Rede · Flemming Meyer · 15.02.2019 Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung haben keine Lobby

Flemming Meyer zuTOP 26+48 - Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung nicht allein lassen, Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche (Drs. 19/1236 und 19/1068)

„Nicht alle Kinder kommen zu ihren Rechten und zu dem Schutz, der ihnen zusteht“

(Nr. 056-2019) Egal ob wir uns die Ergebnisse des PUA zum Friesenhof, den Runden Tisch Heimerziehung oder den vorliegenden Bericht der Beschwerdestelle anschauen - deutlich wird vor allem eins: Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung haben bis heute keine besonders starke Lobby. Längst nicht alle kommen zu ihren Rechten und zu dem Schutz, der ihnen zusteht. Das zeigt nicht zuletzt auch der Tätigkeitsbericht der Ombudsfrau. Vor diesem Hintergrund ist es gut und folgerichtig, dass die SPD die zentralen Forderungen aus dem Bericht gesondert zur Diskussion stellt.

Ich habe mehrfach betont, dass ich eine besondere Verantwortung der Landespolitik sehe, wenn es um das Thema Heimerziehung geht. Wir sind es, die sicherstellen müssen, dass Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen eine kindgerechte Erziehung und den Zugang zu guter Bildung bekommen. Es geht um nicht weniger als den effektiven Schutz vor Ausgrenzung, Diskriminierung und jeglicher Form der Gewalt. Und es geht um Chancengleichheit. In all diesen Dingen dürfen Kinder und Jugendliche, die in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe aufwachsen, nicht schlechter gestellt werden, als andere. Das muss unser Anspruch sein. 

Zum Glück sind die schockierenden Berichte aus den Friesenhof-Einrichtungen alles andere als typisch für unsere Heimlandschaft. Und doch ist klar, dass wir konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Heimerziehung ergreifen und weiterentwickeln müssen. Mit der Einrichtung der Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche haben wir zum Beispiel eine wichtige Lehre gezogen. Für den vorliegenden ersten Bericht bin ich sehr dankbar. Genau wie für den Einsatz des Kinderschutzbundes für die untergebrachten Kinder. Aber mit einem funktionierenden Beschwerdewesen allein ist es nicht getan. Im Gegenteil: Wenn wir uns die vorliegenden Ergebnisse und Empfehlungen anschauen, dann stehen wir erst am Anfang. 

Im Bericht und im Antrag sind weitere wichtige Schritte genannt: Die Forderung nach einem bundesweiten Datenaustausch zu Tätigkeitsuntersagungen unterstützen wir voll und ganz. Auch die geforderten verbindlichen Besuche durch die entsendenden Jugendämter sind eine längst überfällige Lehre aus den aufgedeckten Missständen. Denn der weit überwiegende Teil der hier untergebrachten Kinder und Jugendlichen stammt nun mal aus anderen Bundesländern. Auch diese Situation dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Deshalb freut es mich ausdrücklich, dass sich fast alle zum Ziel bekennen, Kinder und Jugendliche in Zukunft möglichst wohnortnah unterzubringen. 

Leider gibt es aber bei einem besonders wichtigen Punkt weiterhin keine Einigkeit: Und zwar bei der Frage der Beschulung. Laut Bericht der Beschwerdestelle haben aktuell 2934 entsandte Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf den Besuch einer öffentlichen Schule. Aber eben keine über das Schulgesetz normierte Schulpflicht. Auch der viel zitierte Erlass zur schulischen Integration dieser Kinder und Jugendlichen bringt hier keine Verbindlichkeit und Klarheit. Keiner weiß, wie viele Heimkinder aus anderen Bundesländern hier bei uns tatsächlich öffentlich beschult werden. Und keiner kann sagen, wie viele von ihnen in so genannten „schulvorbereitenden Maßnahmen“ geparkt werden - ohne gesellschaftlichen Anschluss und gleiche Chancen auf Schulabschluss und selbstbestimmtes Leben.

Wir haben hier vor ziemlich genau einem Jahr die nötige schulgesetzliche Änderung eingebracht. Doch statt die Beschulung klar und eindeutig im Sinne der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu regeln, wird damals wie heute auf den Erlass und die entsprechende Evaluation verwiesen. Wie auch immer diese dann ausfällt. Eins lässt sich schon jetzt sagen: Es ist ein weiteres Jahr vergangen, in dem zumindest nicht alle Kinder zu ihrem Recht auf gute Bildung und gleiche Chancen kommen. Und das ist für sich genommen einfach enttäuschend. Hier sollten wir dringend eine Lösung im Sinne der Kinder und Jugendlichen finden. Und die kann aus unserer Sicht nur Schulpflicht für alle hier lebenden Kinder und Jugendlichen heißen -auch wenn sie nicht aus Schleswig-Holstein kommen. 

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