Rede · Flemming Meyer · 20.03.2013 Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtags

„Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigennutz zu dienen.“ Das ist die Eidesformel nach der wir unser Mandat hier in diesem Parlament ausüben. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass alle Abgeordneten dieses Landtags genau entsprechend dieser Eidesformel ihr Mandat ausüben. Der vorliegende Gesetzentwurf der Piraten strotzt allerdings nur so vor Misstrauen gegenüber den Angeordneten, dem Parlamentarismus und letztendlich auch diesem Parlament. Schon der Titel des Gesetzes ist dabei verräterisch. Er lautet: „Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtags“. Sichern muss man aber nur etwas, wenn es bedroht ist. Und ich sage hier noch einmal ganz klar, das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtages ist nicht bedroht, denn es gibt keinen konkreten Anlass an der Unabhängigkeit jedes Einzelnen von uns zu zweifeln. Im Gegenteil, nach unserer Auffassung muss erst einmal die Unschuldsvermutung gelten, bevor man hier mit schwerem Geschütz Abgeordnete zum gläsernen Menschen macht. Zu einem gläsernen Menschen im Übrigen, der sonst – mit Recht – von den Piraten in allen anderen Zusammenhängen immer abgelehnt wird. Nach dem Gesetzentwurf der Piraten, sollen alle Einkünfte aus einmaligen und regelmäßigen Tätigkeiten auch unter Einbezug von selbständigen gewerblichen Tätigkeiten vollständig und einzeln zuortbar durch Abgeordnete offen gelegt werden. Das heißt erstens, dass jeder, der in den Landtag will, gegenüber möglichen Konkurrenten seine vollständigen wirtschaftlichen Verhältnisse und auch die seines Unternehmens preisgeben muss. Eine Regelung, die nicht nur während der Landtagszeit gilt, sondern auch noch nach der Landtagszeit die geschäftliche Grundlage des Einzelnen massiv beschädigen kann. Der Besitzer eines EDEKA-Ladens gibt sensible Geschäftsdaten preis – nichts anderes ist sein Gewinn – und muss nach seiner Landtagszeit dann unter erschwerten Bedingungen wieder sein Geld am Markt verdienen.
Ich glaube, man muss sich zumindest genau überlegen, ob wir wirklich diese Art der Transparenz haben wollen oder ob es uns nicht mehr interessiert, wo Menschen möglicherweise konkret bei Entscheidungen in Abhängigkeiten zu Unternehmen und Organisationen stehen.
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eine Transparenzregelung schaffen wollen, die sich an der Regelung im Bundestag orientiert. Diese Regelung auf Bundesebene, die ja in Stufen die Nebeneinkünfte der Abgeordneten aufführt, scheint ein guter Kompromiss zu sein. Aber auch hier, wird natürlich nicht jede mögliche Abhängigkeit abgebildet. So kann man zum Beispiel mit Recht fragen, ob nicht auch Schuldner in einer gewissen Abhängigkeit stehen. Ist derjenige, der einen 250.000 Euro Hauskredit bei einer Privatbank hat, möglicherweise abhängiger als derjenige, der bei der gleichen Bank Kapital in gleicher Höhe hat?
Wir werden wohl nie eine Antwort auf diese Frage erhalten. Deshalb sind solche Transparenzregeln auch immer nur sehr begrenzt aussagefähig. Auch das sollte man hier ganz klar sagen. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr zurückhaltend, was den Gesetzentwurf angeht.

Im Übrigen glaube ich auch, dass die Regelung, die die zeitliche Beanspruchung bei Tätigkeiten neben dem Mandat offenlegen soll, nun völlig weltfremd ist. Mit dieser Regelung wird unterstellt, dass Abgeordnete, die entgeltlichen oder unentgeltlichen Tätigkeiten nachgehen, ihre Abgeordnetenpflichten nicht ordentlich nachkommen. Meine Erfahrungen hier im Hohen Hause und auch in der Kommunalpolitik sind andere. Ehrenamtlich Tätige und auch Menschen, die weiterhin ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, sind nicht zwingend weniger gute Abgeordnete. Dieses Misstrauen, das aus dieser Bestimmung hervorgeht, ist genauso unberechtigt, wie das Misstrauen der Piraten gegenüber Abgeordneten im Allgemeinen.
Bei allem, was wir an Transparenzregelungen hinsichtlich des Einkommens und der Tätigkeiten von Abgeordneten schaffen wollen, müssen wir immer auch im Auge haben, dass die Abgeordneten auch noch nach ihrer Abgeordnetentätigkeit Menschen wie Du und ich sind. Geht es aber nach den Piraten, haben wir dann in Bezug auf Abgeordnete und ehemalige Abgeordnete den gläsernsten Menschen, den man sich überhaupt denken kann.
Und das, während manch ein Pirat nicht einmal seine Adresse nennen will oder Auskünfte zu so etwas trivialen wie seinem Geburtsdatum gegenüber den Bürgern verheimlicht. Wir sollten daher genau auf die Verhältnismäßigkeit in dieser Frage achten.

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