Tale · Flemming Meyer · 07.05.2009 Beschlüsse der Gemeinsamen Wissenschaftsministerkonferenz vom 22. April 2009

Vor fünf Jahren brachte die damalige Bundesbildungsministerin Edelgard Buhlmann mit dem Wettbewerb „Brain Up!“ Bewegung in die deutsche Hochschullandschaft. Nachdem die Hochschulen sonst damit beschäftigt waren, dem Hungertod zu entrinnen, ging es von nun an darum, die Superstars unter den deutschen Hochschulen zu finden. Bund und Länder rauften sich zusammen und entwickelten eine gesamtstaatliche Perspektive zur Stärkung der Hochschulbildung: Das Drei-Säulen-Paket aus Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und dem Pakt für Forschung und Innovation wurde ins Leben gerufen.

Bevor wir jetzt in Jubel ausbrechen, weil die Wissenschaftsminister am 22. April eine Fortführung des Pakets beschlossen haben, ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Die demographische Entwicklung, eine steigende Studierneigung und vor allem die doppelten Abitursjahrgänge führen zu einer steigenden Nachfrage nach Studienplätzen, die mit dem Hochschulpakt I beantwortet werden soll.
Einige Erfolge lassen sich bundesweit nach den ersten zwei Jahren Laufzeit bereits feiern. Vor allem die Stadtstaaten und die ostdeutschen Länder haben die Zahl der Neuzugänge steigern können. In Schleswig-Holstein gibt es dagegen noch keinen Grund zum Feiern. Sowohl in 2007 als auch in 2008 wurden an den Hochschulen zu wenig Studierende aufgenommen. Besonders die Universität Kiel fiel letztes Jahr mit 415 Studierenden unter dem Soll-Wert negativ auf. Bei den Fachhochschulen in Flensburg und an der Westküste gibt es dagegen einen positiven Trend, der das negative Ergebnis Schleswig-Holsteins ein wenig gerade rückt.

Aus Sicht des SSW gibt es bei der Umsetzung des Hochschulpakts I jedoch erhebliche Probleme, die in einer Halbzeitbilanz angesprochen werden müssen, damit bei der Realisierung des Hochschulpakts II diese Fehler nicht wiederholt werden.

Mit dem Stand der Studierendenzahlen von 2005 haben die Hochschulen Soll-Zahlen an Neuzugängen zugeteilt bekommen. Für jeden Neuzugang innerhalb der Kapazitäten gibt es 500 Euro und im Rahmen zusätzlicher Kapazitäten knapp 5000 Euro. Nun sollte man meinen, dass die nachgefragten Hochschulen mit besonders vielen Neuzugängen auch belohnt werden. Sprich nach dem Motto „Geld folgt den Studierenden“ müssen die Hochschulen mehr Gelder bekommen, die über ihre Kapazitäten aufnehmen und somit die schlechten Ergebnisse Schleswig-Holsteins im Hochschulpakt I verbessern.

Aber weit gefehlt! Die Landesregierung zwängt die Hochschulen in ein Vorgabenkorsett und bestraft so die besonders nachgefragten Hochschulen, die für zusätzliche Studierende über dem Soll keine zusätzlichen Finanzmittel erhalten. Als Beispiel sei hier die Fachhochschule Flensburg genannt. Diese FH hat 2008 181 Studierende über Soll aufgenommen und erhält dafür bis zur Endabrechnung im Jahre 2011 keine zusätzlichen Mittel. Ob 2011 überhaupt Mittel zur Verfügung stehen, um der FH wenigstens im Nachhinein die entstandenen Kosten zu finanzieren, ist noch ungewiss. Für den SSW sage ich, dass es nicht sein kann, dass die FH Flensburg weitere Zulassungsbeschränkungen beantragen muss, um den Lehrbetrieb in Zukunft aufrecht erhalten zu können. Das Wissenschaftsministerium muss in der Lage sein, zumindest temporär die Kapazitäten der nachgefragten Hochschulen zu erweitern, um so das ohnehin schon negative Ergebnis der Neuzugänge in Schleswig-Holstein nicht noch weiter zu verschlechtern.

