Rede · Flemming Meyer · 16.12.2005 Keine Kürzungen beim Öffentlichen Nahverkehr

Dass die große Koalition in Berlin mit ihrem Vorschlag die Regionalisierungsmittel bis 2009 um 15% abzuschmelzen, bei den Ländern nicht auf Gegenliebe stößt, ist klar. Derzeit beläuft sich die gesamte Summe der Regionalisierungsmittel auf rund 7 Milliarden Euro. Diese Mittel werden von den Ländern in der Regel an die regionalen und kommunalen Verkehrsbetriebe weitergeleitet. Eine Einsparung von 15 % der schleswig-holsteinischen Mittel bis 2009 würde ein Verlust von rund 93 Millionen Euro für uns bedeuten. Diesen Verlust abzufangen, ist bei der derzeitigen Haushaltslage schier unmöglich. Und da Schleswig-Holstein nicht allein in solch einer Finanzmisere steckt, ist die Verärgerung bei den Ländern auch entsprechend - allen voran Rheinland-Pfalz und Bayern. Laut einem Spiegelartikel müssen sich die Bayern jedoch die Kritik gefallen lassen, einen großen Teil der Regionalisierungsmittel nicht an regionale Verkehrsbetriebe weitergereicht zu haben. Daher halte ich für angebracht, einmal über eine zweckgebundene Mittelverteilung nachzudenken.

Die Einsparung bei den Regionalisierungsmitteln hätte bundesweit erhebliche Konsequenzen. So geht der Gewerkschaftschef von Transnet, Norbert Hansen, davon aus, dass bundesweit rund 6.000 Stellen von den Kürzungen betroffen sein würden. Es müsse weiter befürchtet werden, dass rund 100 Million Zugkilometer abbestellt würden. Also rund ein Sechstel des gesamten Zugangebots im Nahverkehr. Eine solche Entwicklung hätte natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf den Pendlerverkehr, der damit extrem beeinträchtigt werden würde. - Ketzerisch könnte man also durchaus sagen, dass auf der anderen Seite die Erhöhung der Finanzmittel für den Straßenbau durchaus sinnvoll ist, da der Individualverkehr in die nächsten Jahre natürlich zunehmen wird. Aber unterm Strich bleibt, dass sich die Bundesregierung mit ihren Sparplänen Schritt für Schritt von der Erfolgsgeschichte des Regionalen Nahverkehrs verabschiedet. Daher kann Schleswig-Holstein als Flächenland einer solchen Abschmelzung nicht zustimmen.

Der Einsatz von Mitteln für das öffentliche Verkehrswesen ist ein Beitrag zur Daseinsvorsorge. Ir müssen für diese Bürger ein Mindestmaß an Mobilität gewährleisten. Das geschieht durch die Infrastruktur – z.B. Straßen- und Schienennetze – und durch den ÖPNV und SPNV.

Aus den genannten Gründen unterstützt der SSW auch den ersten Punkt des Grünen Antrages. Denn auch wir sind der Auffassung, dass Schleswig-Holstein weiterhin ein Interesse daran hat, dass der Öffentliche Nahverkehr zur Zufriedenheit seiner Nutzer funktioniert.

Doch leider wird der Grüne Antrag durch den dritten Punkt wieder abgeschwächt – beziehungsweise scheint er mir nicht schlüssig im Zusammenhang mit dem ersten Punkt des Antrages. Wenn ich im ersten Punkt der Auffassung bin, dass die Regionalisierungsmittel nicht als Subventionen einzuordnen sind und daher die vorgeschlagene Kürzung kritisiere, dann mache ich dies doch aus dem Wissen heraus, dass der Öffentliche Nahverkehr nicht mehr wie bisher auf dem hohen Niveau existieren kann, wenn die Mittelkürzungen durchschlagen. Daher kann ich auch nicht die Landesregierung auf der anderen Seite auffordern, Vorschläge zu entwickeln, wie der hohe Standard der Bus-ÖPNV- und SPNV-Angebote sowie das Preisniveau des S-H-Tarifs im Land gehalten werden kann, wenn die geplanten Kürzungen nicht oder nur teilweise verhindert werden können. Dies gleicht einer Aufforderung an die Landesregierung, die Eier legende Wollmilchsau zu erfinden.

Was nun den schwarz/roten Antrag angeht, hätte ich mir im ersten Punkt eine genauere Formulierung gewünscht. Dass die Landesregierung sich auf Bundesebene dafür einsetzen soll, dass eine ausreichende Höhe der Regionalisierungsmittel für den Öffentlichen Personennahverkehr erhalten bleibt, ist zu ungenau – denn: Was ist „ausreichend“? Da gibt es hier und in Berlin unterschiedliche Auffassungen. Hier hätten wir uns eine deutlichere Positionierung gegenüber Berlin gewünscht. Schließlich geht es hierbei um schleswig-holsteinische Interessen.

Aber insbesondere der zweite Punkt des Antrages macht mir Kopfzerbrechen. Denn ich glaube, dass die Vorstellungen des SSW, wenn es um die Verbesserung der regionalen Wirtschaftstruktur in strukturschwachen Räumen geht, hier nicht mit denen der Großen Koalition identisch sind. Wir wissen, dass sich die Förderkulisse der GA-Mittel in Zukunft dahingehend ändern wird, dass Schleswig-Holstein als Ganzes künftig als strukturschwacher Raum angesehen wird. Unsere Vorstellungen von strukturschwachen Räumen innerhalb Schleswig-Holsteins sind aber etwas differenzierter.

Da die Stoßrichtung beider Anträge identisch ist, schlage ich vor, dass wir beide Anträge in den Ausschuss überweisen, um daraus einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Dies wäre in der Sache durchaus dienlich und es stünde dem Parlament gut zu Gesicht, wenn der Schleswig-Holsteinische Landtag hier eine einheitliche Position einnehmen würde.

 

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