Rede · Lars Harms · 21.01.2015 Lars Harms zu TOP 7 - Gesetz zur Angleichung der Regelaltersgrenze von Ministern und Beamte

„Es reicht nicht, nur einzelne Posten herauszupicken, um so wieder nur Vorurteile bedienen zu wollen. Das ist billiger Populismus und keine sachgerechte Politik“

Es gilt das gesprochene Wort

Drs. 18/2621

Die Piraten haben heute einen relativ schlanken Gesetzentwurf vorgelegt, der nur einen kleinen Teil der Versorgungsbestimmungen der Ministerinnen und Minister behandelt. Politisch ist das legitim, da man dann sicherlich etwas besser skandalisieren kann, allerdings sind halbe Gesetzentwürfe eben nur die halbe Wahrheit. Grundsätzlich lässt sich im Übrigen sagen, dass man das Gehalt und auch die Versorgung von Personen in leitenden Funktionen auch vor dem Hintergrund der Attraktivität der jeweiligen Position sehen muss. Und hier gibt es einen Punkt, der die Stellung als Ministerin oder Minister für manch einen doch eher unattraktiv macht. Wenn man nach der persönlichen Einschätzung, aber möglicherweise auch nach der Einschätzung von Außen, eine gute Leistung abliefert, bedeutet das in einem normalen Unternehmen, dass die Chance hier längerfristig beschäftigt zu sein, doch relativ hoch sind. In der Politik ist das anders. Ministerinnen und Minister sind zuallererst abhängig vom jeweiligen Wahlergebnis. Die persönliche Arbeitsleistung oder auch die fachliche Kompetenz spielen hierbei also  maximal nur mittelbar eine Rolle. Für jemanden, der nicht aus dem öffentlichen Dienst kommt, bedeutet das, dass er oder sie  relativ schnell und ohne eigene persönliche Einflussmöglichkeiten, die Funktion wieder verlieren kann und das ohne ein Rückkehrrecht in den früheren Job zu haben. Nun mag man mit Recht sagen, dass das ja das persönliche Risiko sei, aber genau deshalb muss eine Funktion, wie die eines Ministers oder einer Ministerin eben auch finanziell attraktiv gehalten werden, damit jemand dieses Risiko auch eingeht. Und das gilt sowohl für die aktiven Bezüge als auch für die Versorgung.

Ich habe dies vorangestellt, weil ich darauf aufmerksam machen will, dass es nicht immer nur isoliert um einen Punkt im Ministergesetz gehen kann, sondern immer auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Und gerade auch für Menschen, die aus der freien Wirtschaft kommen, müssen wir Regelungen haben, die es attraktiv machen, als Minister oder Ministerin tätig zu sein. Deshalb macht es nach unserer Auffassung wenig Sinn, sich einzelne Punkte aus dem Ministergesetz herauszupicken – es sei denn, man will populistische Kritik gegen die Politik allgemein lancieren.

Betrachten wir aber nun die Vorschläge der Piraten im Einzelnen. Es soll die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre erhöht werden und für bestimmte Jahrgänge soll ein früherer Pensionstermin gelten. Man hält sich hierbei im Groben an die bisherige Gesetzessystematik, die dem Beamtenrecht entlehnt ist. Die Frage wäre allerdings hier, ob es nicht klüger wäre, sich gerade hier an den Regelungen aus dem normalen Rentensystem zu orientieren, die einen vorzeitigen Rentenbezug mit Abschlägen vorsehen. Wenn man schon an dieses Thema herangeht, sollte man zumindest über diese Variante nachdenken.

Schwieriger wird es allerdings, wenn es um die Anrechnung von anrechnungsfähigen Zeiten gilt. Nach § 15 Absatz 2 des Landesministergesetzes, der ja laut Piraten-Gesetzentwurf nicht geändert werden soll, wird das Ruhegehalt aus einem Dienst- oder Amtsverhältnis auf die Ministerpension angerechnet. Nach 5 Ministerjahren erhält man knapp 3.000 Euro Pension, mit der dann aber die beamtenrechtliche Versorgung wieder verrechnet wird. Ein Beamter A 10 erhält zum Beispiel mit 67 Jahren rund 2.500 Euro Pension. Am Ende bleiben 500 Euro zusätzliche Pension für den Minister. Das ist nun wirklich nicht attraktiv, weil das erhält der besagte Beamte auch, wenn er es noch auf einen Dienstposten mit  A 11 schafft. Für Beamte, die eine höhere Vergütung als A 11 haben, würde sich das Ministeramt dann in Bezug auf die Pension überhaupt nicht mehr lohnen, weil deren Pension ohnehin schon höher ist. Dieser Effekt wird natürlich derzeit dadurch verhindert, dass die beamtenrechtlichen Dienstzeiten bei der Ministerpension angerechnet werden und deshalb haben diese Anrechnungszeiten durchaus im bestehenden System ihre Berechtigung. 

Im Übrigen hat aber auch die Berücksichtigung von anrechnungsfähigen Zeiten einen positiven Effekt in Bezug auf die Attraktivität des Ministerpostens für Menschen aus der freien Wirtschaft. Studienzeiten und ähnliches würden beamtenrechtlich auch bei Pensionen von Ministerinnen und Ministern, die ehemals aus der freien Wirtschaft kommen, berücksichtigt werden. Somit erhöht sich die Pension und entspricht somit in der Wirkung dem, was hochqualifizierte Personen in der freien Wirtschaft als zusätzliche Alterssicherung durch ihre Betriebe gewährt bekommen. Auch hier ist also kein Skandalisierungspotential zu sehen, zumal die Renten auch hier mit der Ministerpension verrechnet werden.

Was also auf dem ersten Blick wie eine massive Besserstellung von Ministerinnen und Minister aussieht, hat in Wirklichkeit weit weniger Skandalisierungspotential als es die Piraten meinen. Wir können gerne das Ministergesetz überarbeiten. Allerdings reicht es dann nicht, nur einzelne Posten herauszupicken, um so wieder nur Vorurteile bedienen zu wollen. Das ist billiger Populismus und keine sachgerechte Politik.

Weitere Artikel

Rede · Lars Harms · 22.03.2024 Die Landesentwicklungsstrategie war gelebte Bürgerbeteiligung

„Die Jamaika-Regierung hat die Landesentwicklungsstrategie öffentlich zu Grabe getragen, während sie noch die Früchte unserer Arbeit einsammelte.“ 

Weiterlesen

Rede · Lars Harms · 22.03.2024 Es muss auch um Integration gehen

„Bei der Sammlung von Kompetenzen, der Zentralisierung von Zuständigkeiten und der möglichen Umstrukturierung unserer Behörden darf es nicht nur um Ausreisen gehen. Es muss auch um Integration gehen, um Sprachkurse, um Spurwechsel, um Chancen, um Vermittlung in Ausbildung und Arbeit und um Anerkennung.“

Weiterlesen

Rede · Lars Harms · 21.03.2024 Plünderung des Versorgungsfonds ist mit uns nicht zu machen!

„Der Versorgungsfonds ist kein Sparschwein, sondern sichert die Pensionen der Zukunft. Es geht hier um nachhaltige Finanzpolitik – auch in diesem Bereich. Vorsorge für die Zukunft in wenigen Jahren für das Stopfen von Haushaltslöchern zu verfrühstücken, ist nicht nachhaltig!“

Weiterlesen