Rede · Flemming Meyer · 17.06.2010 Entwicklung und Stand der Kulturwirtschaft in S.-H.

Im Namen des SSW bedanke ich mich für den vorgelegten Bericht der Landesregierung, der ja eigentlich einmal pro Legislaturperiode erstellt werden sollte. In der letzten Wahlperiode geschah aber erst einmal gar nichts, was im aktuellen Bericht damit erklärt wird, dass sich die Kulturminister der Länder mit dem Bund auf eine neue – bundesweit einheitliche – Statistik verständigen wollten. Dieser Prozess hat denn also so lange gedauert, dass man mit der Vorlage eines aktualisierten Wirtschaftsberichts nicht weiter kam. Gleichwohl sei mir der Einwand erlaubt, wäre es wünschenswert gewesen, wenn das Parlament – sprich: der Bildungs- und Kulturausschuss darüber irgendwann auch informiert worden wäre.

Der vorliegende Bericht besteht vor diesem Hintergrund daher größtenteils aus einer Übersicht über diese neuen Statistik-Kriterien. Der letzte Teil befasst sich damit, wie diese Merkmale auf Schleswig-Holstein bezogen aussehen. Wir erfahren somit, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft einen Anteil von 5,7% an der Gesamtwirtschaft in Schleswig-Holstein einnimmt. Wir haben es mit Klein- und Kleinstunternehmen zu tun, die sich auf unterschiedliche Spaten verteilen.
Wie zu Recht hervorgehoben wird, gibt es Potentiale, die noch nicht ausgenutzt sind, und es gibt Probleme, die weniger mit dem Kulturbereich an sich, sondern mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun haben. Es gibt Förderdefizite, die unbedingt im Ausschuss hinterfragt werden sollten. – Nicht zuletzt die Feststellung, dass Kleinstunternehmen und Freiberuflern insbesondere durch persönliche, individuelle Beratungsgespräche geholfen werden kann. Damit einher geht die übergeordnete Frage, ob das im Bericht angeführte Beratungsinstrumentarium auch für die Kulturwirtschaft zielführend ist.

Diese vielen, eher technischen Problemstellungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch weitere Baustellen gibt, wenn es darum geht, Kultur auch als wirtschaftliche Einnahmequelle zu betrachten. Denn es ist natürlich nicht möglich, Kulturwirtschaft unabhängig von den aktuellen Rahmenbedingungen im Kulturbetrieb zu betrachten. Die von der Landesregierung vorgeschlagenen Einsparungen im Kulturbereich machen mit anderen Worten vieles von dem zunichte, was im Bericht als ausbaufähig angeführt wird. Dazu nur ein Beispiel: Gemeinsam mit den Unternehmensverbänden Hamburg und Schleswig-Holstein soll im Nordkolleg in Rendsburg ein Kompetenz-Zentrum mit dem Schwerpunkt Kulturwirtschaft entstehen, ist nachzulesen.
Meine Frage lautet aber schlicht und ergreifend, wie dies mit der Ankündigung zusammenpasst, dass die Weiterbildungseinrichtungen des Landes im nächsten Doppelhaushalt auch deutliche gekürzt werden sollen? Oder liegen schon konkrete Zusagen der Wirtschaft vor, alles zu übernehmen?
Und noch eine Frage möchte ich loswerden: Wie passen eigentlich die Aussagen zum Kulturtourismus mit den Ankündigungen zusammen, dass die TASH abgewickelt werden soll, wo doch gerade der TASH in diesem Bereich eine wichtige koordinierende Rolle zugedacht ist?

Unterm Strich bleibt also die Feststellung, dass Kulturwirtschaft und Kulturpolitik zusammenhängen. Und schon bei der letzten Kulturdebatte im März hier im Landtag ist deutlich geworden, dass die Landesregierung in Sachen Kulturpolitik nichts zu bieten hat. Die niedrigen Ausgaben für Kultur haben sich seit Jahren auf unterem Niveau stabilisiert, so dass Schleswig-Holstein mittlerweile mit seinen Kulturausgaben pro Kopf bundesweit vor dem Saarland auf dem vorletzten Platz steht. Weitere Kürzungen kommen. Für dieses Jahr sind 10% weniger bei den Kulturausgaben vorgesehen, 2011 und 2012 dann jeweils 15%. Das sind 40% der Förderung, die in drei Jahren wegfallen soll! Und als wenn dies nicht genug wäre, schlägt die Landesregierung auch noch vor, die Zuweisungen für JazzBaltica und den Schleswig-Holstein Tag zu streichen und die Zuschüsse für das Schleswig-Holsteinische Musik-Festival zu kürzen. Angesichts der aktuellen Kulturpolitik ist also völlig unklar, in welche Richtung es gehen soll oder welche Perspektiven und Pläne es gibt. Von einem Kulturentwicklungsplan mag man derzeit nur noch träumen.

Daher sage ich: Spardebatten hin oder her. Die Weiterentwicklung von Kultur hat gerade in Zeiten finanzieller Not eine hohe Bedeutung. Wir können nicht alles nur kaputt sparen, sondern müssen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass es wieder nach oben geht. Dass sich Kreativität und Ökonomie gegenseitig bereichern, ist dabei keine neue Erkenntnis. Auch der vorgelegte Kulturwirtschaftsbericht macht noch einmal deutlich, welche finanzielle Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft zukommt und dass die hier vorhandenen Chancen besser genutzt werden sollten. Große Einsparungen in der Kultur sind nicht möglich, aber es kann viel kaputt gemacht werden. Der vorliegende Bericht gibt schon mal erste Anhaltspunkte.

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