Rede · Flemming Meyer · 30.06.2006 Lage und Entwicklung der schleswig-holsteinische Steuerverwaltung

Ein moderner und international ausgerichteter Staat braucht eine effektive Steuerverwaltung. Ich glaube, diese These kann eigentlich jeder von uns unterschreiben. Denn in einer komplexen Gesellschaft mit ihren vielfältigen Waren- und Geldströmen ist auch die Steuergesetzgebung kaum einfach oder unkompliziert zu gestalten. Obwohl wir seit Jahren die Diskussion über Steuervereinfachungen führen, ist eigentlich das Gegenteil eingetreten: Das Steuerrecht wird immer komplizierter und detaillierter. Das bedeutet, dass an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Steuerverwaltungen große Anforderungen gestellt werden hinsichtlich ihrer Flexibilität und ihrer Qualifikationen. Die öffentliche Hand ist ja schließlich darauf angewiesen, dass die Steuerverwaltung die Steuerschuld der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen auch wirklich eintreiben kann.

Deshalb muss es die vordringliche Aufgabe des Landes sein, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Steuerverwaltung vernünftige Arbeits- und Lohnbedingungen zu bieten. Doch wie sieht die Realität aus? Die Große Anfrage der FDP zur Lage und Entwicklung der schleswig-holsteinischen Steuerverwaltung macht deutlich, dass wir gerade in diesem Bereich der Landesverwaltung große Probleme haben. So hat die letzte Personalbedarfsberechnung für die Finanzämter einen Personalbedarf für Schleswig-Holstein von 4.275 Stellen ermittelt. Tatsächlich ist die Personal-Zuweisung zum 1.1.2006 für die Finanzämter im Lande aber nur 3.833 Stellen.

Auch wenn die Landesregierung mit der Erhöhung der Arbeitszeit den Fehlbedarf von 442 Stellen um 87 Stellen vermindern will – die Deutsche Steuergewerkschaft bezweifelt allerdings, dass dies möglich sein wird - so kommt noch hinzu, dass das Personal-Ist – also das für die Arbeitserledigung tatsächlich eingesetzte Personal – nur einen Stellenanteil von 3.648 ergibt. Es sagt sich von selbst, dass man mit bei der Höhe dieses Fehlbedarfes kaum von einer optimalen Arbeitssituation der Beschäftigten in der Steuerverwaltung sprechen kann.

Hinzu kommt, dass die durchschnittlichen Wartezeiten bis zur Erreichung einer höheren Besoldungsgruppe für die Beschäftigten der Steuerverwaltung sehr hoch sind. Aktuell gibt es in der Steuerverwaltung 1.703 Beamtinnen und Beamten, die die dienstrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllen, sie aber nicht bekommen haben. Davon betroffen ist also mehr als ein Drittel aller Beschäftigten in der Steuerverwaltung. Auch, wenn uns diese Problematik zum Beispiel von der Polizei her bekannt ist, so dürfte es klar sein, dass sich eine solche Situation negativ auf die Motivation und Begeisterungsfähigkeit der Beschäftigten auswirkt. Das gleiche gilt übrigens auch für die erneute Kürzung des Weihnachtsgeldes. 
 
Leider steht zu befürchten, dass die geplanten Personaleinsparungen im Doppelhaushalt 2007/2008 diese Problematik noch verschärfen wird. Dabei hätte die Landesregierung allen Grund, die Nachwuchsförderung der Steuerverwaltung ernst zu nehmen. Nach Angaben der Steuergewerkschaft und auch des Deutschen Beamtenbundes werden bis 2023 insgesamt ca. 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren Dienstes und ca. 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gehobenen Dienstes sowie etwa 400 Angestellte der Steuerverwaltung in Pension gehen. Das entspricht fast 50% der gesamten Belegschaft in der Steuerverwaltung, wobei es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass wir in Zukunft weniger Mitarbeiter in der Steuerverwaltung benötigen.

Die Landesregierung möchte zwar in ihrer Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage des SSW dazu nicht Stellung nehmen, aber es dürfte offensichtlich sein, dass das Land sich frühzeitig um die Nachwuchsförderung bemühen muss. Dazu würde dann aber auch gehören, dass die Landesregierung – wie bisher – alle Laufbahnbewerberinnen und -bewerber für den gehobenen und mittleren Dienst, die die Prüfung bestehen, auch in den Landesdienst übernimmt. Nach meinen Informationen soll das 2006 aber nicht der Fall sein. Meines Wissens werden bis zu 6 Laufbahnbewerber nicht übernommen. Aus Sicht des SSW ist dies eine falsch verstandene Sparpolitik der Landesregierung, und wir appellieren insbesondere an den Finanzminister, diese Entscheidung noch mal zu überdenken. Der geringe finanzielle Gewinn überwiegt bei weitem nicht die Schäden, die dadurch entstehen - für die jungen Menschen und für die Steuerverwaltung insgesamt. Das Fazit des SSW ist also, dass die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den nächsten Jahren wesentlich verbessert werden müssen, wenn wir auch in Zukunft eine effektive und gut arbeitende Steuerverwaltung in Schleswig-Holstein haben wollen. Da gibt es noch viel zu tun und wir sollten daher gemeinsam versuchen, bei den Haushaltsberatungen die besonderen Belange der Steuerverwaltung als Einnahmeverwaltung des Landes zu berücksichtigen. 

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