Rede · Lars Harms · 15.06.2018 Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt

Lars Harms - TOP 32 - Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik!

„Da muss man eben auch den Grünen sagen: Euch mag diese Entscheidung schwer gefallen sein. Aber das hilft den Menschen nicht. Ihr tragt diese Entscheidung mit, ihr macht sie möglich.“

Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt. Und das sollte selbstverständlich auch für Menschen gelten, die zu uns geflüchtet sind. Das habe ich immer wieder hier und an anderer Stelle gesagt. Das ist nicht erst jetzt unsere Haltung beim SSW, sondern das war schon unsere Haltung, als wir mit SPD und Grünen an einer Regierung beteiligt waren. 

Deswegen hatten wir damals im Koalitionsvertrag vereinbart, die Abschiebehaftanstalt in Rendsburg zu schließen und so ist es ja auch geschehen. 

Und auch auf Bundesebene hat unser damaliger Innenminister Stefan Studt, wenn auch ohne Erfolg, für die Abschaffung von Abschiebehaftanstalten geworben. 

Und deswegen stimmen wir vollkommen mit der SPD überein: 

Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik!

Wir sehen ja an dem Alternativantrag der drei Koalitionäre, dass sie sich auf Bundes- und Europarecht berufen. Und es mag sein, dass es rechtlich möglich ist, Abschiebehaftanstalten einzuführen. Und es mag möglich sein, dass man auch auf Landesebene rechtlich gezwungen wird, von Instrumenten wie der Abschiebehaft oder einem Gewahrsam Gebrauch zu machen. Wenn Gerichte dies anordnen, hat das zu erfolgen. Diese Erfahrung mussten auch wir machen. Deswegen gab es die wenigen Plätze des Abschiebegewahrsams am Hamburger Flughafen und in der Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Beispielsweise eben wenn Menschen sich der Ausreise entzogen hatten. Wenn Kriminelle, die aus dem Gefängnis kamen, abgeschoben werden sollten. 

Wenn wir diese Plätze genutzt haben, waren das aber ganz extreme Ausnahmefälle.

Der politische Wille sollte doch aber ein anderer sein! Und die Einrichtung einer eigenen Abschiebehaftanstalt hat nun mal einfach eine völlig andere Qualität. 

Ich sage es noch einmal: Menschen, die nicht straffällig geworden sind und sich auch nicht der Abschiebung entzogen haben, verdienen in unseren Augen keinen Freiheitsentzug. Schon gar nicht die besonders schutzbedürftigen Gruppen, über die die Regierungsparteien in den letzten Wochen höchstens verlauten ließen, sie sollten „möglichst nicht“ eingesperrt werden. Kinder und Jugendliche, Schwangere, stillende Frauen. 

Der Alternativantrag von CDU, Grünen und FDP, der uns gestern erreichte, ist nichts weiter als aneinandergereihte Platzfüller, die nicht darüber hinwegtäuschen können, dass am Ende nur steht, die besonders schützenswerten Gruppen sollten „grundsätzlich nicht“ nicht eingesperrt werden. Ausnahmen sind hier somit zulässig und werden hingenommen.

Und da muss man eben auch den Grünen sagen: Euch mag diese Entscheidung schwer gefallen sein. Aber das hilft den Menschen nicht. Ihr tragt diese Entscheidung mit, ihr macht sie möglich. 

Wir erwarten von der jetzigen Landesregierung, dass sie die humane Flüchtlingspolitik, die in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein gegolten hat, weiterführt. Dazu gehört für uns auch, dass Jamaika alle Register zieht, um die Abschiebungen nach Afghanistan, die durch den Bund drohen, abzuwenden. Wir haben keinen Grund davon auszugehen, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan eklatant zum Guten gewendet hat. 

Denn stellen Sie sich vor, was sonst möglich wird: Wir haben hier eine afghanische Familie in Deutschland, die sich vor den Taliban retten konnte. Sie bringen sich ein, verhalten sich gut und als Dankeschön sollen sie dann am besten noch in Abschiebehaft, bevor sie dahin abgeschoben werden, wo nach wie vor ihr Leben bedroht ist? Das darf nicht sein! Und deswegen muss auch Innenminister Grote, wie sein Vorgänger, einen konsequenten Abschiebestopp für Personen, die nicht straffällig geworden sind, nach Afghanistan anordnen. 

Die Jamaika-Koalition muss, auch nach den letzten Äußerungen ihres Ministerpräsidenten, ihre Pläne für eine neue Abschiebehaftanstalt in Glückstadt begraben! Für Menschen, die zur Haft verurteilt worden sind, und für Gefährder haben wir Gefängnisse und das Abschiebegewahrsam in Fuhlsbüttel. Mehr brauchen wir nicht.

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