Rede · 18.06.2009 Schaffung eines „Parlamentsforums Nordsee“

Für einen Friesen ist das Mare Frisicum kein trennendes, sondern ein verbindendes Element, das Handel und Wandel mit den Nachbarn fördert. Diese Perspektive machen sich übrigens zahlreiche Konferenzen wie die Wattenmeerkonferenz, 13 staatenübergreifende INTERREG-Projekte und mehrere feste Kooperationen zu nutze. Die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen an der Nordseeküste funktioniert also bereits ganz gut, die Kontakte der Nichtregierungsorganisationen klappen sogar hervorragend. Das kann ich vor allem aus friesischer Perspektive beurteilen: dort gibt es bereits seit 1925 regelmäßige Konferenzen und viele Treffen zwischen den Friesen in den Niederlanden und in Ost- und Nordfriesland.

Ein Parlamentsforum ist der richtige Weg, diese bestehenden Kooperationsbeziehungen zu flankieren und zu unterstützen. Voraussetzung für eine fruchtbare, langfristige Zusammenarbeit sind bekanntermaßen die Pflege und der Ausbau persönlichen Kontakte. Deshalb muss parallel zu den administrativen Kontakten auch eine verstärkte kulturelle Zusammenarbeit angestrebt werden. Es freut mich, dass diese Erkenntnis, die schon beim vom SSW 2006 beantragten Bericht zur Nordseekooperation eine Rolle spielte, nun endlich auch in der Großen Koalition mehrheitsfähig geworden ist.

Der SSW unterstützt eine engere Vernetzung der Nordseeanrainer ohne Vorbehalt. Im Bereich der Nordseezusammenarbeit gibt es noch keine gewachsenen parlamentarischen Kooperationsstrukturen. Kooperationspotenziale in dieser wirtschaftsstarken Region liegen brach. Demzufolge steht man sich an der Nordsee oft gegenseitig im Weg oder erfindet das Rad neu. Das muss aufhören; beispielsweise der Kannibalismus der Tiefwasserhäfen. Der SSW hat bereits 2007 einen Antrag zur Kooperation der Nordseehäfen vorgelegt. So lange es keine verbindliche Zusammenarbeit und keine gemeinsame Vermarktung der Häfen in der Deutschen Bucht gibt, denkt jeder nur an sich selbst und schwächt damit das Ganze. Der SSW konnte sich mit seiner Idee eines Nordsee-Netzwerks nicht durchsetzen; freut sich jetzt aber, dass seine Ideen schließlich doch eine Mehrheit gefunden haben.

Ich sehe darüber hinaus massiven Handlungsbedarf beim Regionalmarketing. Die Prospekte entlang der Nordsee ähneln sich, manchmal bis hin zum Slogan und der Zielgruppe. Hier müssen wir schleunigst eine bessere Arbeitsteilung und gleichzeitig die Nordsee im Wettbewerb europäischer Ferienregionen stärken.

Dass die Regierungsfraktionen Schleswig-Holsteins die Initiative zur Gründung übernehmen und auf diese Weise die Parlamente von Norwegen bis in die Niederlande und Großbritannien zusammenführen, ist äußerst lobenswert. Ein Parlamentsforum macht allerdings nur Sinn, wenn wir uns als Landtag selbst verpflichten, die Erkenntnisse aus dem Forum ernst zu nehmen und umzusetzen. Das Parlamentsforum „Südliche Ostsee“ ist in dieser Sicht sicherlich vorbildlich.

In den weiteren Beratungen müssen wir uns genau ansehen, was ein Forum leisten kann und mit welchen Aufgaben wir so eine Struktur versehen. Die Parlamente entlang der Nordseeküste können Ideen aufnehmen, in parlamentarische Initiativen übertragen und neue Projekte anschieben. Wirtschaftsbeziehungen können sie dagegen nicht schaffen. Anstatt also nach der Gießkannen-Methode alle Bereiche ein bisschen zu besprechen, erscheint es mir sinnvoll, Schwerpunkte setzen. Als Schwerpunkt bietet sich die Kooperation der Minderheitenorganisationen geradezu an. Sie betreiben bereits einen funktionierenden Jugendaustausch und haben ein belastbares Netz geschaffen, das auch die Mehrheit nutzen könnte. Alle Nordseeanrainer haben Minderheiten, die in Fragen der kulturellen und sprachlichen Entwicklung gleiche Interessen haben. Deren Schutz und Förderung im Rahmen einer Nordseezusammenarbeit könnte hier auch eine Vorbildfunktion für andere europäische Regionen haben. Aus diesem Grund haben wir uns für einen entsprechenden Punkt im gemeinsamen Antrag eingesetzt. Wenn es uns gelingt, Menschen zusammenführen und ihnen gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen ermöglichen, legen wir den Grundstein für eine dauerhafte Zusammenarbeit.

Angesichts der drängenden Probleme, von denen ich nur einige anreißen konnte, erscheint es sinnvoll, eine Frist zu setzen. Der SSW schlägt daher vor, die Gründungsversammlung, gerne in Husum, noch in diesem Jahr anzusetzen.

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