Rede · Lars Harms · 26.01.2024 Schleswig-Holstein kommt bei der Katastrophenbewältigung zu kurz

„An der Ostseeküste ist man inzwischen sehr genervt von der Missachtung durch die Bundesregierung. Es braucht mehr vom Bund, als nur mit dem Besen ein paar Ecken auszukehren und den Menschen hier dann ein paar Brotkrumen hinzuwerfen.“

Lars Harms TOP 35 - Effektive Unterstützung bei Naturkatastrophen (Drs. 20/1804)

An Elbe, Oder und Ahr war der Bund gleich bereit, tatkräftig zu helfen, damit die Menschen dort ihre Schäden erstattet bekommen. Bei der Ostseeflut ist die Bundesregierung nun betont zurückhaltend. Und als es nun in Niedersachen, Hessen und anderen Bundesländern zu Überflutungen durch Starkregenfälle gekommen ist, war der Bundeskanzler schnell vor Ort und versprach Hilfe. Dass wir es hier mit zweierlei Maß zu tun haben, haben Betriebe, Campingwagenbesitzer und viele Haushalte bei der letzten Katastrophe am eigenen Leib gespürt. An der Ostseeküste ist man inzwischen sehr genervt von der Missachtung durch die Bundesregierung. Das macht viele Menschen richtig mutlos, wenn sie in die Zukunft schauen. Denn nach der Sturmflut ist vor der Sturmflut. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie meldete Hochwasser in Flensburg im November 1995, November 2006, im Januar 2017 und zwei Jahre später am 2. Januar 2019 sowie am 20. Oktober 2023. Das sind in weniger als 30 Jahren fünf Hochwasser, davon eine sehr schwere Sturmflut. Man muss kein Experte sein, um vorherzusagen, dass in den nächsten Jahren weitere Sturmfluten möglich sind. 
Wir müssen also schleunigst etwas tun. Darum ist es gut, dass die Regierungsfraktionen mit ihrem Antrag noch einmal den Finger in die Wunde legen. Einsatz- und Betriebskonzepte für kommende Katastrophen müssen umgehend entwickelt, getestet und auskömmlich finanziert werden. Die Unterstützung der Menschen längs der Ostseeküste während der Katastrophe durch die Bereitstellung von mobilen Schutzanlagen, Sandsäcken und einem effektiven Frühwarnsystem ist eine dringende und vorranginge Aufgabe. Auch hier benötigen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Unterstützung durch den Bund. 
Allerdings machen die bisherigen Signale aus Berlin kaum Hoffnung. Weder hat sich während des Hochwassers das Kabinett sehen lassen, noch der Bundeskanzler. Dass dieser Gummistiefel hat und Überflutungsopfern zuhören mag, hat er vor wenigen Wochen in Niedersachsen gezeigt. Der Bundeskanzler sichert den Flutopfern zu, dass niemand allein gelassen würde. Viele Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner hätten sicherlich seinen Zuspruch auch nötig gehabt; aber zu groß ist in Berlin offenbar die Angst, dass ein Besuch des Kanzlers Forderungen nach einem stärkeren Engagement des Bundes wecken würden. 
Ich sage es klipp und klar: Die Forderungen gibt es schon lange und sie sind sehr berechtigt. Der klimafeste Ausbau der Ostseeküste ist allein mit hiesigen Mitteln nicht zu stemmen. Dazu bedarf es der Solidarität der gesamten Republik. 
Technischer Hochwasserschutz allein kann keine absolute Sicherheit vor extremen Wetterereignissen gewährleisten. Darum versprach der Bund im letzten Jahr ein umfassendes Hochwasser-Risikomanagement; allerdings vor allem für die Binnengewässer; also Seen und Flüsse. Und noch nicht einmal das ist fertig. Es ist sehr frustrierend, dass alles so langsam geht. Naturkatastrophen warten nämlich nicht, bis Gesetzesvorhaben alle Hindernisse der Ministerialbürokratie überwunden haben. Darum ist es wichtig, dass der Bund in allernächster Zukunft Nägel mit Köpfen macht und ein Risikomanagement gemeinsam mit den Ländern auch für die Ostsee entwickelt und sich dafür auch finanziell einsetzt. 
Das Geld, das in den Küstenschutz investiert wird, ist gut angelegt: es führt zur Sicherung der Infrastruktur und schützt die hiesigen Betriebe.
50 Mio. Euro aus übriggebliebenen GAK-Mitteln sind hingegen ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Härtefallprogramm reicht für die vielen Opfer nicht aus und deshalb braucht es mehr vom Bund, als nur mit dem Besen ein paar Ecken auszukehren und den Menschen hier dann ein paar Brotkrumen hinzuwerfen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundespolitik ihre Versprechen von tatkräftiger Hilfe besser umsetzen würde. Die Katastrophenbewältigung an der Ostseeküste ist eine Gemeinschaftsaufgabe und der Bund muss das endlich anerkennen.

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