Rede · 27.01.2012 Gute Arbeit in der Wissenschaft

Die Fraktion „Die Linke“ fordert in ihrem Antrag eine verlässliche berufliche Perspektive für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Um sich aber an den konkreten Problemlagen der Betroffenen orientieren und Lösungen entwickeln zu können, reicht es nicht, mit dem staatlichen Holzhammer zu kommen.

Zunächst fällt im Antrag auf, dass in der Begründung gar nicht auf die Situation in Schleswig-Holstein eingegangen wird. Entweder werden Behauptungen mit Daten des Bundes untermauert oder es ist nicht klar, ob sie sich auf das Land oder den Bund beziehen.

Auch die Aufreihung der Forderungen erscheint weltfremd, weil notwendige Zwischenschritte und Fragestellungen ignoriert werden und als Lösung der Personalsituation lediglich auf die Unterfinanzierung des schleswig-holsteinischen Hochschulsystems hingewiesen wird.

Sicher ist die Unterfinanzierung der Hochschulen ein Kernproblem, aber es wird zum Beispiel nicht danach gefragt, was in den Hochschulen, der Forschung und der Gesellschaft an qualifiziertem Mittelbau und Professuren gebraucht wird; welche Defizite auf eine verfehlte Hochschulpolitik der derzeitigen Landesregierung zurückzuführen sind; welche Initiativen der Hochschulen oder der betroffenen Akademiker es gibt, um die Situation zu ändern; und wo genau angesetzt werden muss, um die Betroffenen aus dem Teufelkreis prekärerer Beschäftigung heraus zu holen.

Das zentrale Problem scheint zu sein, dass die meisten Karrierevorstellungen des akademischen Mittelbaus nicht in einer Professur enden werden. Im Kern geht es darum, berufliche Anknüpfungspunkte jenseits der Professur zu finden, wobei unbefristete und Existenz sichernde Beschäftigungsverhältnisse mit arbeitsvertraglicher Absicherung im Vordergrund stehen dürften. Gewerkschaften wie Ver.di bieten sich als Anlaufstellen an. Schwerpunkte dieser gewerkschaftlichen Arbeit bilden derzeit acht Unis bundesweit - eine schleswig-holsteinische gehört bisher noch nicht dazu. Um seine Lage zu verbessern und um seine Rechte einzufordern, ist der akademische Mittelbau also auch selbst gefordert. Bedauerlich ist, dass es bisher offensichtlich nicht gelungen ist, einen eigenständigen Tarifvertrag mit entsprechender Entgeltregelung für das an Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen beschäftigte Personal abzuschließen.

Ein großer Nachteil der akademischen Laufbahn scheint in ihrer Langwierigkeit zu liegen. Schon vor einem Jahrzehnt hat der SSW deswegen gefordert, die Hochschulstrukturen zu verändern, damit nicht mehr die langjährige Habilitation, sondern eine aufgewertete Promotion die Voraussetzung für die Berufung auf eine Professur ist.

Anders als bei der Habilitation, mit der meist eine akademische Laufbahn an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung angestrebt wird, ist die Motivation für eine Promotion breiter gefasst. Hier spielen vermehrt andere Arbeitsmöglichkeiten wie etwa im Dienstleitungs- oder im Industriesektor oder in einer freiberuflichen Tätigkeit wie in der wissenschaftlichen Publizistik eine zunehmende Rolle. Hier ergeben sich Beschäftigungspotentiale jenseits der Hochschulen, die auch eine Dauerbeschäftigung beinhalten können.

Dennoch wird sich auch durch die benannten Punkte zunächst wenig ändern, wenn das Hochschulsystem nicht ausgewogen durchfinanziert ist. Um die Existenz unserer Hochschulen längerfristig zu sichern und die Arbeitsbedingungen des Mittelbaus zu ändern, ist eine bessere Finanzierung der Hochschulen deshalb zwingend notwendig. Dass wir Studiengebühren zur Finanzierung kategorisch ablehnen, ist bekannt. Dafür ist auch eine stärkere Beteiligung des Bundes an der Hochschulfinanzierung notwendig. Unser Bundesland ist allein nicht in der Lage, eine angemessene Ausstattung der Hochschulen zu sichern. Deswegen fordern wir ja auch die Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes von Bund und Ländern.

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