Rede · 20.06.2002 Europarechtliche Vorschriften

Bei den Änderungen zum Landesnaturschutzgesetz ist zu begrüßen, dass einige Zuständigkeiten von der oberen Ebene auf die untere Naturschutzbehörde delegiert werden. Schon die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Weg nach Kiel nicht immer der kürzeste ist und dass man vor Ort über wesentlich bessere Ortskenntnisse verfügt und so auch sachgerechter handeln kann. Diesen Tatsachen trägt die Landesregierung nun Rechnung.
Auch die Formulierung, dass bei Maßnahmen des Naturschutzes die besondere Bedeutung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft berücksichtigt werden soll, sehen wir positiv. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dieser Passus soll mehr beruhigen, als dass er zum Ausgleich mit den Interessen der betroffenen Wirtschaftszweige beiträgt. Denn der § 7 des Landesnaturschutzgesetzes soll Änderungen unterzogen werden, die erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben könnten. Ob man das wirklich will, stelle ich aufgrund der derzeitigen Situation der Landwirtschaft in Frage.

Zu den ausgleichspflichtigen Eingriffen in die Natur und Landschaft sollen nun auch Projekte zur Verwendung von Ödland oder naturnahen Flächen zu intensiver Landwirtschaftsnutzung zählen. Das heißt, die Entwicklungsmöglichkeiten von landwirtschaftlichen Betrieben werden weiter eingeschränkt. Landwirtschaftliche Betriebe können aber nicht ohne weiteres ihren Standort verlassen, um sich weniger konfliktträchtige Standorte zu suchen. Somit werden hier bestimmte landwirtschaftliche Betriebe schwer benachteiligt und durch Ausgleichszahlungen belastet. Ich glaube, wir können das Ziel, mehr naturnahe Flächen zu schaffen, auch anders erreichen, indem wir weiterhin auf Vertragsnaturschutz und auf den Ankauf von Flächen setzen.
Dass die gute fachliche Praxis nun Grundlage sein soll, damit eine land-, forst oder fischereiwirtschaftliche Nutzung nicht als Eingriff in die Natur angesehen wird, ist folgerichtig. Natürlich muss man sich bei der Nutzung an die gute fachliche Praxis halten. Diese Bedingung ist für alle gleich. Da aber die gute fachliche Praxis erst in den letzten Jahren eine Rolle spielte, wäre es wichtig zu wissen, welche konkreten Auswirkungen es haben wird, wenn wir die Nutzungen an der guten fachlichen Praxis orientieren. Es geht mir nicht darum, die Nutzer von der Erfüllung der guten fachlichen Praxis zu befreien, sondern darum, dass sie die Chance haben müssen, sich darauf einstellen zu können.

Auffällig ist natürlich auch noch, dass Küstenschutzmaßnahmen immer noch als Eingriff in die Natur gelten sollen. Dass wir diese Ansicht nicht teilen, ist allen bekannt. Wir haben ja seinerzeit einen Gesetzentwurf eingebracht, der genau dies ändern sollte. Da dieses Problem immer noch ungelöst ist, hat auch das neue Landesnaturschutzgesetz eine erhebliche Schwäche.
Und wenn wir nun schon beim Küstenschutz sind, muss ich sagen, dass auch das Landeswassergesetz nicht zum Wohl des Küstenschutzes geändert wird. Die Änderungen in § 77 sehen unscheinbar aus, haben aber meiner Meinung nach erhebliche praktischen Auswirkungen in bezug auf den Küstenschutz.
Früher war für die Genehmigungen für Anlagen an der Küste die untere Küstenschutzbehörde verantwortlich. Nun soll es die zuständige Genehmigungsbehörde sein. In den Erläuterungen zu diesem Paragrafen ist leider nicht abschließend erläutert, wer wann in Zukunft zuständig sein wird. Der Vermutung nach dürften dies die Wasserbehörden oder Naturschutzbehörden sein. Auf jeden Fall wird es nicht mehr die Küstenschutzbehörde sein. Im Sinne des Küstenschutzes ist dies in jedem Fall ein Rückschritt.
Dies wird noch deutlicher, wenn man im Paragrafen 77 weiterliest. Eine Genehmigung von Anlagen an der Küste war bisher davon abhängig, ob eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Küstenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit zu erwarten war. Jetzt führt man bei diesen Genehmigungsvorbehalten auch noch den Begriff Naturschutz mit ein. Das hat zur Folge, dass in der Rechtssystematik der Naturschutz die gleichen Rechte erhält, wie der Küstenschutz. Es findet also kein Vorrang für den Küstenschutz mehr statt, wenn es um Lahnungen, Buhnen, Siele, Schleusen, Dämme oder vieles andere geht. Die pragmatischen Lösungen, die bisher gefunden wurden, werden so möglicherweise unmöglich gemacht. Auch das könnte ein Rückschritt sein.
Sie sehen, in bezug auf die Landwirtschaft und auf den Küstenschutz sind noch sehr viele Fragen offen, so dass ich schon jetzt vorschlage, eine Anhörung durchzuführen, um die Fragen klären zu können.

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