Rede · 11.03.2004 Schutz junger Menschen vor Verschuldung

Die Ursache für die Überschuldung vieler Haushalte sind vielfältig. Neben Ehescheidungen ist natürlich auch die aktuelle Wirtschaftskrise mit den vielen Firmenpleiten und Jobverlusten für die zunehmende Verschuldung verantwortlich. Leider sind in den letzten Jahren auch viele Jugendliche von fortschreitender Verschuldung betroffen worden. Im vorliegenden Bericht werden Studien zitiert, wonach bereits jeder 5. Jugendliche verschuldet ist. Dazu gibt es Zahlen, die zeigen, dass schon über 10% der Gruppe der 13- bis 24-jährigen mit durchschnittlich 1.500 Euro verschuldet sind, während die 20- bis 24-jährigen sogar im Schnitt mit fast 5.000 Euro in der Kreide stehen.

Vor dem Hintergrund von zirka 3 Millionen überschuldeter Haushalte, die es nach jüngsten Schätzungen in der Bundesrepublik gibt, kann es allerdings keinen verwundern, dass gerade auch viele junge Leute in die Schuldenfalle getappt sind. Nicht umsonst gibt es den Begriff der „vererbten Armut“, der sich auch auf die Verschuldungsproblematik übertragen lässt. Denn wenn schon die Eltern nicht mit Geld umgehen können und es in der Familie „normal“ ist sich zu verschulden und über die eigenen Verhältnisse zu konsumieren, ja wie sollen es die Kinder besser machen beim Umgang mit Geld und Krediten. Das heißt also: die Grundlage für so manche Schuldnerkarriere wird bereits im Elternhaus gelegt.

Deshalb ist es ein ganz entscheidender Punkt in der Präventionsarbeit gegen die zunehmende Verschuldung junger Menschen mit gezielten Maßnahmen die Erwachsenen mit einzubeziehen. Das sieht auch die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass es eine überproportionale Betroffenheit von Haushalten mit Kindern gibt, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Ein Schwer­punkt der Präventionsarbeit ist deshalb, besonders gefährdete Gruppen gezielt anzusprechen.

Es handelt sich dabei insbesondere um Gruppen deren Bildungsstandard und Zahlungswissen am geringsten ist. Leider haben insbesondere junge Menschen ein besonders geringes Zahlungswissen. Die Schuldenneigung der Menschen ist um so größer ist, je jünger man ist. Deshalb begrüßt der SSW die Projekte der Landesregierung, die gerade in diesem Bereich ansetzen. Das gilt für das vom Land mitfinanzierten Infocenter „Fit for Money“ in Kiel und auch für das landesweite Kooperationsprojekt „Schuldenprävention an Schulen“. In Rahmen dieser Projekte hat es eine ganze Reihe von Veranstaltungen für junge Menschen gegeben. Dazu ist eine 22-seitige Broschüre „Was kostet die Welt?“ mit einer Auflage von 22.000 Stück im ganzen Land verteilt worden.

Dennoch: Diese vielen guten der Ansätze der Landesregierung werden zum Teil ins Leere gehen, wenn nicht auch viele Banken und Kreditinstitute sowie Handelsketten oder Produzenten ihre Kreditpolitik überprüfen. Zum einen gibt es eine immer raffiniertere Werbung, die gerade junge Menschen zum Kreditkauf verführt. Und zum anderen mehren sich aus meiner Sicht unseriöse Kreditangebote nach dem Motto „Finanzierung von Anschaffungen mit 1 Jahr ohne Ratenzahlen“ und so weiter. Hier haben sowohl die Kreditwirtschaft sowie der Handel und die Industrie eine Verantwortung gerade gegenüber den jüngeren Kunden. So kann es zum Beispiel nicht angehen, dass die Anzahl von zahlungsunfähigen Mobiltelefonkunden bei der 20- bis 24-Jährigen von 1999 bis 2002 von 100.000 auf fast ca. 280.000 Personen anstiegen ist.

Wenn das Kind dann letztendlich im Brunnen gefallen ist, sind die Schuldnerberatungen wichtige Ansprechpartner, um auch jungen Menschen zu helfen. In diesem Zusammenhang ist auch die neue Insolvenzordnung, die eine Umschuldung ermöglicht, ein großer Fortschritt, obwohl sie immer noch zu viele bürokratische Hindernisse beinhaltet. Das Problem der Schuldnerberatungen ist allerdings, dass sie für Präventionsarbeit zu wenig Ressourcen zur Verfügung haben. Wir begrüßen daher, dass das Sozialministerium im Rahmen des Zuwendungsrechts jetzt die örtlichen Beratungsstellen dazu verpflichtet hat, eine leistungsfähige Präventionsarbeit anzubieten.

Andere Länder - wie Hessen oder Bayern - haben den gegenteiligen Weg gewählt. Sie wollen bei der Finanzierung der Schuldnerberatungen kürzen. Eine solche Entwicklung ist ein Rückschritt, da sie zu langen Wartezeiten der Schuldner führt, die in der Zwischenzeit den persönlichen Ruin entgegensehen können. Der SSW unterstützt daher den von der Landesregierung eingeschlagenen Weg der Präventionsarbeit zum Schutz junger Menschen vor fortschreitender Verschuldung. Es ist ein steiniger und schwieriger Weg, aber die Anstrengungen lohnen sich. Es geht schließlich um die Zukunft vieler junger Menschen.

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