Rede · 11.05.2000 Sonderausschuss Kommunales und Einsetzung einer Enquetekommission

Es kann eigentlich nicht überraschen, wenn die gleichzeitige Einsetzung eines Sonderausschusses und einer Enquetekommission, die fast dasselbe Thema zum Gegenstand haben - nämlich: die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sowie die Weiterentwicklung derselbigen Beziehungen - in der Öffentlichkeit etwas verwirrend aufgefasst worden ist.
Der SSW hatte sich deshalb auch im Vorfeld dieser Landtagssitzung gegen zu viele Ausschüsse und Kommissionen ausgesprochen, die die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen untersuchen sollen. Aus unserer Sicht durfte in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, wir betreiben hier eine Art Beschäftigungspolitik für Politikerinnen und Politiker.
Diese Warnung wurde von der Regierungskoalition und der großen Oppositionspartei CDU in dem Wind geschrieben, und jetzt bekommen wir also sowohl einen Sonderausschuss wie auch eine Enquetekommission. Wenn es denn der Wunsch dieser Parteien ist, wird sich der SSW dem auch nicht verschließen.
Wir möchten aber an alle Beteiligten appellieren, dass man in Hinblick auf die Themenüberschneidung, die ja beispielsweise sowohl die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen als auch die Fortführung der Funktionalreform betrifft, eine Koordinierung vornimmt. Es kann nicht angehen, dass hier eine Doppeltarbeit stattfindet.
Hintergrund für die Einsetzung dieser Gremien sind natürlich die Finanzen. Die aktuelle Finanzsituation des Landes ist - wieder einmal - dramatisch. Durch die geplante Unternehmersteuerreform werden dem Land im Haushalt 2001 vorrausichtlich fast 750 Millionen DM in der mittelfristigen Finanzplanung fehlen. Es kann daher nicht verwundern, dass der Finanzminister angesichts dieser Kassenlage seine begehrlichen Blicke auf die Zuschüsse für die Kommunen des Landes gelenkt hat. Bereits 1998 hatten wir eine ähnliche Situation, die dazu führte, dass den Kommunen von 1999 bis 2001 jeweils 50 Millionen DM aus dem kommunalen Finanzausgleich gestrichen wurden.
Der SSW war damals gegen diese Kürzung, und wir sehen auch heute keinen Anlass dafür, dass sich die Landesregierung wieder an den kommunalen Kassen vergreift. Zum einen ist auch die Finanzsituation der Kommunen Schleswig-Holsteins weiterhin nicht sehr rosig. Wir haben gerade im Januar einen Bericht der Landesregierung über die Situation der kommunalen Finanzen diskutiert. In diesem Bericht wurde aufgezeigt, dass insbesondere die Landkreise große finanzielle Probleme haben und kaum über Reserven verfügen.
Zum anderen darf nicht vergessen werden, dass auch die Kommunen - wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht - ihren Teil an der Finanzierung der Unternehmersteuerreform beitragen sollen. Laut Angaben der Kommunalen Spitzenverbänden drohen den Kommunen des Landes Steuermindereinnahmen bis zu 325 Millionen DM.
Bei allem Verständnis für die angespannte Haushaltslage des Landes ist es aus Sicht des SSW unmittelbar nicht ersichtlich, wie unsere kreisfreien Städte, Kreise und Gemeinden diese weitere Kürzungen hinnehmen können. Der finanzielle Handlungsspielraum der überwiegende Teil der Kommunen verschlechtert sich doch seit Jahren. Gerade deshalb wurde die Aufnahme des Konnexitätsprinzip in die Landesverfassung als ein wichtiger Fortschritt für die Beziehungen zwischen Land und Kommen gefeiert. Denn dadurch wurde gesichert, dass Aufgabenverlagerungen vom Land an die Kommunen nur unter der Vorraussetzung eines Kostenausgleiches geschehen dürfen.
Wir bleiben deshalb dabei: Angesichts der zu erwartenden Steuermehreinnahmen des Bundes ist es nicht akzeptabel, dass die Länder und Kommunen weiterhin den Löwenanteil der Finanzierung der Unternehmersteuerreform leisten sollen. Schon gar nicht, wenn die Zeitungsberichte stimmen, wo gesagt wird, dass die Bundesregierung Steuermehreinnahmen von fast 80 Mrd. DM in dem Zeitraum erwarten kann, wo durch die Unternehmenssteuerreform ein Steuerausfall von ca. 96 Mrd. DM entseht.
Dazu kommen zusätzliche Einnahmen durch die Versteigerung der sogenannten ITMS-Lizenzen mindestens in Höhe einer zweistelligen Mrd-Summe. Von diesen Gaben will der Bundesfinanzminister aber nichts an die Länder und Kommunen weitergeben, sondern er will bei den ursprünglichen Plänen zur Finanzierung der Unternehmersteuerreform bleiben. Der SSW bleibt daher bei seiner Forderung, dass die Landesregierung sich über den Bundesrat vehement für eine Änderung der Finanzierung der Unternehmersteuerreform einsetzen muss, bevor man den Rotstift bei den Kommunen des Landes ansetzen will.
Während der SSW also der Abwälzung der Finanzlasten auf die Kommunen ablehnend gegenüber steht, sind wir bereit offen über generelle Fragen der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen zu diskutieren.
So muss beispielsweise die Fortführung der Funktionalreform vorangebracht werden. Durch die Enquete-Kommission Verwaltungsmodernisierung" liegen viele vernünftige Vorschläge bereits vor. Weitere Fragen, die auch der SSW bereit ist zu diskutieren, sind: Die Neudefinierung von Pflichtaufgaben, Neuordnung des Zentralörtlichen System oder auch die Änderungen des Kommunalenverfassungsrechts.
Auch wenn es aus Sicht der Regierungsfraktionen verständlich ist, dass schnelle Entscheidungen angestrebt werden - was ja auch der Grund für die Einsetzung eines Sonderausschusses zu Fragen der Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen dem Land und den Kommunen war - ist der SSW gegen Schnellschüsse. Dazu plädieren wir dafür, dass möglichst eine einvernehmliche Regelung mit den kommunalen Spitzenverbänden angestrebt wird.
Eine Enquete-Kommission, die detailliert und intensiv die vielen schwierigen Sachfragen bei den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sowie bei den Kommunen untereinander, durchleuchtet, kann der SSW also einiges abgewinnen. Allerdings sollte auch die Enquete-Kommission möglichst schnell arbeiten, denn Entscheidungen müssen in einem überschaubaren Zeitraum getroffen werden.
Obwohl wir uns also eher ein gemeinsames Gremien zur Behandlung dieser Fragen gewünscht hätten, geht der SSW geht also konstruktiv in die Arbeit sowohl des Sonderausschusses als auch der Enquetekommission hinein. In diesen Zusammenhang danke ich der CDU, dass sie in ihrem Antrag zur Einsetzung der Enquete-Kommission auch den SSW nicht vergessen hat.

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