Rede · Flemming Meyer · 17.11.2010 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

Wir haben wiederholt deutlich gemacht, wie skeptisch wir einer Aufnahme immer neuer Staatszielbestimmungen in die Landesverfassung gegenüberstehen. Doch in diesem konkreten Fall, in dem es um ein wichtiges Anliegen einer Volksinitiative geht, haben wir keinen Zweifel. Die Aufnahme von Kinderrechten in unsere Verfassung ist ganz einfach überfällig. Zeigt doch die Praxis leider immer wieder, dass sich Kinder und Jugendliche nicht effektiv gegen die Verletzung ihrer Rechte wehren und diese einklagen können. Die im vorliegenden Gesetzentwurf unter dem Abschnitt 3 enthaltene Formulierung stellt nun klar, dass Kinder selbstverständlich Träger von Rechten sind. Dies ist ein Fortschritt und wird von uns begrüßt.

Dabei muss ich aber auch gestehen, dass wir uns bei diesem sehr wichtigen Anliegen durchaus die ein oder andere konkretere Formulierung gewünscht hätten. Dies gilt besonders für den Schutz vor Kinderarmut, für den der Staat Sorge tragen muss, wenn die Eltern hierzu nicht in der Lage sind. Und das auch, wenn es dabei in erster Linie nur um die symbolische Wirkung gegangen wäre, die wir mit einer solchen Formulierung als Verfassungsauftrag erreicht hätten. Uns allen muss natürlich klar sein, dass eine Konkretisierung von Kinderrechten nur durch eine Änderung der Landesverfassung noch lange nicht alle bestehenden Probleme löst. Gesetze sind nur so gut, wie sie gelebt werden. Allein die Tatsache, dass sich Gerichte in ihrer Rechtsprechung auf diese Rechte in der Verfassung berufen, wird kaum zu großen Veränderungen in der Praxis führen. Diese Änderung der Verfassung ist nach Meinung des SSW aber trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung, und sie ist daher auch zu begrüßen.

Doch nicht nur der Inhalt des nun vorliegenden Artikels 6a lässt beim SSW Wünsche offen: Vor allem der Weg der Entscheidungsfindung stimmt uns sehr bedenklich. Denn es ist viel zu viel Zeit vergangen, bis sich der Großteil der Fraktionen zu einer Einigung in dieser wichtigen Sache durchringen konnte. Trotz der grundlegenden Bereitschaft vieler Fraktionen, einen Konsens herbeizuführen, wurden die Verhandlungen aus wenig ersichtlichen Gründen immer wieder verzögert. Dies finden wir sehr bedauerlich, denn für die Bürgerinnen und Bürger, und nicht zuletzt für die Kinder im Land, konnte so leicht der Eindruck entstehen, dass man die Stärkung der Kinderrechte dann doch nicht für so wichtig hält, wie sie tatsächlich ist.

Über die Verankerung in der Verfassung hinaus müssen wir natürlich auch in Zukunft klare Ziele zur konkreten Umsetzung von Kinderrechten und zur Verminderung von Armutsrisiken formulieren und auch mit Nachdruck verfolgen. Denn Kinderrechte sind mehr als der Schutz vor Gewalt und Vernachlässigung. Sie betreffen auch die Förderung und die Teilhabe der Kleinsten. Deshalb muss in der konkreten Umsetzung natürlich auch die Mitsprache der Kinder bei politischen Fragen, die ihren Alltag betreffen, eine wesentliche Rolle spielen. Der SSW hat schon häufiger davor gewarnt, dass Schleswig-Holstein seine Vorbildfunktion bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf den verschiedenen politischen Ebenen verliert. Und weil gerade dies durch die vorgeschlagene Änderung der Gemeindeordnung zu befürchten ist, muss ich mich für den SSW klar und eindeutig gegen einen solchen Vorschlag aussprechen.

Gerade weil es uns leider in vielen Fällen nicht einmal gelingt, die grundlegendsten Rechte der Kinder im Land zu gewährleisten, müssen dieser Verfassungsänderung dringend konkrete Handlungen folgen. Dabei muss die Teilhabe der kleinsten in unserer Gesellschaft ein ebenso wesentliches Gebot sein, wie die stärkere Berücksichtigung des sozialen Existenzminimums. Sonst bleibt die Zustimmung zur vorliegenden Änderung nur ein rein symbolischer Akt, ohne konkrete Verbesserungen für die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.

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