Tale · Lars Harms · 27.09.2018 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist als Gegenmodell zum NS-Staatsfunk entstanden - gut so!

Lars Harms zu TOP 22 - Öffentlich rechtlicher Rundfunk auf den Prüfstand

„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Es mag nun nicht allzu überraschend sein, aber bei einer Sache können wir uns nach nur einem Jahr sicher sein: Die Vorstöße der AfD für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind nur allzu vorhersehbar. Inhalte begrenzen, Mittel entziehen, seine Attraktivität einschränken. Und eigentlich am liebsten abschaffen, was nicht privatwirtschaftlich arbeitet.

Der erste Punkt ist der Ruf nach einer grundlegenden Reform, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dahingehend in seinem Programm beschränkt, dass er nur noch „Informations-, Bildungs- und Kultur“-formate sendet. Besonders die Sportberichterstattung ist der AfD ein Dorn im Auge. Mich wundert das nicht, Sie haben hier noch nie fairen Sportsgeist gezeigt. Und eines verrate ich Ihnen schon vorab, nehmen Sie es als gut gemeinten Tipp. Wenn Sie den Deutschen den Fußball nehmen wollen, dann bringen Sie das Volk wirklich gegen sich auf. 

Sport ist Teil der öffentlich-rechtlichen Fernsehlandschaft und dazu gehört die Live-Übertragung großer Ereignisse. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist dabei, anders als die Privaten, angehalten, die Sportrechte zu vernünftigen Preisen einzukaufen. Deswegen sehen wir beispielsweise die Champions League nicht im ZDF – noch nicht einmal als Zusammenfassung am späten Abend. Eigentlich müsste man hier,

wie in anderen Ländern, eher darüber nachdenken, dass Sportereignisse, wenn nicht

live, dann doch zumindest als Zusammenfassung Teil des öffentlichen Auftrages der

Rundfunkanstalten und damit kostenlos sein müssen.

Was die öffentlich-rechtlichen aber stattdessen ausgezeichnet leisten können – und das ist wirklich eine sinnvolle Sache- ist, dass sie Sport kontextualisieren, über Doping und Korruptionsfälle diskutieren und problematisieren, wie die Auswahl der Austragungsorte abläuft. 

Hieran wollen wir nicht rütteln. 

Der zweite Punkt ist der, dass Spartensender eingestellt werden sollen. Spartensender wie ZDFinfo beispielsweise, oder ZDFkultur. Ausgewiesene Bildungs- und Kultursender, nebenbei bemerkt. Tagesschau24 wäre damit in Gefahr, der pure Informationssender. Und nicht zuletzt der KIKA, womit Sie nicht nur quengelnde Kinder, sondern auch deren entgeisterte Eltern auf der Türschwelle hätten. 

Und, um es mal ganz persönlich zu machen, wenn Sie mir versuchen den Rockpalast im WDR zu nehmen und mich damit nötigen, wieder auf nasse, kalte Festivals zu gehen, statt sie gemütlich im Wohnzimmer im Fernsehen zu sehen, dann hört auch bei mir der Spaß auf. 

Und der dritte Punkt ist dann wieder die Rundfunkgebühr. Scheinbar Dauerbrenner und ewiger Aufreger für die AfD. Hinter dem Rundfunkbeitrag steht das Solidarprinzip. Offensichtlich hat die AfD nicht nur in diesem Bereich Schwierigkeiten mit dem Grundgedanken der Solidarität. Durch dieses Solidarsystem können Angebote produziert werden, die nicht nur für die Mehrheit der Menschen interessant sind, sondern auch, da weisen wir immer wieder drauf hin, auf Minderheiten ausgerichtet sind. Der MDR beispielsweise sendet auch für die sorbische Minderheit in sorbischer Sprache. Und es ist kein Geheimnis, dass der SSW, immer wenn wir auf dieses Thema zu sprechen kommen, anbringt, dass wir uns für unseren Landesteil mehr Angebote in den Minderheitensprachen Schleswig-Holsteins wünschen. 

Es ist der gesellschaftliche Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, allen Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands einen freien Zugang zu Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung zu sichern. Und dabei ist ausdrücklich eine größtmögliche Vielfalt in der Berichterstattung gewünscht. 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist im Nachkriegsdeutschland als Gegenmodell zum NS-Staatsfunk entstanden. Seiner Arbeit liegt nichts weniger als das Grundgesetz zu Grunde. Artikel 5, Absatz 1: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ 

Man muss es Ihnen scheinbar immer wieder so deutlich sagen. Wir können uns glücklich schätzen, diese hervorragende Errungenschaft nutznießen zu können. Sie

ist ein hohes Gut und offenbar gilt es, sie immer wieder gegen rechtsextreme

Angriffe zu verteidigen. Aber das tun wir gerne, denn die öffentlich-rechtlichen

Sender garantieren Qualitätsjournalismus, Unabhängigkeit und Seriosität. Und da

darf dann gerne auch etwas Sport und Musik dabei sein.

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