Tale · Lars Harms · 14.06.2018 Abwägen zwischen Persönlichkeitsrechten und Presse- oder Kunstfreiheit

Lars Harms zu TOP 18 - Rechtssicherheit beim Fotografieren in der Öffentlichkeit erhalten

„Die Sensibilisierung bei diesem wichtigen Thema darf nicht zu Handlungslähmung führen.“

Was immer wieder deutlich wird ist, dass bei uns insgesamt noch eine große Verunsicherung bezüglich der Datenschutzgrundverordnung besteht. Weder Privatpersonen noch Vereine scheinen sich gerade sicher zu sein, welche Fotos sie verbreiten dürfen und welche nicht. Deswegen schließt sich der SSW generell auch der Forderung an, dass die Bundesregierung von der Öffnungsklausel des Artikel 85 der DSGVO Gebrauch machen möge, um bei der Rechtssicherheit beim Fotografieren Klarheit zu schaffen. 

Insgesamt sind das ja aber keine vollkommen neuen Problemstellungen. Tatsächlich ist mein Eindruck, dass nicht erst seit der neuen Datenschutzgrundverordnung viel Halbwissen im Umlauf ist, was man darf und was man nicht darf, wenn es um die Veröffentlichung von Fotos geht. 

Bis zum Inkrafttreten der DSGVO haben bei uns Kunsturhebergesetz und Bundesdatenschutzgesetz ineinander gespielt. Das „Recht am eigenen Bild“ besagt, dass Personen selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie damit einverstanden sind, dass Aufnahmen von ihnen veröffentlicht werden oder nicht. 

Vor jeder Veröffentlichung von Bildnissen einer Person brauchte es also prinzipiell die Einwilligung der abgebildeten Person. Allerdings gab es auch hier schon Ausnahmen, wann es zulässig war, ein Foto einer Person auch ohne deren Einverständnis zu veröffentlichen. 

Beispielsweise bei Bildern, auf denen die Personen nur als Beiwerk erschienen oder auf Bildern von Versammlungen, an denen die dargestellten Personen in dem Wissen, dass fotografiert wird, teilgenommen haben oder wenn die Verbreitung des Bildes einem höheren Interesse der Kunst diente. 

Und selbst diese Einschränkung konnte wieder aufgehoben werden, nämlich wenn ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten oder, falls diese verstorben waren, deren Angehörigen verletzt wurde. Die Lage war dementsprechend auch früher schon knifflig.

Nun sind weitere, sicherlich berechtigte, aber eben auch verkomplizierende Regelungen dazu gekommen, die wir alle noch einzuschätzen lernen müssen. Berichterstattung und damit eben auch die Pressefreiheit, wie im SPD-Antrag erwähnt, sehen wir dabei nicht in Gefahr. Denn wir haben ja das Medienprivileg für Journalistinnen und Journalisten, das es ihnen erlaubt, persönliche Daten im Rahmen ihrer Recherche zu verwenden. Allerdings haben es diejenigen, die frei und ohne festen Redaktionsauftrag arbeiten, etwas schwerer, hier könnte sich vielleicht noch etwas tun.

Diesen Abwägungsprozess, zwischen Persönlichkeitsrechten und Presse- oder Kunstfreiheit, den hat es vorher schon gegeben und den wird es eben auch weiter geben müssen. Vollkommene Rechtssicherheit werden wir wahrscheinlich nicht erreichen können, es werden auch weiterhin einige Fälle vor Gericht landen.

Wohl aber nehmen wir die Irritationen ernst, die vor allem durch Vereine an uns herangetragen worden sind. Sie fürchten, ihre Web-Seiten nicht DSGVO-konform halten zu können, und sehen schon Abmahnungsprozesse auf sie zurollen. 

Es ist eben so, dass sie sich mit Arbeitsschritten auseinandersetzen müssen, die vorher eher noch ein bisschen lockerer gehandhabt werden konnten. Stellen Sie sich beispielsweise die Online-Bildergalerie ihres Fußballvereins im Dorf vor. Drei Spieler suchen sich einen neuen Verein. Was ist, wenn sie nun nicht mehr mit ihrem alten Verein assoziiert werden wollen, müssen die alten Mannschaftsbilder von der Homepage verschwinden oder die betreffenden Personen verpixelt werden? Das ist ein zusätzlicher Arbeitsaufwand und besonders im Ehrenamt kann man da etwas verunsichert sein.

Dass die DSGVO vorsieht, dass wenn es um personenbezogene Daten geht, vor der Verbreitung die Einwilligung eingeholt werden muss, finden wir angebracht. Allerdings darf man hier nicht über das Ziel hinausschießen. Das Filmen oder Fotografieren kann man am Beginn einer Veranstaltung auch ankündigen und so die Einwilligung abfragen.

Wir leben in einem digitalen Zeitalter, in dem wir uns auch jetzt aufs Neue mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auseinandersetzen müssen. Aber die Sensibilisierung bei diesem wichtigen Thema darf auch nicht zu Handlungslähmung führen. Wir würden uns deswegen freuen, dieses wichtige Thema weiter im Ausschuss beraten zu können.

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