Rede · Flemming Meyer · 19.06.2019 Menschen mit Behinderung sind keine Bittsteller

Chancengleichheit, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen effektiv fördern

Sybilla Nitsch

Flemming Meyer zu TOP 10 - Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabestärkungsgesetzes (2. Teilhabestärkungsgesetz) (Drs. 19/1498)

Ich denke allen ist bewusst, dass diese Reform der Eingliederungshilfe und die Umsetzung auf Länderebene ein sehr umfangreicher Prozess ist. Grundlage bildet das Teilhabegesetz des Bundes. Aber Schleswig-Holstein hat mit der Erarbeitung der landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen eine sehr wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Denn das Land muss bekanntlich als Träger der Eingliederungshilfe gemeinsam mit Kreisen und kreisfreien Städten wesentliche Rahmenbedingungen für das Leben von Menschen mit Behinderung weiterentwickeln.

Im Verlauf wurde und wird nicht nur an ein paar kleinen Schrauben gedreht, sondern es werden sämtliche Teilhabeleistungen neu gestaltet. Fast alle Lebensbereiche von Menschen mit Behinderung sind hierdurch berührt: Es geht längst nicht nur um ihre finanzielle Unterstützung. Sondern auch um ihren Anspruch auf Hilfen im Alltag und um die Frage, wie wir diese Hilfen organisieren. Es geht also um nicht weniger als die Lebensqualität und das Maß an Selbstbestimmung von über einer halben Million Menschen. Spätestens damit sollte allen klar sein, welche Verantwortung mit diesem Reformprozess verbunden ist.

Das ist aus Sicht des SSW aber kein Grund, den Mut zu verlieren. In diesem Verfahren liegen gleichzeitig enorme Chancen. Fakt ist, dass Menschen mit Behinderung auch heute noch viel zu oft benachteiligt werden. Das gilt für unser Bildungswesen, für unsere Arbeitswelt, für Freizeitaktivitäten und für viele andere gesellschaftliche Bereiche auch. Mit dem Bundesteilhabegesetz und den Ausführungsbestimmungen auf Länderebene können wir die Teilhabe behinderter Menschen stärken und ihre Lebensbedingungen verbessern. Und wir müssen dabei vor allem von der Möglichkeit Gebrauch machen, sie dabei intensiv zu beteiligen. Diese Chance sollten wir dringend nutzen.

Gerade hier, bei der Frage der angemessenen Beteiligung, gab es ja im Verlauf viel Unruhe und zum Teil auch berechtigte Sorgen. Das wurde vor allem in der Anhörung zum 1. Teilhabestärkungsgesetz deutlich. Die bundesgesetzliche Grundlage gibt zwar die umfassende Beteiligung vor. Gleichzeitig existieren aber Spielräume und damit auch Unklarheit bei der Frage nach Art und Umfang. Mir ist klar, dass Gremien arbeitsfähig gestaltet werden müssen. Aber dem SSW ist und bleibt wichtig, dass die Menschen mit Behinderung und ihre Verbände möglichst umfassend eingebunden werden. Egal ob auf Landesebene oder in den Kreisen und Gemeinden: Der Anspruch muss doch sein, die Betroffenen nicht nur zu informieren, sondern sie vor allem zu beteiligen, wenn es um ihre Belange geht. Der SSW steht weiterhin klar hinter dem Grundsatz, nach dem niemand ohne sie über ihre Rechte und Ansprüche entscheiden darf. 

Im kommenden Jahr tritt die nächste und letzte Reformstufe in Kraft. Übergeordnetes Ziel ist es, die Eingliederungshilfe vollständig aus dem SGB 12 herauszulösen. Menschen mit Behinderung sollen damit endlich nicht mehr als Fürsorgeempfänger behandelt werden. Sie sind keine Bittsteller oder auf irgendwelche Almosen angewiesen. Der SSW will, dass sie endlich auch entsprechend behandelt werden und als leistungsberechtigte Personen selbstbestimmt handeln und ihre Hilfen organisieren können. Uns freut deshalb sehr, dass diese Personenzentrierung und Flexibilisierung der Hilfen ausdrückliche Ziele der Reform sind. Nun ist es an uns, die Chancengleichheit, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen auch wirklich effektiv und vor allem dauerhaft zu fördern. 

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