Rede · Flemming Meyer · 23.03.2006 Zukunft des Wirtschaftsraumes Brunsbüttel

Dass wir heute den Wirtschaftsraum Brunsbüttel besonders betrachten, hat vier Gründe: Erstens gibt es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich von FFH-Gebietsausweisungen an der Elbe, zweitens die Frage nach der Teilhabe von Brunsbüttel an der Offshore-Entwicklung im Windenergiesektor, drittens die Frage nach der Zukunft des Kernkraftwerks und viertens die Frage nach der Zukunft des Elbe-Hafens.

Was das FFH-Gebiet angeht, macht der Bericht deutlich, dass an der Ausweisung kein Weg vorbei geht. Auch wird die Ausweisung nicht zu mehr Verwaltungsverfahren führen, weil das betreffende Gebiet ohnehin schon Vogelschutzgebiet ist und weil der Bereich der Elbe auf Niedersächsischer Seite ohnehin schon FFH-Gebiet ist und somit auch unsere Seite darauf Rücksicht nehmen muss. Die Ausweisung ist somit schadlos, weil sie am Status-Quo ohnehin nichts ändert. Bei Genehmigungsverfahren zur Neueinrichtung, Änderung oder Erweiterung von Industrieanlagen wird die Gebietsausweisung keine Nachteile haben, da nach der Ausweisung ja wirtschaftliche Belange durchaus berücksichtigt werden können.

Im Rahmen dieser Planung wird ein Ausgleich der Interessen durchaus möglich sein. Viel wichtiger ist, dass das Anmeldungsverfahren deshalb so schnell wie möglich abgeschlossen wird, damit man eine rechtliche Grundlage hat, auf der ein Genehmigungsverfahren aufbauen kann. Die schnelle Ausweisung ist somit ein Standortvorteil für den Standort Brunsbüttel. Ein dauerhaftes Problem für den wirtschaftlichen Betrieb von Industrieanlagen kann ich nur darin erkennen, dass auch ein Vogelschutzgebiet schon ausgewiesen wurde und hier der Schutzstatus automatisch höher ist als bei einem FFH-Gebiet. Das heißt, hier ist die Messlatte, die übersprungen werden muss, ungleich höher.

In Bezug auf die Offshore-Entwicklung finden sich kaum Aussagen im Bericht. Und das ist auch logisch. Beim dauerhaften Service für die Windparks im Meer hat der Standort Husum erhebliche Vorteile gegenüber Brunsbüttel und deshalb wird das Land Schleswig-Holstein nur dann an der Entwicklung teilhaben können, wenn hier der Offshore-Hafen Husum gestützt wird. Aber trotzdem kann ein Element in Brunsbüttel eine wichtige Rolle spielen. Der Standort eignet sich hervorragend, um mit einer Kabeltrasse den zukünftigen Offshore-Windstrom ins Netz weiterzuleiten. Dies wird auch im Bericht deutlich gemacht, aber leider hüllt sich der Bericht in Schweigen, wenn es um die konkreten Maßnahmen der Landesregierung geht, diese Infrastruktur zu schaffen. Hier ist der Prozess ins Stocken geraten und die Regierung tut nichts, um den Standort  Brunsbüttel in dieser Frage zu stärken. Zumindest kann man dem Bericht nichts entnehmen.

Der Bericht sagt aus, dass das Kernkraftwerk Brunsbüttel im März 2009 vom Netz gehen wird. Auf diese Tatsache ist man aber anscheinend bei der Landesregierung in keiner Weise vorbereitet. Schon in der letzten Wahlperiode ist von uns darauf hingewiesen worden, dass hier langfristig Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden müssen. Welche Strategien die Landesregierung dabei verfolgt, bleibt allerdings im Dunkeln. Statt den Menschen mit unnötigen FFH-Debatten und Atomkraftverlängerungsszenarien Sand in die Augen zu streuen, hätte die Landesregierung Nägel mit Köpfen machen müssen. Was ist aus der groß angekündigten Ansiedlung eines Kohlekraftwerkes geworden? Im Bericht finden wir nur noch einen Satz, dass Kohlekraftwerke für den Standort Brunsbüttel in Betracht kommen. Welche Erfolge der Wirtschaftsminister nach seinen Ankündigungen vorweisen kann, erfahren weder wir noch die Bürgerinnen und Bürger von Brunsbüttel. Das ist eindeutig zu wenig. Von Ankündigungen alleine wird niemand satt – auch nicht in Brunsbüttel.

Kommen wir nun zum letzten Punkt: der Zukunft des Elbehafens. Im Bericht wird auf die Kooperation mit Hamburg hingewiesen und man hat den Eindruck, dass eine Elbvertiefung zumindest nicht kritisch gesehen wird. In der Tat ist der Brunsbütteler Hafen von Hamburg nur 60 Kilometer entfernt. Aber auch der Weser-Jade-Port ist nicht weit entfernt. Dieser wird tiefwasserfähig sein. Statt also die Elbe zu vertiefen, was auch erhebliche negative Auswirkungen auf die Häfen an der Elbe haben kann, sollte man auf eine Zusammenarbeit der Häfen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen setzen. Der Wirtschaftsausschuss hat sich in Rotterdam davon überzeugen können, dass dies möglich ist und alle davon profitieren können.

Wenn der Standort Brunsbüttel gestärkt werden soll, dann ist dies nur möglich, wenn wir einen gemeinsamen norddeutschen Hafen in der Elberegion vermarkten und uns nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Aber auch hierzu gibt es keinerlei Aussagen in dem Bericht, obwohl dies für die Zukunft Brunsbüttels und unseres Landes sehr wichtig wäre. Hier erwarte ich, dass die Landesregierung auf Niedersachsen und Hamburg vermittelnd einwirkt, damit wir gemeinsam unsere Wirtschaftsstandorte stärken und trotzdem die ökologisch negativen Auswirkungen so gering wie möglich halten. Das ist möglich, wenn man nur will. Was die Landesregierung hier aber bisher zu bieten hat, ist eindeutig zu wenig.

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