Tale · Flemming Meyer · 24.01.1996 Bericht zum Wohnungsbau

Wie aus dem Bericht der Landesregierung zur aktuellen Situation im Wohnungsbau erkennbar, gilt es in der Wohnungsbaupolitik vordringlich um Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für jene Mitbürger, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, am Markt für sich angemessenen Wohnraum zu finden.

Nach der in der Anlage des Berichts erwähnten Umfrage gab es zum Zeitpunkt ihrer Erhebung ca. 27.500 Wohnungssuchende in Schleswig-Holstein, wovon ca, 61 % auf die Problemgruppen entfielen und ca. 24 % Dringlichkeitsfälle waren. Diese Umfrage kann zwar nicht als repräsentativ gelten, gibt aber immerhin einige Aufschlüsse über die momentanen Verhältnisse. Die Problemgruppen und Dringlichkeitsfälle (wozu auch die Obdachlosen zählen) müssen in der Wohnungsbaupolitik die höchste Priorität haben. Hier muß eine gezielte Förderung stattfinden.

Das Bedürnis, möglichst schnell möglichst viel Wohnraum zu besorgen, darf aber nicht dazu führen, daß die dringend erforderlichen neuen Ideen im Wohnungsbau auf der Strecke bleiben. Vor allem muß uns klar sein, daß innovatives Bauen nicht unbedingt auch Mehrkosten verursacht. Dänemark macht uns vor, wie man auch kostengünstigen Wohnungsbau mit Lebensqualitat vereinbaren kann. Das hat der Bundesbauminister erkannt, der im letzten Jahr einen Kooperationsvertrag über kostengünstiges Bauen mit dem dänischen Wohnungsminister unterzeichnet hat.

Im Bereich des altersgerechten Bauens gilt es, die Anzahl der alters- und behindertengerechten Wohnungen endlich in der seit langem geforderten Anzahl zur Verfügung zu stellen. Dieses war ja auch eine Anregung der Altenparlamente; eine Forderung, die wir dringend umsetzen sollten. Solche bautechnischen Voraussetzungen müssen Standard werden. Sie dürfen kein Privileg derjenigen wenigen bleiben, die eine solche Wohnung bekommen oder sich eine Umbau leisten können.

Man sollte auch Modelle eines altersgemischten Wohnens, das heißt Jung und Alt in räumlicher Nähe, entwickeln. Hier gibt es versteckte Potentiale eines sich gegenseitigen Ergänzens.

Ein weiterer spannender Ansatz in der Wohnungsbaupolitik ist die Förderung von Jugendwohnungen, wie sie zum Beispiel in Dänemark üblich sind, oder wie sie in Deutschland modellhaft erprobt werden. Darauf habe ich ja schon vermehrt hingewiesen. Es wäre zu prüfen, ob sich nicht ehemalige Militärliegenschaften für solche Projekte eignen würden.
Ob Schleswig-Holstein sich nun für Jugendwohnungen entscheidet oder nicht. Der Wohnungsbau für junge Menschen, wie er heute schon stattfindet, darf in Zukunft nicht als Einsparpotential hinhalten. Ich erinnere daran, daß die Landesregierung die Mittel für Bau und Renovierung von Studentenwohnheimen in 1996 drastisch reduziert hat. Ich warte gespannt darauf, wie die Regierung dieses nach der Wahl wieder wett machen will.

Die Landesregierung hat aber in den vergangenen Jahren schon viel erreicht. Daß es nicht genug ist, wissen wir alle. Daß uns die Bonner Koalition für dieses Jahr eine Verschlechterung beschert hat, wissen wir auch alle.
Trotzdem hat sich Wohnungsmarkt, vor allem im nördlichen Landesteil, in den letzten Jahren ein bißchen entspannt. Dies mag zum Teil von der Landespolitik abhängen. Wesentlich ausgewirkt haben sich aber auch die für uns nicht beeinflußbaren verheerenden Truppeneduzierungen.

Trotz der nackten sozialpolitischen Tatsachen, die den schnellmöglichen Bau von möglichst vielen Wohneinheiten fordern, dürfen neue Modelle des Wohnens nicht verdrängt werden. Es gibt auch relativ kostengünstigen Wohnungsbau, der mehr Lebensqualität bietet als triste Plattenbauten. Neue Modelle des Zusammenlebens - sei es generationenübergreifend, altersgerecht, jugendgerecht, multikulturell oder was auch immer - neue Wege sind wichtig in einer Zeit der Individualisierung, in der die meisten kaum noch wissen, wie ihre Nachbarn aussehen. Die brutale ökonomische Tatsache der Obdachlosigkeit oder Wohnungsnot hat unumstritten die höchste Priorität. Dabei dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren, daß Wohnungs-baupolitik immer auch ein Stück Gesellschaftspolitik ist.

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