Im Hochschulpakt II haben die Wissenschaftsminister beschlossen, zwischen 2011 und 2015 275.000 neue Studienplätze aufzubauen. Die Finanzierung wurde um 4.000 Euro auf 26.000 Euro über vier Jahre erhöht. Der SSW begrüßt diese Erhöhung, obwohl sie nach wie vor unter dem OECD-Durchschnitt von 10.600 Euro pro Studienjahr liegt. Mit dieser Anhebung ist aus unserer Sicht die Chance verbunden, dass die Hochschulen auch die Qualität der Lehre verbessern können. Aus Schleswig-Holsteinischer Sicht nützt eine Laufzeit des Hochschulpakts bis 2015 jedoch reichlich wenig, da die doppelten Abitursjahrgänge erst 2016 in die Hochschulen wollen. Der SSW plädiert daher für eine Laufzeitverlängerung des Hochschulpakts bis 2020, so dass die Hochschulen des Landes die doppelten Jahrgänge auffangen können und auch in ihrer Personalpolitik mehr Sicherheit erhalten.

Neben der Erhöhung der Studierendenzahlen steht aus Sicht des SSW aber auch die generelle Verbesserung der Studienangebote auf der Agenda. Die Einführung von Bachelor und Master hat an den Hochschulen zu vielfältigen Veränderungen und Engpässen geführt. Vor allem der Betreuungs- und Beratungsaufwand der Studierenden ist enorm gestiegen. Wir können die Hochschulen mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses aber nicht alleine lassen! Neben mehr Studienplätzen muss die Hochschulpolitik auch für bessere Studienbedingungen sorgen.

Die Exzellenzinitiative hat bisher 39 Graduiertenschulen, 37 Exzellenzcluster und 9 Zukunftskonzepte von Hochschulen ausgewählt und gefördert. Dass die Universität Kiel 14 Millionen Euro für die Cluster „Ozean der Zukunft“ und „Entzündung an Grenzflächen“ sowie die Graduiertenschule „Entwicklung menschlicher Gesellschaften in Landschaften“ erhalten hat, macht uns natürlich besonders stolz. Bei einer Fortführung der Exzellenzinitiative müssen jedoch nicht nur das Fördervolumen, die Struktur des Programms und die Verfahrensregelungen geregelt werden.

Aus Sicht des SSW ist auch darauf zu achten, dass sich das Auswahlkriterium nicht zuerst auf die Einwerbung von Drittmitteln bezieht. Zum einen darf das Ziel einer bundesweiten Initiative zur Stärkung der Hochschulen nicht sein, dass wer Geld hat, noch mehr Geld bekommt. Die grundlegende Forschung und Lehre an den Hochschulen muss ebenso gesichert und gefördert werden wie die Spitzenforschung. Die besondere Einheit von Forschung und Lehre an den deutschen Hochschulen darf dabei nicht nur die einseitige Förderung von Spitzenforschung aufgeweicht werden. Zum anderen werden bei einer Fokussierung auf Drittmittel immer die Geistes- und Sozialwissenschaften als Verlierer hervorgehen. Nur weil diese Fachbereiche nicht weniger Gelder zum Forschen brauchen, ist ihre Forschung aber noch nicht weniger exzellent. Es muss daher eine ausgewogene Mischung der Auswahlkriterien erreicht werden, so dass alle Fachbereiche die Möglichkeit bekommen, zusätzliche Fördermittel zu erhalten.

Die Initiativen der Wissenschaftsminister zur Stärkung der deutschen Hochschulen dürfen keine kurzen Blitzlichter bleiben. Aus Sicht des SSW müssen Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und der Pakt für Forschung und Innovation die ersten Schritte zum Aufbau eines Bildungslandes Deutschland sein. Reformen und Finanzmittel gehen dabei Hand in Hand und müssen den Hochschulen langfristig zugesichert werden. Aktuell hat unser Finanzminister Herr Wiegard bei der Finanzministerkonferenz sein Veto gegen eine schnelle Umsetzung der Sonderprogramme für die Hochschulen und die Forschung eingereicht. Dabei brauchen besonders die Hochschulen in Schleswig-Holstein von dieser Landesregierung endlich die entsprechende Anerkennung ihrer Leistungen und die passenden finanzielle Rahmenbedingungen.

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