Rede · Flemming Meyer · 21.06.2013 Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr die Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit in Deutschland mitunter variiert. Seit das Ehegattensplitting vor mehr als 50 Jahren eingeführt wurde hat sich das gängige Familienbild, zumindest in meinen Augen, doch recht stark verändert. Der Mann als versorgender Alleinverdiener und die Frau, die sich um Haushalt und Kinder kümmert, entsprechen schon seit vielen Jahren nicht mehr der Norm. Doch statt diese Entwicklung anzuerkennen, wird sie von vielen strikt ignoriert.

Beim Thema Gleichbehandlung von homo- und heterosexuellen Beziehungen wird die reaktionäre Haltung mancher Politiker in Bund und Ländern besonders deutlich. In den Reihen der CSU lassen sich beispielsweise zum Adoptionsrecht die abstrusesten Theorien finden. So hat Norbert Geis jüngst wieder darauf hingewiesen, dass es „in der Natur vorgesehen sei, das es für das Kind am besten ist, wenn es bei Vater und Mutter aufwächst“. Es gebe nun einmal keine Belege dafür, dass Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, eine ebenso gute Kindheit hätten. In den Augen des SSW sind solche Behauptungen schlicht und einfach überholt.
Für uns ist nicht erst mit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Homo-Ehe klar, dass wir endlich eine völlige Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften brauchen. Um es ganz deutlich zu sagen: Uns geht es um das Ende der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare - und nicht etwa darum, den Wertegehalt der Ehe infrage zu stellen. Ich habe in der letzten Debatte zum Thema darauf hingewiesen und wiederhole mich da gerne: Immer mehr Menschen gleichen Geschlechts verbinden sich zu einer festen Partnerschaft und schließen den Bund der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie fordern dabei nicht nur die gleichen Rechte, sondern sie übernehmen auch die gleichen Pflichten wie zweigeschlechtliche Paare. Daraus folgt für mich der berechtigte Anspruch auf Gleichstellung in allen Lebensbereichen.

Es freut mich ungemein, dass mit dem aktuellen Urteil aus Karlsruhe wohl nun auch die Ewiggestrigen die steuerliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften nicht mehr aufhalten können. Der SSW hat diese Gleichstellung im Steuerrecht seit vielen Jahren gefordert. Doch auch, wenn hierdurch die Diskriminierung der in einer verbindlichen Partnerschaft lebenden Lesben und Schwulen in einem Bereich beendet wird, hoffe ich sehr, dass es nicht nur bei diesem einen Schritt bleibt. Die Bundesregierung täte jedenfalls gut daran, wenn sie die verschiedenen verfassungsrechtlichen Urteile zu diesem Thema endlich ernst nimmt und entsprechend handelt, anstatt den Kopf weiter in den Sand zu stecken.

Ich habe die Gleichstellung im Adoptionsrecht schon angesprochen. Auch wenn es müßig ist, über die Vor- und Nachteile für Kinder durch das Aufwachsen in einer zwei- bzw. gleichgeschlechtlichen Ehe zu streiten, ist doch eins klar: Das Kindeswohl muss bei der Entscheidung darüber, wer unter welchen Bedingungen Kinder adoptieren darf, maßgeblich sein. Für den SSW kann ich hier nur sagen, dass wir nicht den leisesten Zweifel daran haben, dass homosexuelle Paare ihre Kinder ebenso fürsorglich und liebevoll erziehen, wie heterosexuelle . Wir meinen, dass es auch bei diesem Thema höchste Zeit ist, die Schlechterstellung homosexueller Paare zu beenden.
Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass es in diesem Land noch einige Zeit dauern wird, bis wirklich alle Bürger die gleichen Rechte bekommen. Dass nun zumindest das Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften Anwendung findet, sehen wir als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung in allen Lebensbereichen. Ich will aber auf einen sehr wichtigen Punkt hinweisen: Auch wenn wir diese Entscheidung grundsätzlich begrüßen, ändert sie nichts an dem Grundproblem des Ehegattensplittings. Wir alle wissen, dass hiervon im Grunde nur mittel- und besserverdienende Paare stark profitieren. Ihr Vorteil ist umso größer, wenn einer nicht erwerbstätig oder nur geringfügig beschäftigt ist. Ob und wenn ja wie viele Kinder ein Paar hat, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Dass diese steuerliche Entlastung von Eheleuten von vielen auch noch als „familienpolitische Leistung“ deklariert wird, finde ich äußerst fragwürdig.

Aus diesen Gründen hat der SSW immer die Position vertreten, dass das Ehegattensplitting familienfeindlich ist und Frauen vom Arbeitsmarkt ausgrenzt. Doch so lange diese steuerrechtliche Maßnahme in Kraft ist, sollen selbstverständlich auch eingetragene Lebenspartnerschaften davon profitieren können. Dann hat das Ehegattensplitting zumindest den sinnvollen Effekt, dass homosexuelle Paare gleichgestellt werden.

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