Rede · Flemming Meyer · 24.02.2006 Modellversuch "Selbständige Schulen"

Der Antrag der Bündnisgrünen weist selbst darauf hin, dass es in einer Reihe von Bundesländern Modellversuche zum Thema „Selbstständige Schulen“ gibt oder gegeben hat. Das Anliegen des Antrages hat somit nichts Exotisches an sich. Für die Weiterentwicklung von Schule ist es aus Sicht des SSW immer schon wichtig gewesen, den Horizont der Entscheidungsträger durch Schulversuche zu erweitern.

Schon 2003 schrieb „Die Zeit“ unter der Überschrift  „Lizenz zum Rechtsbruch“, dass deutsche Schulen – neben österreichischen – nach einer Erhebung der OECD den geringsten Einfluss darauf haben, wie und was sie unterrichten, auf welche Weise sie ihr Geld ausgeben und wen sie einstellen oder entlassen. Bis heute gelten Lehranstalten hierzulande als „nachgeordnete Dienststellen“ einer Behörde, in denen Beamte staatliche Vorgaben umzusetzen haben.

Dabei scheint der Nürnberger Trichter den Kultusministerien das Vorbild zu liefern, schreibt die „Zeit“ weiter. In etwa nach dem Motto: Je mehr Erlasse und Verordnungen oben in die Schule hineingestopft werden, desto bessere Ergebnisse liefern sie. So viel zu den Beobachtungen der „Zeit“. Nun kann es sein, dass dieses alles nicht für Schleswig-Holstein gilt. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass auch die Schulen bei uns mehr Luft zum Atmen benötigen.

Konkret stellt sich uns aber die Frage, ob wir diesem Ziel zum jetzigen Zeitpunkt mit der Initiierung eines Modellversuches gerecht werden.  Soll heißen: Dem SSW ist es schon wichtig, dass wir – ehe wir uns für einen Schulversuch aussprechen – erfahren, was im neuen Schulgesetz über die Autonomie von Schule steht. Denn wichtiger noch als Projekte zum Thema „selbstständige Schulen“ die immer von Erfolg gekrönt sein werden, ist uns die Weiterentwicklung des schulischen Lebens insgesamt. Wir sprechen uns damit nicht gegen den Antrag der Grünen aus, sind aber der Meinung, dass wir die Gunst der Stunde nutzen sollten, um eine „bessere Schule“ für alle zu bekommen.

Zum einen darf man nicht darüber hinweg sehen, dass Schulautonomie zu mehr Ungleichheit zwischen den Lehrbetrieben führen wird. Hier liegt aus Sicht des SSW langfristig das wahre Problem. Wenn Schulen zum Beispiel selbst um die besten Lehrer werben, wenn sie eigene Profile entwickeln, dann drohen die Qualitätsunterschiede immer größer und immer offensichtlicher zu werden. Dem gilt es gesamtgesellschaftlich entgegen zu steuern, denn schon heute hat in Deutschland die Frage, wo ein Kind zur Schule geht, einen hohen Einfluss darauf, was es lernt. Zum anderen kann es nicht so sein, dass wir uns unter dem Stichwort Qualitätsentwicklung im Rahmen der Schulgesetzdebatte nur über mehr Kontrolle, Vergleichsarbeiten und über Schul-TÜV unterhalten. Die andere Seite dieser Medaille heißt aus Sicht des SSW mehr Selbstständigkeit für unsere Schulen. Nur so wird ein Schuh daraus.

Die Befürchtung, die Autonomie bringe Anarchie hervor, haben sich bislang als unberechtigt erwiesen. Die Schulen gehen mit ihren Freiheiten sparsam um – und viele möchten von einer größeren Selbständigkeit gar nichts wissen, sagt Schulforscher Hans-Günter Rolff, der den Schulversuch in Nordrheinwestfalen wissenschaftlich begleitet hat. Und genau dies ist meines Erachtens der springende Punkt: Leuchttürme  sind wichtig – auch bei der Weiterentwicklung von Schule. Wichtiger noch erscheint es uns, wenn alle Schulen aus eigener Kraft zu strahlen anfangen.

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