Rede · Lars Harms · 09.04.2014 Zukunftsmodell Stiftungsuniversität zu Lübeck

„Die Universität in Lübeck ist eine Universität des Landes. Die entsprechenden finanziellen Verpflichtungen bleiben bestehen“

Die Universität in Lübeck besteht in diesem Jahr 50 Jahre. Stück für Stück ist in Lübeck eine hervorragende und vielfach ausgezeichnete medizinische und medizintechnische Institutslandschaft entstanden. Dieser Standort entwickelt sich ständig weiter. Doch die Situation war von Anfang an schwierig und die Lübecker haben sich ihre Eigenständigkeit lange erkämpfen müssen. Die Reputation von Forschung und Lehre standen dabei außer Zweifel, was nicht nur die steigenden Studierendenzahlen eindrucksvoll belegen.

Lübeck ist etwas Besonderes. Kritiker unterstellten darum, dass die Lübecker eine Extrawurst für sich beanspruchten. An dieser Stelle möchte ich noch einmal grundsätzlich sagen, dass individuelle Lösungen für individuelle Probleme mitnichten eine Sonderrolle zementieren, sondern einfach angemessen sind. Die Zeiten, in denen eine von sich eingenommene Ministerialbürokratie für alle im Land die gleiche Lösung erdachte, sind gottseidank vorbei. Gewachsene Strukturen sind sicherlich nicht immer optimal, aber das sind Schreibtisch-Lösungen eben auch nicht.

Völlig unabhängig davon, wie die Konstruktion der Stiftungs-Universität nach den Beratungen im Detail aussehen wird, ist bereits jetzt ein enormer Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. Im Dialog mit den Lübecker Akteuren ist ungeheuer viel bewegt worden; aber vor allem ist das Vertrauen zu einer verlässlichen Landesregierung wieder hergestellt worden. Die einzelnen Schritte sind für alle nachvollziehbar. Diese Transparenz hat man in Lübeck immer wieder eingeklagt. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich der Wissenschaftsministerin danken, der es gelungen ist, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen. Dieser Dialog ist gelungen und wegweisend. Selten habe ich einen erfreuteren Uni-Präsidenten erlebt. Prof Dominiak sagte gegenüber den Lübecker Nachrichten, dass die gemeinsam mit allen Gruppen der Universität einstimmig beschlossenen Eckpunkte so gut wie vollständig in den Gesetzentwurf eingegangen seien.

Die drohende Schließung seitens der alten Landesregierung wurde durch die große Verbundenheit der Region zu ihrer Universität abgewendet. Die Demonstrationen waren ein eindrucksvoller Beweis für eine aktive Bürgergesellschaft. Die Lübeckerinnen und Lübecker haben sich also schon in der Vergangenheit für ihre Uni tatkräftig eingesetzt und können das durch die Umwandlung in eine Stiftungsuniversität auch in Zukunft tun. Wie ich hörte, erreichten schon jetzt ganz konkrete Stiftungsanfragen das Lübecker Präsidium. Ich bin gespannt, welche Angebote sich nach der Umwandlung in eine Stiftungsuniversität konkretisieren.

Bereits im Herbst 2010 hat der damalige Wissenschaftsminister Jost de Jager davor gewarnt, dass man gerade in Sachen Forschung nicht in Status-quo-Dimensionen denken darf. Also nicht nur daran denken, dass man das sichert, was man hat. Wenn man das macht, schnürt man die Handlungsspielräume der Wissenschaft ein. Eine verantwortungsvolle Landespolitik muss Freiräume eröffnen. Genau das tut die Wissenschaftsministerin mit dem vorgelegten Gesetzentwurf. Allerdings sollte man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Es gibt ernstgemeinte Forderungen nach einer Privatisierung. Diesen erteilt der SSW eine eindeutige Absage. Eine private Uni Lübeck wird es mit uns nicht geben!

Die Universität in Lübeck ist eine Universität des Landes. Die entsprechenden finanziellen Verpflichtungen bleiben bestehen; es geht allerdings um die Möglichkeiten der zusätzlichen Finanzierung. Eine Stiftungsuniversität kann einfach Drittmittel einwerben - das zeigen auch die Erfahrungen der anderen deutschen Stiftungsuniversitäten. Landtag und Landesregierung bleiben aber weiterhin in der politischen Steuerungsverantwortung. Wir sind uns sicherlich einig, dass die Mitbestimmungsrechte und die Freiheit von Forschung und Lehre Bestand haben müssen. Und es gilt weiterhin: keine Studiengebühren!

Wir werden also sehr genau beobachten und bewerten, wie sich die neuen Freiheiten bei der Personal- und Liegenschaftsverwaltung sowie bei Baumaßnahmen entwickeln werden. Das Ganze ist schließlich nicht nur für die Lübecker Neuland, sondern auch für uns. Wir werden erst einmal Erfahrungen sammeln müssen, um dann die Maßnahmensteuerung zu verfeinern. Darüber hinaus gilt es, die Entwicklung der Lübecker Universität in die Hochschulpolitik des Landes einzupassen. Viel Arbeit, die sich aber lohnt. Ich betrachte das als eine der interessantesten Herausforderungen der Hochschulpolitik, weil wir mit der Schaffung der Stiftungsuniversität der Forschung und auch der Lehre neue Freiräume erschließen werden.

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