Rede · Flemming Meyer · 24.03.2006 Stärkung der Kreise – Keine kommunalen Verwaltungsregionen

Mit dem vorliegenden Antrag des SSW soll dem Landtag zumindest in einem Punkt– dem zweistufigen Verwaltungsaufbau des Landes – die klare Option eröffnet werden, den angeschlagenen Reformversuch der Regierung vom Kopf auf die Beine zu stellen. Wie ich bereits in der Novembersitzung gesagt habe, hätte die Landesregierung gar nicht erst in den Umbau der Verwaltung einsteigen dürfen, ohne vernünftige Gesamtkonzeption. Was fehlt, sind Analysen und ein Gesamtkonzept. Das wird sich über kurz oder lang rächen.

Die Landesregierung kann nicht schlüssig nachweisen, dass die Kreise in ihrer Aufgabenwahrnehmung versagt haben oder per se für künftige neue Aufgaben ungeeignet sind. Ohne diesen Nachweis hat die Landesregierung den Entschluss gefasst, den Kreisen den Garaus zu machen: sie wollte so genannte Kommunale Verwaltungsregionen, früher hießen die einmal Dienstleistungszentren, einrichten. An eine mittel- bis langfristige Existenz der Kreise parallel zu den Verwaltungsregionen glaubt hier im Hause und draußen im Land wohl niemand. Dabei sind sämtliche bisherigen Gutachten und Analysen zur Verwaltungsstruktur des Landes zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Kreise bewährt und für die effektive Wahrnehmung von weiteren Aufgaben geeignet sind.
Die Einführung der so genannten Kommunalen Verwaltungsregionen lehnt der SSW ab!

Entscheidungs- und Umsetzungsstrukturen würden zwangsläufig verkompliziert. Ein klarer Fall von Bürokratieaufbau. Diese neue Ebene würde eine Sogwirkung auf Aufgaben, Personal und Ressourcen entwickeln, die die oberen Landesbehörden und Ministerien noch am wenigsten erfassen würden. Nein, vor allem die kommunalen Gebietskörperschaften, also die Kreise, würden die negativen Auswirkungen zu spüren bekommen; ihnen würde das Wasser abgegraben.

Der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes, Gernot Korthals, weist vollkommen zu recht darauf hin, dass das Ergebnis der neuen Verwaltungsregionen eine Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung sein wird. Damit stehen die Verwaltungsregionen im direkten Gegensatz zu dem, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen hier im Landtag verkündet haben. Ich zitiere Korthals zu den kommunalen Verwaltungsregionen:
„ Damit wird ... eine zusätzliche regionale Verwaltungsebene geschaffen, durch die etwas von dem wieder verloren geht, was die Enquete-Kommission sich von der Eingliederung staatlicher Sonderbehörden in die Kreisverwaltungen versprochen hat nämlich Dezentralisationseffekte und Bürgernähe“.

Herr Korthals steht nun wahrlich nicht im Verdacht, dem SSW nahe zu stehen, oder die schleswig-holsteinische Verwaltungsreform mit der dänischen zu verwechseln.
Nun kann man einwenden, dass es letztendlich ein Null-Summen-Spiel ist, ob nun die Kreise oder die Verwaltungsregionen die eine oder andere Aufgabe wahrnehmen bzw. dass sich im Laufe der Zeit eben zeigen müsse, welche Ebene geeigneter sei. Davor möchte ich allerdings ausdrücklich warnen. Wir müssen hier im Landtag klar die Weichen stellen. Und eine Weichenstellung für die Verwaltungsregionen – egal mit welchem anfänglichen Aufgabenzuschnitt – bedeutet, dass der bereits jetzt hohe Anteil an fremdbestimmten Weisungsangelegenheiten zulasten der Selbstverwaltung noch mehr zunimmt. Wir sollten uns durch das Adjektiv „kommunal“ vor dem Wort Verwaltungsregion nichts vormachen lassen.

Die Aufgaben, die von der Landesebene auf die Verwaltungsregionen übertragen werden, werden weitgehend bis vollständig Weisungsaufgaben unter der Fachaufsicht des Landes sein. Wer etwas anderes verspricht, handelt fahrlässig. Das Konstrukt der Verwaltungsregionen ist weder Fisch noch Fleisch. Der Vorschlag der Grünen ist dagegen immerhin ehrlich. Ihre Großkreise erhalten den Status einer Gebietskörperschaft, die originär kommunale Selbstverwaltung ausüben können und sich somit auch nicht von den demokratischen Gremien verselbstständigen können. Der SSW spricht sich aber trotzdem klar gegen Großkreise aus, weil sie bewährte Strukturen zerschlagen. Der SSW spricht sich für die Stärkung der bestehenden Selbstverwaltung in den Kreisen aus.

Kollege Hildebrandt hat im Dezember zu Recht auf die Tatsache hingewiesen, dass die Kreise in etwa 80 % bis 90 % Landesaufgaben erledigen und diese Arbeit über die Kreisumlage finanziert wird. Egal, welche Rechtsform die Verwaltungsregionen erhalten, sie werden auch über die Kreisumlage von der kommunalen Familie alimentiert werden müssen. Für Aufgaben, die sich von ihrer Art nicht für eine Kommunalisierung eignen oder wo es unwirtschaftlich wäre, könnte das Land Verwaltungseinheiten in eigener Trägerschaft errichten bzw. zusammenführen. Wirtschaftlich gesehen macht das für die Aufgabenwahrnehmung in den Bereichen keinen nennenswerten Unterschied. Die kommunale Selbstverwaltung in den Kreisen wäre aber klar und eindeutig gestärkt, wenn man dem SSW Antrag folgt.

Des Pudels Kern – um Goethe zu bemühen – ist die überfällige Funktionalreform. Konkrete Aufgaben von oben nach unten zu verlagern und sie dann als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe durchzuführen, das ist der notwendige Schritt. Der SSW hat Bereiche genannt, die sich hierfür - ohne neue bürokratische Konstrukte und lange Verfahren - eignen. Mit dem Einknicken bei der Neurichtung hauptamtlicher Gemeindedezernenten ist die Landesregierung zu Lasten der kommunalen Haushalte bereits von ihrer ursprünglichen Linien abgerückt. Das sollte sie nun auch einmal zu Gunsten der Kommunen tun.

Um es mit den Worten des Landkreistages zu sagen: „Die kommunalen Verwaltungsregion ist eine überflüssige neue Behörde. Sie ist teuer, bürokratisch und bürgerfern“. Dem stimmt der SSW nachdrücklich zu. Lassen Sie uns gemeinsam die Verwaltungsreform, zumindest in diesem Punkt, vom bürokratischen Wasserkopf auf die Füße stellen.

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