Rede · Flemming Meyer · 20.11.2013 Freie Berufe in Schleswig-Holstein

Was haben ein Clown und ein Rechtsanwalt gemeinsam? Beide üben einen so genannten Freien Beruf aus: damit hören die Gemeinsamkeiten des Künstlers mit dem Juristen aber auch schon auf. Ausbildung, Berufsbild und Einkommen unterschieden sich innerhalb des Oberbegriffs der Freien Berufe erheblich. Wie sinnvoll ist also die Zusammenfassung der Berufe unter dem Stichwort „Freie Berufe“? Diese Frage hätte sich die fragestellende Fraktion durchaus stellen können; Vieles droht sonst ohne Differenzierung im Allgemeinen zu bleiben. Das gilt besonders angesichts der mageren Statistiklage. Dankenswerterweise hat der Wirtschaftsminister die Freien Berufe in seiner Antwort weiter differenziert. Die Situation ist nämlich durchaus unterschiedlich. Darum sollten die verschiedenen Berufe auch nicht über einen Kamm geschoren werden. Die Situation von Ärztinnen und Ärzten ist eben eine andere als die von Wirtschaftsprüfern oder Journalistinnen. Wir sollten genau hinsehen und dann entscheiden, welche Lösungen für welche Probleme tatsächlich angemessen sind.
Bevor wir aber über Probleme sprechen, sollten wir über die Leistungen der Freien Berufe sprechen. Freie Berufe bilden aus – wenn auch in rückläufiger Tendenz - und sind Arbeitgeber mit meist kleiner Büros, Praxen oder Apotheken. Damit sind sie typisch für die mittelständisch geprägte Wirtschaft Schleswig-Holsteins. Ihre Entwicklung kann damit als ein Lackmus-Test für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung genutzt werden. Die Zahlen, die der Wirtschaftsminister vorgelegt hat, zeigen, wie groß das Vertrauen der Freiberufler in die Zukunft ist. Immer mehr Freiberufler machen sich nämlich selbständig. Die Zahl der selbständigen Freiberufler ist innerhalb von nur vier Jahren sehr gestiegen. In dem Bericht wird eine Steigerung von rund 19% angeführt: von 34.500 im Jahr 2008 auf ca. 41.000 Freiberufler im Jahr 2012. Die Zahlen belegen, dass die Freiberufler nicht durch staatliche Programme zur Selbständigkeit kommen, sondern durch eigenen Antrieb. Die Förderungen seitens des Landes durch das Zukunftsprogramm Arbeit oder im Rahmen der Individualförderung für Gründungswillige im Rahmen des Europäischen Sozialfonds fallen nämlich zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Das Gründungsgeschehen bei den Physiotherapeuten ist ein Spezialfall, weil es in dieser Berufsgruppe zu Fällen von Scheinselbständigkeit kommt. Ehemals festangestellte Therapeuten arbeiten als Subunternehmer in ihrer alten Praxis . Von diesen Einzelfällen abgesehen, belegt das muntere Gründungsgeschehen im Bereich der Freien Berufe eine optimistische Zukunfts-Erwartung. Hier zeigen die Zahlen eine echte Zuversicht der Gründerinnen und Gründer. Das sehe ich als ein gutes Signal.
Das betrifft ausdrücklich auch die Frauen in den Freien Berufen. Deren Anteil ist durchweg gestiegen, in den letzten Jahren erheblich. Für Frauen sind diese Berufe also durchaus attraktiv. Die solide Beratung unter anderem durch Frau und Beruf leisten da ein Übriges.
Eine positive Tendenz zeigt sich auch bei den einzelnen Berufen, wie den Ärzten. Entgegen vieler Diskussionen hat sich die Zahl der Ärztinnen und Ärzte kaum verändert. Von einer Unterversorgung kann also, zumindest zahlenmäßig, derzeit noch nicht die Rede sein. Allerdings ist klar, dass bei dem hohen Durchschnittsalter der derzeitigen Praxisinhaber in den nächsten fünf Jahren von einer Unterversorgung ausgegangen werden muss. Bedenkt man die langen Studienzeiten, ist es jetzt allerhöchste Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Aber genau das passiert ja auch, unter anderem direkt an den medizinischen Fakultäten, die über die Vorteile der ganzheitlichen Arbeit des Hausarztes auf dem Lande informieren. Ein Sonderfall betrifft die Arbeits-bzw. Betriebsmedizin. Hier sollten wir schleunigst überlegen, wie die Qualifizierung sichergestellt werden kann .
Die Zahl der Psychotherapeuten ist kontinuierlich gestiegen; vor allem die der selbständigen Psychotherapeuten, deren Zahl von 442 im Jahr 2005 auf 549 gestiegen ist. Allerdings sollten wir uns in den immer noch enormen Behandlungsstau im Bereich der Psychotherapie an anderer Stelle vertiefen.

Zusammenfassend fallen die Analyse und die vorgelegten Zahlen der Freien Berufe überwiegend positiv aus. Es gibt zwar durchaus Handlungsbedarf, aber im Großen und Ganzen ist sowohl die Entscheidung, einen Freien Beruf in Schleswig-Holstein zu ergreifen als auch dessen Ausübung zu empfehlen.


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