Rede · Flemming Meyer · 23.07.2009 Strukturkonzept Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UK S-H)

Es ist noch gar nicht so lange her, dass das UK S-H umstrukturiert wurde und die 15 neu gegründeten Zentren uns als die perfekte Lösung präsentiert wurden. Die Unternehmensberatung Roland Berger hatte sich in seinem Gutachten zur Fusion für die Gründung der Zentren ausgesprochen. Und dieser Lösung ist man seinerzeit gefolgt.

Es ging um die gleichen Themen wie heute – die Argumente für die jetzige und die neue Struktur sind austauschbar. Es ging und geht um Kosteneffizienz, Managementkompetenz, eine betriebswirtschaftlich ausgeprägte Unternehmenskultur und um ein hohes Versorgungsniveau.

Wir als SSW fragen uns, ob jemand überhaupt genau nachgesehen hat, warum die gesteckten Ziele angeblich nicht erreicht wurden. Liegt es tatsächlich an der Struktur oder sind es hauptsächlich ganz andere Gründe, die es so schwierig machen, ein Unternehmen dieser Komplexität und Größenordnung erfolgreich zu führen und zu steuern. Liegt es vielleicht auch an den sehr unterschiedlichen Interessen, an informellen sehr wirksamen Strukturen und ungeklärten Machtverhältnissen? Sind die insgesamt 51 Kliniken und 26 Institute vielleicht vergleichbar mit kleinen Fürstentümern und den Fürsten ist es teilweise egal, wer unter Ihnen regiert?

Auf jeden Fall wird jetzt wieder von neuen Beratern eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Zumindest gehen wir davon aus, dass die neue heilsbringende Struktur nicht alleiniges Produkt des UK S-H ohne externe Beratung ist.
Wir denken, Zweifel dürfen da erlaubt sein. Und es tun sich einige Fragen auf:

Zunächst hört es sich nach Verschlankung an, wenn man aus 15 drei Zentren macht. Aber mit 20 – 30 Einzelkliniken pro Standort und diversen Instituten haben die jeweiligen Zentrumsleitungen eine sehr breite Führungsspanne. Welche Struktur und vor allem welche Verantwortlichkeiten und Kompetenzen wird es unterhalb der Direktoriumsebene geben? Müssen mit jeder einzelnen Klinik und jedem einzelnen Institut Zielvereinbarungen getroffen werden? Wird die Leistungsplanung und werden die Budgets auf diese Bereiche heruntergebrochen? Wer hat dort die Verantwortung für die Einhaltung der Vorgaben?
Was bedeutet die mit der neuen Struktur einhergehende Stärkung der Standorte Kiel und Lübeck für das fusionierte Klinikum? Wird dadurch die ohnehin vorhandene Konkurrenzsituation angeheizt? Und wenn ja, dient das wirklich dem Gesamtunternehmen?

Was bedeutet es für die Beschäftigten in der Verwaltung, wenn sie disziplinarisch der Standortleitung und fachlich einer Dezernatsleitung unterstellt sind? Aus unserer Sicht sind da Konflikte vorprogrammiert, die auf dem Rücken dieser Mitarbeiter ausgetragen werden. Wie will man sicherstellen, dass die fachlichen standortübergreifenden Vorgaben unter Umständen auch gegen starke Standortleitungen durchgesetzt werden?

Die gleichzeitige standortübergreifende Definition von Kompetenzzentren, die für sich genommen sicher sinnvoll sind, schafft weitere Schnittstellen.

Vergleicht man das UK S-H mit einem großen, schweren Tanker in rauer See, sollte man sich vorher sehr genau überlegen, in welche Richtung man steuert und nicht in hektischer Betriebsamkeit das Ruder mal nach links und mal nach rechts herumreißen. Schlimmstenfalls fährt der Tanker dann weiter gerade aus auf den nächsten Eisberg zu. Und es bringt auch nichts, dem Tanker einen neuen Anstrich zu geben, wenn er nicht mehr so fährt, wie er fahren sollte.

Nicht zuletzt sollte man daran denken, dass die Beschäftigten des UK S-H diejenigen sind, die das Unternehmen am Laufen halten, trotz der vielen Querelen und Belastungen, denen sie in den letzten Jahren ausgesetzt waren. Man sollte ihnen nur große strukturelle Veränderungen zumuten, die langfristig eine Perspektive bieten. Das Vertrauen, das man mit einer leichtfertigen Neustrukturierung, die evtl. nicht zum Ziel führt, verspielt, lässt sich nur schwer wieder aufbauen.

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