht gut vorbereitet, gleichwohl sind unsere Systeme nicht zusammengebrochen und die Verwaltung durchgehend arbeitsfähig. 
Trotzdem ist es jetzt richtig und für die Zukunft unabdingbar, dass wir das Thema Digitalisierung in der Verwaltung jetzt verstärkt angehen. Gleichwohl fangen wir auch nicht bei Null an. Aber wir brauchen rechtliche Rahmenbedingungen, um langfristig Verwaltungsleistungen und Informationen digital vorzuhalten und elektronisch zur Verfügung zu stellen. 
Digitalisierung der Verwaltung, heißt für uns als SSW in erster Linie, das Serviceangebot für Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen, ja zu verbessern – Stichwort: Digitaler Bürgerservice. 
Um dieses Ziel umfänglich zu erreichen und um die Verwaltung noch weiter in die digitale Welt zu führen, bedarf es rechtlicher Anpassungen. Dem will die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gerecht werden. Es geht vom Landesverwaltungsgesetz, über das E-Government-Gesetz bis hin zum Landesfischereigesetz, um nur einige zu nennen.
Wie gesagt, es geht um modernen Bürgerservice in der digitalen Welt. Es geht aber auch darum - und das liegt mir besonders am Herzen – um die damit einhergehenden Möglichkeiten, die Mitarbeitenden der Verwaltung zu entlasten und sie zu unterstützen, durch den Einsatz automatisierter Verfahren. Dies ist einer der drei Eckpfeiler des Gesetzentwurfs.
Eine weitere Säule des Entwurfs ist der Umgang mit Open-Data – der Offenen Daten. Die Erläuterungen im Gesetzentwurf zum Offenen-Daten-Gesetz hat mich doch ein wenig verschreckt. Das mag damit zusammenhängen, dass die Betrachtungsweise und der beschriebene Umgang mit Offenen Daten, im Zusammenhang mit Verwaltungsdaten, auch für mich neu ist. Natürlich wissen wir, dass Daten ein enormes wirtschaftliches Kapital darstellen. Nicht umsonst werden Daten erhoben, ge- und verkauft. Das ist klar, aber das habe ich ehrlicherweise immer auf multinationale Unternehmen bezogen. Doch die progressive Darstellung dessen, wie mit Offenen Daten umgegangen werden soll, gerade in Bezug auf Wirtschaftsunternehmen, machen für mich deutlich, dass wir hier sehr vorsichtig und sorgsam vorgehen müssen. Auch wenn es sich im eigentlichen Sinne nicht um sensible Daten handelt, bin ich doch sehr gespannt, wie das ULD diesen Eckpfeiler der Digitalisierung bewertet. Oder auch anders gesagt, das Open-Data-Portal darf ausschließlich Nutzen erbringen, aber Risiken müssen ausgeschlossen sein. Verwaltung ist kein multinationales Unternehmen und daher sind die Anforderungen an Datenschutz und -sicherheit aus meiner Sicht höher zu bewerten. Hier sind wir als Gesetzgeber in der Pflicht uns politisch damit auseinander zu setzen, wie weit wir mit dem rechtlichen Rahmen gehen wollen, was wir zulassen wollen und was wir eben auch nicht zulassen wollen. 
Genau diese Aspekte müssen wir uns auch im Zusammenhang mit dem dritten Eckpfeiler machen. Wenn es um den Einsatz datengetriebener Informationstechnologien geht. Hier reden wir über Künstliche Intelligenz, also über vollautomatisierte und selbstlernende Algorithmen. Aus dem Gesetzentwurf geht hervor, dass darin große Einsatzmöglichkeiten auch für die Verwaltung bestehen. Aber gleichzeitig wird deutlich auf die Risiken hingewiesen. Es sind Risiken die wir nicht mit einem Federstrich abtun dürfen. Daher liegt wohl noch ein weiter Weg vor uns, vor dem Einsatz von KI in der Verwaltung. Aber, wir werden zum Gesetzentwurf eine umfassende Beratung bekommen und ich plädiere schon jetzt auf sowohl mündliche als auch schriftliche Anhörung. 
 

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