Rede · Lars Harms · 14.12.2022 Mehr Minderheitensprachen - weniger Verweildauerbegrenzung und kein Geoblocking im Grenzland

„Wir alle zahlen dauerhaft Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dann müssen die Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch dauerhaft für die Bürger verfügbar sein.“

Lars Harms zu TOP 07 - Entwurf eines Gesetzes zum Dritten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Drs. 20/429 (neu))

Das Verfahren der Medienänderungsstaatsverträge haben sich leider auch mit dem neuen Namen nicht verbessert. Ich würde mir wünschen, dass die Landtage sich schon an früherer Stelle einbringen können und nicht erst am Ende. Aber vielleicht kann die heute geäußerte Kritik beim nächsten Medienstaatsvertrag berücksichtigt werden, der ja wohl letzte Woche ins Verfahren der Länder gegeben worden ist.
Ich möchte im Wesentlichen vier Punkte ansprechen:
Erstens: Verweildauer. Die Verweildauer für Inhalte ist immer noch begrenzt. Wir alle zahlen dauerhaft Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dann müssen die Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch dauerhaft für die Bürger verfügbar sein. Dieser Knicks vor den Zeitungsverlagen ist völlig aus der Zeit gefallen. Ich würde mir wünschen, dass die Tagesschau für jeden Tag, den sie produziert und gesendet wurde, zu finden wäre; schon allein aus bildungspolitischer Perspektive. Für die Schule wären diese zeitgeschichtlichen Quellen sicherlich sehr nützlich. Leider haben wir aber die Verweildauerbegrenzung, die den jungen Mediennutzern wie ein Fremdkörper vorkommt. Auch ich ärgere mich, wenn ich einen guten Beitrag aus dem Schleswig-Holstein-Magazin sehen möchte, dass er nach einer Woche aber nicht mehr in der Mediathek zu finden ist. Dabei habe ich Produktion und Ausstrahlung der Beiträge mit meinen Gebühren bezahlt. Muss ich also auf YouTube ausweichen und damit meine öffentlich-rechtlichen Inhalte über einen us-amerikanischen Server ansehen? Das ist doch der Widerspruch an sich. Darum ist klar: Die Verweildauern müssen weg. Sie sind unübersichtlich, willkürlich und entsprechen nicht dem, was ich jeden Monat bezahle. 
Zweitens: Regionale Fernsehangebote. In dem Maß, in dem die Tageszeitungen ihre Bedeutung verlieren, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk stärker über regionale Entwicklungen berichten. Die fünf Landestudios des NDR machen das in vorbildlicher Weise. Die privaten Anbieter hinken in diesem Bereich erheblich hinterher; in puncto Minderheitensprachen haben sie jeden Ehrgeiz aufgegeben. Das ist sehr bedauerlich, denn gerade die Nachfrage nach aktuellen regionalen Nachrichten auf Friesisch und Dänisch ist sehr groß; und – das möchte ichausdrücklich betonen - nicht nur online. Millionen von TV-Zuschauerinnen und Zuschauer wollen ihre Stadt im linearen Fernsehen erleben und sich nicht erst im Internet mühsam auf die Suche machen. Ich würde mir wünschen, dass der nächste Medienstaatsvertrag die Regionalisierung zukunftsfest regelt. 
Drittens. Vielfalt. Wenn ich mir den immergleichen Text mit identischen Überschriften antun möchte, greife ich zur Regenbogenpresse. Wenn ich mich allerdings informieren möchte, dann erwarte ich ein vielfältiges und ausgewogenes Angebot. Diese Vielfalt ist übrigens auch die Gewähr für eine breite Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Angebotes. Vielfalt bedeutet nicht, dass ich Berichte auf vielen Sendern sehen möchte, sondern dass mir jeder Sender eine andere redaktionelle Perspektive anbietet. Das erweitert den Horizont und ist übrigens ein typisches Zeichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wenn die Sender allerdings Kooperationen umsetzen möchten, muss das auch möglich sein. Die gemeinsamen Sender Arte, Phoenix, Kika und 3Sat belegen jeden Tag diese fruchtbare Zusammenarbeit. Die Beauftragung eines Angebotes erscheint mir daher der richtige Weg zu sein. Die Sender sind durchaus in der Lage, ein vielfältiges Angebot sicherzustellen; auch ohne detaillierte Vorhaben aus der Politik. 
Viertens. Geoblocking. Ich werde niemals müde werden, das Geoblocking der bezahlten Inhalte zu kritisieren. Es muss technische Wege geben, dass die Gebührenzahlerinnen und -zahler ihre Sendungen auch im europäischen Ausland ohne zusätzliche Gebühren sehen können. Derzeit verhindert das noch das Geoblocking. Genauso übrigens kann man als Angehöriger der dänischen Minderheit kein dänisches Fernsehen empfangen bzw. nur sehr wenig. Ich werde immer wieder gefragt, warum das nicht möglich ist. Und ich muss zugeben, ich weiß es nicht. Technisch gesehen ist die Umgehung von Geoblocking im Internet durch eine neue VPN sogar für Laien hinzukriegen, aber der gute alte Fernseher blockiert dänische Sender? Das ist Nationalpolitik von gestern und gehört abgeschafft.

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