Rede · Flemming Meyer · 26.05.2011 Vermittlung von Fremdsprachen in Schleswig-Holstein

Fremdsprachen und damit auch die Sprachenvielfalt in Schleswig-Holstein sind nicht so häufig Thema hier im Parlament. Daher freut es mich ganz besonders, dass die SPD dieses Thema mit ihrer Großen Anfrage auf die politische Tagesordnung gesetzt hat.

Auf der Welt gibt es ungefähr 6.500 Fremdsprachen. Ungefähr 15 davon kann man in schleswig-holsteinischen Kindertagesstätten und Schulen lernen. Englisch ist die Fremdsprache, die am häufigsten gelernt wird. Danach kommen Französisch und Latein, aber auch Spanisch, Dänisch und Russisch gehören zu den Sprachen, die oft angeboten werden. Aus Sicht des SSW gibt es dabei keine Sprache, die am wichtigsten ist. Es kommt vielmehr auf den Grund an, warum man eine Sprache lernen möchte. Klar ist, dass Englisch eine „Weltsprache“ ist, was aber nicht heißt, dass es für manche Menschen nicht ebenso wichtig oder wichtiger ist, zum Beispiel Friesisch zu beherrschen.

Sprachen sind nämlich viel mehr als einfach nur Kommunikationsmittel. Durch Sprachen lernt man auch die jeweilige Kultur kennen, man lernt eine neue Welt kennen. Und Sprachen dienen immer auch der Persönlichkeitsbildung. Nicht zuletzt deshalb ist es gerade Minderheitsangehörigen so wichtig, ihre Sprache zu sprechen und damit ihre Kultur zu leben. Soll heißen: „Fremdsprache“ heißt in diesem Zusammenhang ausschließlich, dass damit eine Sprache gemeint ist, die nicht der „eigenen“ Sprache entspricht. Menschen wachsen aber nicht nur mit einer Sprache auf. Das wissen wir spätestens seit Implementierung der Europäischen Sprachencharta in die Gesetzgebung von Bund und Ländern. Jeder 7. Mensch in Europa wächst mit einer Minderheiten- oder Regionalsprache auf. Ziel der Sprachencharta ist es, für diese Sprachen gleichwertige Rahmenbedingungen zu schaffen wie für die Sprache der Mehrheitsbevölkerung. Gleichwohl ist es notwendig, dass auch das Erlernen der Minderheitensprachen Dänisch, Friesisch und Romanes und der Regionalsprache Niederdeutsch attraktiv gestaltet wird.

Die Große Anfrage hat ergeben, dass es im vorschulischen Bereich verschiedene Angebote des Spracherwerbs gibt, aber es schwierig ist, eine Übersicht darüber zu erstellen. Im nördlichen Landesteil ist vor allem der ADS Grenzfriedensbund aktiv und bietet in Kindertagesstätten das gleichberechtigte Lernen der Minderheiten- und Regionalsprachen neben der deutschen Sprache an. Aber viele KiTas bieten mittlerweile auch Englisch und einige sogar Französisch oder Türkisch an.

Im schulischen Bereich ist das Lernen von Sprachen nach Schulprofil und Fächerwahl strukturiert. Mit steigender Teilnahme bieten so zum Beispiel Grundschulen Englisch-Unterricht an. Aber auch Dänisch und Französisch können schon die ganz Kleinen lernen. In der Sekundarstufe gibt es dann eine größere Vielfalt an Sprachen und unterstützenden Rahmenbedingungen für den Spracherwerb. An erster Stelle sind die Lehrkräfte zu nennen. Besonders begehrt sind natürlich die Fremdsprachenassistenten, die eben nicht nur eine andere Sprache beherrschen, sondern aus einem anderen Land kommen, so dass sie den Kindern eben auch Kultur beibringen. Darüber hinaus ist es über Schulpartnerschaften oder Austausche möglich, nicht nur die Sprache, sondern auch das Land kennen zu lernen. Dass die Bundesregierung immer weniger Interesse daran hat, die deutsche Sprache im Ausland zu stärken, wissen wir bereits seit den Kürzungen bei den Goethe-Instituten. Dies soll uns aber nicht daran hindern, die Sprachen anderer Länder zu lernen und für andere Kulturen offen zu sein.

In Bezug auf die dänische Sprache erstaunt es kaum, dass vor allem die Schüler die Nachbarsprache lernen wollen, die planen in der Region zu bleiben. Sowohl bei der Arbeitsplatzsuche als auch im Alltag sind Dänischkenntnisse hier häufig von Vorteil. So ist Dänisch-Unterricht vor allem an den Gemeinschaftsschulen länger ein selbstverständlicher Teil des Lehrplanangebotes.

Die Landesregierung braucht sich jedoch nicht zu wundern, dass die Anzahl der dänisch lernenden Schüler zurückgeht. Dieses Problem hat die Landesregierung mit ihrem Erlass zum Wahlpflichtfach selbst geschaffen und im März 2010 noch verstärkt. Hier liegt also ein wichtiger Schalthebel, damit zukünftig wieder mehr Kinder Fremdsprachen lernen. Dass die Landesregierung dann auch noch feststellt, dass regional Bedarf an mehr Lehrkräften für Dänisch und Friesisch besteht, macht nur noch deutlicher, dass die Landesregierung die Schwachstellen kennt, aber wenig tut, um die Sprachenvielfalt in Schleswig-Holstein zu erhalten. Dabei ist Sprachenpolitik hier im Land immer auch Minderheitenpolitik. Und hier hat die Landesregierung wirklich Nachholbedarf.

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