Tale · Lars Harms · 10.05.2023 Die politische Mitwirkung der Minderheiten steht unter dem Schutz des Landes und der Kommunen

„Mit dem neuen Gesetz werden den Minderheiten genau diese politischen Mitwirkungsmöglichkeiten ohne jegliche Begründung hierfür beschnitten. Ein klarer Verstoß gegen unsere Landesverfassung. Es wird noch nicht mal eine Abweichungsmöglichkeit für die Minderheiten von der 3-Personen-Erfordernis im Gesetz festgelegt.“

Lars Harms zu TOP 47A + 47B - Gemeinsame Beratung
a) Stellungnahme im Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betr. Antrag auf einstweilige Anordnung; Az. LVerfG 3/23
b) Stellungnahme im Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betr. Abstraktes  Normenkontrollverfahren; Az. LVerfG 4/23 (Umdruck 20/1393 und 20/1394)
 
Heute geht es ja vornehmlich darum, dass eine einstweilige Anordnung erwirkt werden soll, dass ein schon beschlossenes Gesetz noch nicht angewandt wird. Es geht hier um die zwangsweise Festlegung der Fraktionsgrößen in den Kommunen durch die Regierungsmehrheit. Ich werde nicht auf jedes einzelne Detail eingehen, denn das haben wir ja schon im Gesetzgebungsverfahren abgearbeitet. Vielmehr geht es doch heute darum, warum dieses Gesetz möglicherweise verfassungswidrig ist und es deshalb möglicherweise wieder einkassiert wird. Und die Wahrscheinlichkeit hierfür ist gar nicht so klein!
Schon das Landesverfassungsgericht in Brandenburg hat eine ähnliche Regelung dort gekippt. Das ist ja auch der Grund gewesen, warum eine feste Regelung für alle Kommunen anfangs auch durch die Koalition nicht vorgesehen war, sondern eine „kann“-Regelung ursprünglich geplant war. Im Ursprungsgesetzentwurf wird extra auf diese Verfassungswidrigkeit hingewiesen und auch der Kollege Koch hatte ja damals genau das in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf als Grund genannt, warum eben gerade keine feste Regelung für die Fraktionsgrößen eingeführt werden sollte. Das Ganze sei höchstwahrscheinlich genauso wie in Brandenburg verfassungswidrig, weil hier in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsorganisation eingegriffen wird. Da hatte der Kollege Koch wohl einmal Recht! Deshalb kann es sehr wohl sein, dass unser Antrag auf einstweilige Anordnung Erfolg hat.
Im Übrigen auch aufgrund unserer Regelungen zu nationalen Minderheiten und Volksgruppen. Deren politische Mitwirkung steht unter dem Schutz des Landes und der Kommunen. Mit dem neuen Gesetz werden den Minderheiten genau diese politischen Mitwirkungsmöglichkeiten ohne jegliche Begründung hierfür beschnitten. Ein klarer Verstoß gegen unsere Landesverfassung. Es wird noch nicht mal eine Abweichungsmöglichkeit für die Minderheiten von der 3-Personen-Erfordernis im Gesetz festgelegt. Übrigens anders als im Fraktionsgesetz, das hier für den Landtag gilt, in dem der Landesgesetzgeber dies klar geregelt hat. Auch vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass unserem Antrag auf einstweilige Anordnung stattgegeben wird.
Denn, meine Damen und Herren, wir haben jetzt einen rechtmäßigen Zustand, der verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, und bekommen mit In-Kraft-Treten des Gesetzes ab dem 01.06. dieses Jahres einen Zustand, der von einigen Anzuhörenden und von der Koalition selbst im Ursprungsgesetzentwurf als möglicherweise verfassungswidrig bezeichnet wurde. Da muss es dann auch einen Stopp geben!
Was passiert denn, wenn sich das Gesetz nachträglich als verfassungswidrig und damit nicht rechtens erweisen würde. Ausschüsse, die auch Letztentscheide treffen können, wären unrechtmäßig besetzt gewesen und damit wären auch deren Beschlüsse nicht rechtmäßig zustande gekommen. Sie müssten korrigiert werden. Kommunale Ämter wären unrechtmäßig besetzt worden, weil Kleinst-Fraktionen vom Vorschlagsrecht ausgeschlossen gewesen wären. Die Ämter müssten möglicherweise neu besetzt werden oder es könnte auch Konkurrentenklagen geben. Die Entsendung von Delegierten in Gremien könnte falsch gelaufen sein. Auch hier könnten dann Korrekturen nötig werden und möglicherweise getroffene Entscheidungen in diesen Gremien wieder anfechtbar sein. Mit dem neuen Gesetz wird also die kommunale Ebene ziemlich chaotisiert! Das machen nicht Kleinst-Fraktionen, sondern die Große Schwarz-Grüne Koalition im Landtag!
Im Gegensatz dazu haben wir mit den alten Regelungen auf jeden Fall rechtlich absolut sichere Regelungen, bei denen jede Gruppierung mit 2 oder mehr Personen entsprechend ihrer Stärke mitreden und mitentscheiden kann. Die bisherigen Rechtsgrundlagen bezüglich der Fraktionsstärken sind rechtssicher und auf kommunaler Ebene eingespielt. Und genau deshalb, weil die bisherigen Regelungen gerecht und vor allem verfassungskonform sind, können wir uns natürlich einer Stellungnahme zugunsten einer nach unserer Auffassung verfassungswidrigen Gesetzesänderung nicht anschließen.

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