Rede · Flemming Meyer · 11.12.1996 Getrenntgeschlechtliche Unterbringung von Menschen mit Behinderungen

Als wir im August die Widerspruchslösung als Bestandteil der Neuordnung der Vergewaltigungstatbestände debattierten, sprach sich die F.D.P. gegen den Änderungsantrag des SSW aus. Wir hatten uns für eine Angleichung der Strafrahmen der Tatbestände eingesetzt, damit künftig nicht nur die Vergewaltigung Nichtbehinderter, sondern auch die Vergewaltigung Behinderter als Verbrechen eingestuft wird. Die Ungleichbehandlung Behinderter im Strafgesetzbuch halten wir nach wie vor für diskriminierend.

Mit ihrem nun vorliegenden Antrag erkennt die F.D.P. nicht nur an, daß „sexuelle Übergriffe gegen Frauen mit Behinderungen keine Seltenheit sind.“ Das stand so ja auch in der Pressemitteilung der Frauenministerin, in der die Zusammenarbeit mit dem Verein Mixed Pickles für das kommende Jahr angekündigt wurde. Allerdings wurde in dieser Pressemitteilung der Frauenministerin auch festgehalten, daß in jedem Einzelfall genau abgewogen werden müsse, ob eine Unterbringung nur unter Frauen eine sinnvolle Form der Gewaltprävention sei. Diesem Anspruch wird der Antrag der F.D.P. aus unserer Sicht nicht gerecht.
Fest steht für den SSW - wie hoffentlich mittlerweile für alle: sexuelle Gewalt findet behinderten Frauen gegenüber statt. Die Frage, die in diesem Zusammenhang bei ernster Auseinandersetzung mit dem Thema aber nach einer Antwort verlangt, ist die, wo Mißbrauch anfängt, wo er stattfindet und was Mißbrauch eigentlich ist. Ist beispielsweise das Waschen und Duschen von Patienten durch Pfleger des anderen Geschlechts unbedenklich, oder liegt hier bereits eine Grenzsituation vor? Ich bezweifle, daß wir als Parlamentarier die nötige Kompetenz besitzen, um das beurteilen zu können.

Wie kann Frauen mit Behinderung geholfen werden, die sexuell mißbraucht worden sind? Vielleicht ist es im konkreten Fall sinnvoll, daß die Frau die Möglichkeit erhält, entweder vorübergehend oder auf Dauer woanders zu wohnen. Ob eine getrennte Unterbringung in einem solchen Fall immer erstrebenswert ist, muß eine Frage des Einzelfalles bleiben. Wir sollten nicht vergessen, daß lange dafür gekämpft worden ist, die Geschlechtertrennung aufzuheben.

Letztlich wäre dann auch die Frage nach der Finanzierung zu stellen. Will man betroffene Frauen nicht auf Dauer isolieren, sondern ihnen lediglich für einen Zeitraum die Möglichkeit einräumen, in einer reinen Fraueneinrichtung unterzukommen, dann müßten mindestens 3 Fachfrauen ständig zur Verfügung stehen. Die Frage wäre dann, ob eine Anbindung an ein Frauenhaus oder eine andere Fraueneinrichtung nicht sinnvoller wäre.

Insgesamt ist uns der Antrag zu vage formuliert. Wir sind daher gegen eine Abstimmung in der Sache und treten für die Ausschußüberweisung ein. Ich möchte aber schon an dieser Stelle betonen, daß wir die Lebenshilfe in ihrer Forderung unterstützen, gegebenenfalls eine Anhörung der Verbände der Behindertenarbeit durchzuführen.

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