Rede · 27.05.2011 Europaweiter Ausstieg aus der Atomenergie

Fukushima hat die Atomdebatte auch in Europa neu angefacht. Angesichts der europaweiten Diskussion über die Zukunft der Atomenergie passt das Thema gut in die Zeit. Deshalb ist es folgerichtig, diesen Dinosaurier-Vertrag auf den Prüfstand zu stellen.
Die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft – EURATOM – geht zurück ins Jahr 1957. EURATOM ist unter dem Gesichtspunkt der Atomeuphorie der 50'er Jahre zu betrachten, als die Kernenergie noch als unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und als Schlüssel zum Wohlstand galt. Also in einer Zeit, als die Atomenergie noch als sichere Energieform für die Zukunft angesehen wurde.
Zu den Hauptaufgaben des EURATOM-Vertrages gehören Forschung und Förderung auf dem Nukleargebiet. Die Förderung der Atomenergie und die damit verbundenen günstigen EURATOM-Kredite für Atomenergieprojekte haben bereits Milliarden von Euro verschlungen.
Grundlegende Änderungen dieses Vertrages hat es bisher kaum gegeben, da diese dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegen.

Dieser fest zementierte Vertrag ist Vielen zu Recht ein Dorn im Auge. Es verschafft der Atomindustrie damit europaweit seit Jahrzehnten einen Sonderstatus. Mit den EURATOM-Krediten wurde der Atomenergie ein enormer Vorsprung gegenüber anderen Energieformen ermöglicht. Dies hat nichts mehr mit gleichen Wettbewerbsbedingungen am Markt zu tun.
Einen vergleichbaren europaweiten Vertrag z.B. für regenerative Energien gibt es nicht. Damit verschafft die EURATOM der Atomenergie einen Wettbewerbsvorteil und widerspricht den eigenen Grundprinzipien von Gleichbehandlung der Energieerzeuger und der Energieträger.
Eine weitere Ungerechtigkeit im EURATOM-Vertrag ist in Bezug auf die Umwelthaftung zu sehen. Es gibt die EU-Richtlinie zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden und darin ist das Verursacherprinzip als ein Kernziel verankert. Damit wurde ein Haftungssystem zur Vermeidung und Sanierung von Schäden an Tieren, Pflanzen und natürlichen Lebensräumen, Wasserressourcen und Böden geschaffen. Diese Richtlinie gilt aber nicht für den EURATOM-Vertrag. Es gibt weder eine Umwelthaftung für Atomunfälle noch werden unmittelbare Folgekosten den direkten Verursachern aufgebürdet. Also auch hier eine Besserstellung für die risikoreiche Atomenergie.
Allein aus diesen Gründen muss der EURATOM-Vertrag geändert werden.

Nach Harrisburg, Tschernobyl und nun Fukushima sind wir in der Diskussion um die Atomenergie weiter. Dies muss sich dann auch im EURATOM-Vertrag widerspiegeln. Niemand kann jetzt noch die Augen davor verschließen, dass dieser Vertrag geändert werden muss.
Die einzige wahre Sicherheit im Zusammenhang mit der Atomenergie ist der Ausstieg und der muss konsequent und EU-weit durchgeführt werden. Wenn Länder bisher per Beitritt in die EU verpflichtet werden können, die Atomenergie zu fördern, muss es aber auch möglich sein, stattdessen eine Förderung der regenerativen Energien auf den Weg zu bringen. Nur dies ist sicher und zeitgemäß. Gleichzeitig müssen aber auch Regelungen getroffen werden, um die Atommeiler in den EU-Beitrittsländern sicherer zu machen.
Damit wären wir bei den europaweiten Stresstests für Atomkraftwerke. Die Verhandlungen über die Stresstests der europäischen Atomkraftwerke haben deutlich gemacht, wie unterschiedlich in Europa über die Atomenergie gedacht wird. Aber der Streit um die AKW-Stresstests ist beigelegt.
Bis auf Terroranschläge sollen die europäischen AKW nun auf mögliche Naturkatastrophen, Flugzeugabstürze und von Menschen verursachte Unfälle getestet werden.
Wir wissen um die unzulänglichen und intransparenten Stresstests der deutschen Meiler, die deshalb auch von der Schleswig-Holsteinischen Atomaufsichtsbehörde zu Recht kritisiert wurden.
Angesichts der starken Befürworter der Atomenergie in Europa, ist zu befürchten, dass die Stresstests der 140 europäischen Atomkraftwerke eher halbherzig durchgeführt werden. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Atomkraftwerke sowjetischer Bauart – die wir mittlerweile auch in der EU haben - wirklich einer umfassenden und transparenten Risiko- und Sicherheitsbewertungen standhalten würden.
Es führt kein Weg an der Änderung des EURATOM-Vertrages vorbei. Das europaweite Ziel muss der Ausstieg aus dieser risikobehafteten Energieform sein.

Weitere Artikel

Rede · Christian Dirschauer · 16.10.2025 Wir entwickeln die Grundlagen unseres Zusammenlebens weiter

„Erstens: Das Land schützt die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen und pflegender Angehöriger…Zweitens: Kinderrechte…Wer heute Kindern eine Stimme gibt, stärkt die Demokratie von morgen…Drittens: Dass im Entwurf nun das kulturelle Erbe, insbesondere das der nationalen Minderheiten und Volksgruppen sowie der jüdischen Kultur, unter den Schutzauftrag des Landes gestellt wird, ist ein großer Fortschritt.Viertens: Mit der Einführung der Verfassungsbeschwerde sagen wir als Land: Wir trauen unseren Bürgerinnen und Bürgern zu, ihre Rechte selbst in Anspruch zu nehmen.“

Weiterlesen

Rede · Sybilla Nitsch · 16.10.2025 Wir wollen eine echte grüne Wasserstoffwirtschaft

„Was aber nicht geht, wirklich gar nicht, ist Greenwashing von Wasserstoff. Und genau das ist es, was passiert, wenn die FDP von CO2-Projekten unter dem Meer spricht. Wir produzieren grauen Wasserstoff, verpressen das CO2 und nennen ihn dann blauen Wasserstoff. Und dann tun wir alle so, als wäre das eine saubere Lösung. Ist es aber nicht!“

Weiterlesen

Rede · Dr. Michael Schunck · 16.10.2025 Der Klinik-Atlas steht für Transparenz und Klarheit

„Generell ist zu beobachten, dass der Klinik-Atlas offenbar eine Lücke schließt. Er ist transparent und vor allem unabhängig. Das ist wohl vielen Trägern ein Dorn im Auge. Bedauerlicherweise hört die Bundesgesundheitsministerin diesen Lobby-Gruppen sehr gut zu. Nach Presseberichten ist die Projektgruppe eingestellt worden; und zwar rückwirkend zum Sommer. Das ist ein Rückschritt und ein Schlag ins Gesicht mündiger Patientinnen und Patienten“

Weiterlesen