Rede · 11.12.1997 Unterhaltsvorschuß

In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl von Scheidungen und nichtehelichen Geburten zugenommen. Dadurch ist auch die Anzahl jener Kinder gestiegen, die von der finanziellen Unterstützung eines Elternteils abhängig sind, das für sie kein Sorgerecht hat, und mit dem sie oft auch nicht zusammenleben.

Eltern haben eine gesetzliche und moralische Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung ihrer Kinder. Da aber viele Väter - denn es geht in der Regel um Männer - diese Unterstützung nicht leisten können oder wollen, muß der Staat einspringen. Der Bund und das Land schießen das Geld vor. Das Geld muß dann später wieder zurückgezahlt werden. Die Zahlungsmoral der betreffenden Väter ist aber miserabel. Daher das Geld offensiv bei den säumigen Zahlern eingetrieben werden.

Sowohl Auszahlung als auch Eintreibung des Unterhaltsvorschusses sind aufwendige Angelegenheiten, die von den Kreisen und kreisfreien Städten wahrgenommen werden. Weil sie aber nicht am Rückfluß der Außenstände finanziell beteiligt werden, besteht für sie nur ein geringer Anreiz, die Bemühungen um die Eintreibung zu intensivieren.
Wir haben es also mit einem strukturellen Problem zu tun, das sich nur durch eine Änderung der Strukturen wirksam angehen läßt.

Die SPD-Fraktion schlägt als Lösung vor, daß die Kreise und kreisfreien Städte durch eine Beteiligung an dem zurückgezahlten Unterhaltsvorschuß ein finanzielles Interesse am Rückfluß der Mittel erhalten sollen. Dadurch sollen sie einen Anreiz dazu bekommen, das entsprechende Personal in den Jugendämtern aufzustocken und die Bemühungen um den Rückfluß zu intensivieren. Durch eine engmaschigere Verfolgung sollen mehr zahlungsfähige Unterhaltspflichtige gezwungen werden, ihre Schulden begleichen. Das kommt der Gemeinschaft zugute, weil heute letzten Endes die Steuerzahler für die Verpflichtung zahlungsunwilliger Unterhaltspflichtiger aufkommen.
Das Problem ist richtig erkannt und die Lösung ist richtig gewählt, deshalb können wir den Vorstoß unterstützen.

Abgesehen von den strukturellen Problemen der Verwaltung muß ich aber auch noch einmal unterstreichen, daß es unfaßbar ist, daß unterhaltspflichtige Väter sich zu hunderttausenden aus der finanziellen Verantwortung für ihre eigenen Kinder stehlen. Es ist erschreckend, welche Energie für Tricks und kreative Buchführung aufgewendet wird, um die Verant-wortung für eigene Kinder auf die Gesellschaft abzuwälzen. Das ist kriminell, scheint bei vielen Menschen aber immer noch als Kavaliersdelikt zu gelten. Diese Menschen sind aber keine Kavaliere, sondern schlicht Rabeneltern und Sozialbetrüger.

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