Rede · Lars Harms · 14.12.2017 Es geht uns um die Menschen, die buchstäblich jeden Cent benötigen

Lars Harms zu TOP 15 - Tarifliche Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohnes

„Am 01. Januar steigen die Löhne im öffentlichen Dienst und darum muss auch der Mindestlohn steigen. Wer sich dem verweigert oder das Ganze auf die lange Bank schiebt, der zeigt dadurch, dass er Lohngerechtigkeit nicht will.“

Schon im Juni haben wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tariftreuegesetzes eingebracht, der sichern soll, dass bei einer Ausschreibung das bestehende Personal übernommen werden muss. Für jeden normal denkenden Menschen sollte das eine Selbstverständlichkeit sein; zumindest aber für jeden sozial verantwortlich denkenden Menschen. Bisher ist trotz abgeschlossener Anhörung nichts geschehen, weil man sich wohl nicht in der Koalition einigen kann. Das heißt aber auch, dass der unsichere Zustand, den wir jetzt haben, dann einfach bestehen bleibt. Sehr zum Schaden der jeweiligen Mitarbeiter, die dann bei einer Ausschreibung ihren Job verlieren könnten.

Ich sage das vor dem Hintergrund, dass eine solche Verschieberei von Entscheidungen nicht akzeptabel ist und auch keine Lösung des Problems darstellt. Deswegen erwarte ich heute, dass wir zumindest bei einer Entscheidung, die recht schnell getroffen werden kann, jetzt auch schnell handeln.

Im Tariftreuegesetz haben wir festgelegt, dass bei einer Ausschreibung mindestens der Lohn gezahlt werden soll, der auch in der geringsten Einstufung im öffentlichen Dienst zu zahlen ist. Das sind keine Reichtümer, sondern es ist eher eine Mindestabsicherung der betroffenen Mitarbeiter. Und es ist vor allem ein sicherer Schutz davor, dass in bestimmten Bereichen Aufgaben nur deshalb vergeben werden, weil man dadurch die eigenen Tarife des öffentlichen Dienstes aushebeln kann. Es kann nicht sein, dass man eine Tarifeinigung von Seiten der Länder mit den Gewerkschaften hinbekommt und dann sich durch die Hintertür einen schlanken Fuß macht und die Aufgaben zu Billiglöhnen nach Außen vergibt. Deshalb gibt es den vergaberechtlichen Mindestlohn und das ist gut so!

In diesem Jahr hatte die Küstenkoalition eine Mindestlohnanpassung an die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst durchgeführt. Er liegt jetzt bei 9,99 Euro. Ab dem 1. Januar 2018 steigen die Tarifentlohnungen nun wieder um 2,35 %, was bedeutet, dass der Mindestlohn auf 10,22 Euro steigen müsste. Im Gesetz haben wir hierfür eine Verordnungsermächtigung. Da bisher nichts geschehen ist, haben wir nun unseren Antrag gestellt, von dieser Ermächtigung auch für 2018 Gebrauch zu machen, um staatlichem Lohndumping einen Riegel vorzuschieben.

Wir haben den bundesweiten Mindestlohn von 8,84 und auch weitere branchenbezogene Mindestlöhne zwischen 9,10 und 10 Euro, die allesamt unterhalb des zu erhöhenden vergaberechtlichen Mindestlohnes liegen. Die Gefahr ist also da! Wir reden über einfache Tätigkeiten, über Leiharbeiter, über Beschäftigte in der Abfallwirtschaft, über Menschen, die im Gartenbau ihr Geld verdienen, oder auch über die Menschen, die uns unsere Büros reinigen. Und wir reden über aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer. Das Problem ist also ganz real und ganz greifbar, meine Damen und Herren.

Und es geht hier eben nicht um die Großverdiener, sondern um die Menschen, die wirklich buchstäblich jeden Cent benötigen. Egal, ob es unsere eigenen Beschäftigten in der untersten Lohngruppe sind oder ob wir eben über Menschen reden, die in Firmen beschäftigt sind, die für uns arbeiten. Ich finde, gerade für diese Menschen mit vergleichsweise wenig Einkommen haben wir eine besondere Verantwortung. Und, meine Damen und Herren, von der Anzahl her, sind dies sicherlich nicht die meisten Beschäftigten. Weder bei uns als Land, noch in den einzelnen Kommunen. Deshalb können wir es uns alle leisten, hier für Gerechtigkeit zu sorgen. Und trotzdem, zählen wir alle zusammen, dann helfen wir vielen!

Wir haben derzeit in Schleswig-Holstein den höchsten vergaberechtlichen Mindestlohn. Ich finde, das kann uns durchaus stolz machen. Aber dabei dürfen wir nicht stehen bleiben. Gerechtigkeit und Fairness dürfen auch bei einem Regierungswechsel nicht unter den Tisch fallen. Deshalb muss der vergaberechtliche Mindestlohn erhöht werden. Das sollte eine Selbstverständlichkeit den Betroffenen gegenüber sein. Und deshalb darf die Entscheidung auch nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wer faire Löhne und gute Arbeit will, der kann sich auch heute schon entscheiden. Am 01. Januar steigen die Löhne im öffentlichen Dienst und darum muss auch der Mindestlohn steigen. Wer sich dem verweigert oder wieder mal das Ganze auf die lange Bank schiebt, der zeigt dadurch, dass er Lohngerechtigkeit nicht will. 

Wir beantragen Abstimmung in der Sache.

Weitere Artikel

Rede · Lars Harms · 22.03.2024 Die Landesentwicklungsstrategie war gelebte Bürgerbeteiligung

„Die Jamaika-Regierung hat die Landesentwicklungsstrategie öffentlich zu Grabe getragen, während sie noch die Früchte unserer Arbeit einsammelte.“ 

Weiterlesen

Rede · Lars Harms · 22.03.2024 Es muss auch um Integration gehen

„Bei der Sammlung von Kompetenzen, der Zentralisierung von Zuständigkeiten und der möglichen Umstrukturierung unserer Behörden darf es nicht nur um Ausreisen gehen. Es muss auch um Integration gehen, um Sprachkurse, um Spurwechsel, um Chancen, um Vermittlung in Ausbildung und Arbeit und um Anerkennung.“

Weiterlesen

Rede · Lars Harms · 21.03.2024 Plünderung des Versorgungsfonds ist mit uns nicht zu machen!

„Der Versorgungsfonds ist kein Sparschwein, sondern sichert die Pensionen der Zukunft. Es geht hier um nachhaltige Finanzpolitik – auch in diesem Bereich. Vorsorge für die Zukunft in wenigen Jahren für das Stopfen von Haushaltslöchern zu verfrühstücken, ist nicht nachhaltig!“

Weiterlesen